Uni-Kliniken zahlen bei Schwerkranken drauf

Untersuchung: DRG-System deckt Kosten für komplizierte Fälle nicht ab


Die deutschen Universitätskliniken zahlen bei besonders schwer erkrankten Patienten drauf: Die Kosten für Diagnostik und Therapie werden von dem DRG-System der Fallpauschalen nicht abgedeckt. Darauf hat der Verband der Universitätsklinika in Deutschland (VUD) am Rande des 5. Nationalen DRG-Forums hingewiesen, dass am 23. und 24. März 2006 in Berlin stattfindet. Dr. Andreas Tecklenburg, Vizepräsident der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), stellte während des Forums eine beeindruckende Rechung auf: Allein in einem Jahr erwirtschaftete die Medizinische Hochschule in 249 Fällen besonders schwer kranker Patienten ein Defizit von 7,1 Millionen Euro. Die Hannoveraner hatten für ihr Klinikum all jene Fälle des Jahres 2004 ermittelt, deren Behandlung mehr als 20.000 Euro gekostet hatte, bei denen die Erträge aber bei weniger als der Hälfte gelegen haben. Diese 249 Patienten der MHH entsprachen 0,6 Prozent aller Fälle des Jahres, sie vereinten aber fünf Prozent sämtlicher Kosten der MHH auf sich.

Die Ergebnisse bestätigen, dass in der MHH – genauso wie in den weiteren Universitätskliniken – sehr wenige Patienten zu einer sehr hohe Unterdeckung führen. Die Mehrzahl der Fälle wird sich nach Einschätzung von Dr. Tecklenburg nicht über Optimierungen der bisherigen Vergütungsinstrumente finanzieren lassen. Eine Lösung könnte zum Beispiel sein, dass künftig extrem teure Behandlungen von Patienten als Zusätze zur Fallpauschale extra abgerechnet werden dürfen. Diese These wird durch die Verteilung der Fälle auf über 21 MDCs und 150 DRGs gestützt – und damit praktisch über das gesamte DRG-Spektrum. „Überrascht hat uns die überproportional hohe Anzahl von Kindern“, betonte der MHH-Vize-Präsident. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass die besonders kranken Kinder bisher nicht ausreichend in den Berechnungsmodellen vertreten waren.

Das DRG-System soll Transparenz schaffen. Das unterstützt der VUD ohne Einschränkung. Die Transparenz lässt aber auch die Problemfälle für Kliniker, Träger und Management sichtbar werden. Die finanzielle Dimension des Problems zwingt dazu, dass zusätzlich zu den bisherigen Instrumenten eine Lösung für dieses Patientenklientel gefunden werden muss, damit Maximalversorger nicht auf den Kosten dieser extrem teuren Patienten „sitzen“ bleiben. „Bei über 56 Milliarden Euro für den stationären Sektor und der Annahme, dass die Ergebnisse aus Hannover auf alle Universitätskliniken übertragbar sind, bedeutet dies eine Mehrbelastung des Systems für alle Universitätskliniken in der Größenordnung von 200 bis 300 Millionen Euro“, sagte Dr. Tecklenburg, das mache einen Betrag von 0,5 Prozent aller Kosten für die stationäre Versorgung aus. Nur wenn eine Vergütung der extrem teuren Fälle gewährleistet ist, wird die optimale medizinische Versorgung dieser Patienten auch in Zukunft sicher gestellt sein.

Ansprechpartner für nähere Informationen:

Dr. Andreas Tecklenburg
Vizepräsident der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH)
Kontakt über: Medizinische Hochschule Hannover, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
Telefon (05 11) 5 32-67 71
pressestelle@mh-hannover.de

VUD – Verband der Universitätsklinika Deutschlands
Rüdiger Strehl, Vorstandsvorsitzender des VUD
und Kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums Tübingen
Tel. 0 70 71/29 8 20 05 – Fax 0 70 71/29 39 66

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Dr. Ellen Katz idw

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