Modernstes Verfahren der Knochenbruchbehandlung an der Charité

Innere Fixierung mit Kopfverriegelungsschrauben

Die chirurgische Behandlung von Knochenbrüchen zielt auf die Wiederherstellung der normalen anatomischen Strukturen. Auch bei komplizierten Trümmerbrüchen, bei denen Gelenke beteiligt sind, gelingt dies heute durch Verwendung von Nägeln, Platten und Schauben.
Platten mit vorgestanzten Löchern und Schrauben werden zur Fixierung der beteiligten Knochenbruchstücke schon seit Jahrzehnten verwendet. Dabei werden die Platten an die Knochenoberflächen angelegt und mit Schrauben am Knochen angepresst. Dieses sogenannte Osteosyntheseverfahren hat aber Nachteile: Wegen der unnatürlich starken Kompression der Knochenoberfläche kann es unter der Platte zur Veränderung der Knochenstruktur mit geringerer Festigkeit (Osteoporose) kommen. Dadurch lockern sich nicht selten auch die Schrauben, was wiederum zur Folge hat, dass sich die Position der Bruchstücke verschiebt, was eine erneute Korrektur notwendig macht. Außerdem können Wundheilungsstörungen auftreten, bedingt durch die verringerte Durchblutung der Knochenhaut unter der Platte.
Diese Mängel hat eine internationale Arbeitsgruppe unter der Leitung von Professor Norbert Haas, Direktor der „Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie“ der Charité, seit Beginn der 90iger Jahre motiviert, das Verfahren entscheidend zu verbessern. Im Gegensatz zum bisherigen Vorgehen, bei dem die Platte dem Knochen eng anliegt, „schwebt“ sie nun in geringem Abstand über dem Knochen und berührt die Knochenoberfläche nicht. Dies wird erreicht durch Verriegelung der Schraubenköpfe in der Platte. Dabei hat der Schraubenkopf ein Außengewinde und im Plattenimplantat sitzt ein Innengewinde. So verblocken sich die Schrauben im Kraftträger. Beim Einbringen der Schraube in den Knochen, wird dieser nicht mehr an die Platte herangezogen, vielmehr liegt die Platte „wie ein Baugerüst vor der Fassade“. Platte und Schrauben bilden eine stabile Einheit, wobei die Hauptkraft in der winkelstabilen Verbindung liegt.
Oberarzt Dr. Michael Schütz, der bisher schon mehr als 70 Mal das neue Verfahren verwendet hat, präzisiert:: „Bei der konventionellen Osteosynthese wird die Platte mit der Schraube an den Knochen herangezogen und an ihm fixiert. Der Knochen reagiert auf diesen Druck, die Zugkraft der Schraube lässt nach. Damit ändert die Platte ihre Stabilitätsfunktion. Die winkelstabile Schraube hingegen baut keine Zugkraft auf, sondern wirkt wie ein Bolzen, der etwas trägt oder hält. Die ganze Kraft sammelt sich in der Metall-Metallverbindung. Lockerungen der Schrauben ergeben sich deshalb nur selten und wir beobachten kaum mehr Verschiebungen der Knochentrümmer.“
Vorteilhaft wirke sich weiterhin aus, dass die Knochenstruktur unverändert und die Blutversorgung erhalten bleiben. Auch der Operationsvorgang ist vereinfacht, zum Teil kann minimal-invasiv vorgegangen werden.
Schütz sieht die Neuentwicklung (die von der technischen Seite durch die Herstellerfirma Mathys Synthes AG. unterstützt wurde) vor allem auch als sehr bedeutsam an für die gesamte Traumatologie bei alten Menschen mit schlechter Knochenqualität und schlechter Weichteilfunktion.

In der Charité treffen sich am 5. und 6. Oktober die 30 europäischen Arbeitsgruppen, die das neue Verfahren verwenden, aus Deutschland sind neben der Charité in Berlin, Kliniken unter anderem aus Braunschweig, Bremen, Hannover, Köln und Leipzig beteiligt.

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Dr. med. Silvia Schattenfroh idw

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