Diabetes und Übergewicht: Gestörte Fetthormonwirkung richtet Unheil an

Wenn bei Übergewichtigen das Zusammenspiel der Hormone Leptin und Insulin gestört ist, kann das zu Diabetes führen. Grafik: Seufert

Viele Menschen erkranken an Diabetes, weil sie übergewichtig sind. Dabei kommt dem Hormon Leptin, das im Fettgewebe produziert wird, eine tragende Rolle zu. Forscher von der Uni Würzburg haben jetzt mit Kollegen aus Kanada einen Weg entdeckt, auf dem eine gestörte Hormonwirkung die Insulin-Produktion in der Bauchspeicheldrüse lahmlegt. Ihre Erkenntnisse werden in der Dezemberausgabe der US-Zeitschrift „Diabetes“ veröffentlicht.

Insulin sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel konstant bleibt. Doch bei Diabetikern kann die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug davon herstellen, darum haben sie dauerhaft zu viel Zucker im Blut. Das schädigt unter anderem die Blutgefäße und hat fatale Spätfolgen. Diabetiker haben zum Beispiel ein höheres Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Möglich sind auch eine mangelhafte Schmerzwahrnehmung, Taubheitsgefühle in Armen und Beinen oder ein Verlust der Sehkraft bis zur Erblindung.

Normalerweise bildet Insulin zusammen mit dem Hormon Leptin im Körper einen so genannten Regelkreis: Leptin kontrolliert in der Bauchspeicheldrüse die Insulinbildung, Insulin wiederum hemmt im Fettgewebe die Produktion von Leptin. „Dieser Regelkreis ist für die Anpassung des Zucker- und Energiestoffwechsels an das Körpergewicht von großer Bedeutung“, erklärt der Mediziner Jochen Seufert.

Doch bei übergewichtigen Menschen funktioniert der Regelkreis nicht mehr ordnungsgemäß. Wie genau dieser Fehler zu Stande kommt, war bislang nicht bekannt. Auch konnte die Wissenschaft nicht im Detail erklären, auf welchen molekularen Wegen eine gestörte Funktion von Leptin bei Übergewichtigen die Insulin-Produktion zum Erliegen bringt.

Seuferts Arbeitsgruppe an der Medizinischen Klinik und Poliklinik II der Uni Würzburg kann nun eine Erklärungsmöglichkeit anbieten. Bei ihrer Dissertation fand Katharina Laubner heraus, dass Leptin seine Wirkung über den „JAK-STAT-Signalübertragungsweg“ ausübt. Genauer: Unter dem Einfluss von Leptin wird in den insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse vermehrt das Protein SOCS3 produziert, das die Aktivierung des Insulingens und damit die Insulinbildung unterdrückt.

„SOCS3 könnte für die Fehlfunktion der insulinproduzierenden Zellen und damit für die Entstehung der Zuckerkrankheit bei Menschen mit Übergewicht verantwortlich sein“, sagt Laubner. Damit haben die Wissenschaftler ein Molekül identifiziert, das in der Zukunft neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen könnte: Falls sich SOCS3 durch Medikamente beeinflussen lässt, könnte dadurch bei übergewichtigen Diabetes-Patienten die Insulin-Produktion vielleicht länger erhalten werden.

„Ein noch besserer Weg ist es natürlich, Übergewicht und damit hohe Leptinspiegel von vornherein zu vermeiden, indem man auf seine Ernährung achtet und sich ausreichend bewegt“, sagen die Würzburger Forscher. Dies umso mehr, als in der heutigen Gesellschaft mit zunehmend übergewichtigen Menschen die Gefahr groß sei, dass Diabetes immer häufiger vorkommt. Verlässliche Daten zur Anzahl der Zuckerkranken in Deutschland gibt es laut Robert-Koch-Institut (Berlin) nicht: Die häufig genannte Zahl von vier Millionen beruhe auf Schätzungen, für die unterschiedliche, darunter zum Teil ältere Quellen herangezogen worden seien.

Media Contact

Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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