Essstörungen – ambulante Beratungsstellen leisten Einstieg in Therapie

Praxisstudie zeigt Qualitätssicherung bei Beratung und ambulanter Therapie von Frauen und Mädchen mit Essstörungen. Mitwirkung des Bereichs Humanmedizin der Universität Göttingen

Für die erfolgreiche Behandlung von Essstörungen sind ambulante Beratungseinrichtungen dringend erforderlich. Die Einrichtungen sollten in ein abgestuftes Versorgungssystem integriert sein. Dies ergibt eine Studie der Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie (Direktor: Prof. Dr. Ulrich Rüger) des Bereichs Humanmedizin der Universität Göttingen und des Bundesfachverbands Essstörungen (BFE). Leiter der Studie in Göttingen war Priv. Doz. Dr. Günter Reich. Nach Aussage von Reich nutzen betroffene Frauen und ihre Angehörigen die ambulanten Beratungsstellen zumeist als erste Anlaufstelle auf der Suche nach geeigneten Behandlungsmöglichkeiten. Die hier durchgeführte anonyme und persönliche Beratung erreicht auch chronische Kranke und Frauen mit Vorbehalten gegenüber Beratung und Psychotherapie. So gelingt es, diese Betroffenen zur medizinischen und therapeutischen Behandlung zu motivieren und weiter zu vermitteln. Die praxisnahe Studie entstand im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Sie ist unter dem Titel „Qualitätssicherung in Beratung und ambulanter Therapie von Frauen und Mädchen mit Essstörungen. Eine Praxisstudie“ erschienen (V&R unipress, Göttingen, ISBN 3-89971-237-4, 39,90 Euro).

„Wir wissen jetzt, dass die so genannten „niedrigschwelligen“ Beratungs-angebote der Beratungseinrichtungen ein wesentliches Glied in der Versorgungs-kette bei der Behandlung von Essstörungen sind“, sagt PD Dr. Günter Reich aus dem Bereich Humanmedizin Göttingen. „Es kommt nun darauf an, regionale Netzwerke aufzubauen, in denen alle Beteiligten über die erfolgreichen Vermittlungs- und Überweisungswege Bescheid wissen. Neben den Fachärzten und Psychotherapeuten müssen hierbei auch Lehrer, Erziehungsberater und Hausärzte einbezogen werden“, sagt Reich.

Vier Jahre lang hatten die Forscher insgesamt 40 ambulante Beratungs- und Behandlungseinrichtungen im gesamten Bundesgebiet untersucht. Mit Hilfe von Fragebögen wurden Beraterinnen und Betroffene nach Beratungs- und Behandlungserfolg befragt sowie nach Behandlungsmethoden und deren Wirkungen. Zudem wurde unter anderem nach bereits absolvierten Therapien und nach Gewalt- und sexuellen Missbrauch-Erfahrungen gefragt. Weiterhin wurde die organisatorische und finanzielle Situation der Beratungsstellen untersucht. Die Ergebnisse der Studie dienen als Grundlage für die Empfehlung einheitlicher Qualitätsstandards in Angebot und Ausstattung ambulanter Beratungsstellen, welche die jeweiligen Träger (Kommunen, Wohlfahrtverbände, Diakonie, Trägervereine, und Klinikambulanzen) bei der Planung, Einrichtung und Durchführung von Beratungen und ambulanten Therapien berücksichtigen müssen.

Fast jede fünfte heranwachsende Frau leidet unter Essstörungen – Tendenz steigend. Magersucht (Anorexie), Ess-Brech-Sucht (Bulimie), Fettsucht und ähnliche Störungen können langfristige psychische, körperliche und soziale Folgen für die betroffenen Frauen haben. Die Folgekosten bei Chronifizierungen sind für das Gesundheitswesen, Rentenversicherungsträger und Arbeitgeber sehr hoch „Früh erkannt, sind die Heilungschancen gut. Voraussetzung ist, dass Lehrer, Ärzte und Angehörige früh auf erste Anzeichen von Essstörungen bei jungen Mädchen reagieren. „, sagt Dr. Reich: „Eine erfolgreiche Behandlung erfordert langfristige Konzepte mit Beratung, ambulanter und stationärer Therapie sowie entsprechender Nachsorge.“

Weitere Informationen:

Bereich Humanmedizin – Universität Göttingen
Abt. Psychosomatik und Psychotherapie
PD Dr. Günter Reich
Humboldtallee 38
37073 Göttingen
Tel. 0551/39 – 5500, – 5501
E-Mail: greich@gwdg.de

Bereich Humanmedizin – Georg-August-Universität Göttingen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – Stefan Weller
Robert-Koch-Str. 42 – 37075 Göttingen
Tel.: 0551/39 – 99 59 – Fax: 0551/39 – 99 57
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