In der Medizintechnik sticht Deutschland mit mehreren Trümpfen

Die Medizintechnik gehört zu Deutschlands innovativsten Branchen schlechthin, was sich auch in einer Spitzenposition auf dem Weltmarkt dokumentiert. So lautet das Resümee einer breit angelegten Studie, welche die Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (DGBMT) zusammen mit dem AMK Aachener Kompetenzzentrum Medizintechnik für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt hat.

Bereits die Zahlen sprechen für sich: Mit einem Produktionsvolumen von rund 14 Mrd. Euro steht Deutschland als drittgrößter Produzent von medizintechnischen Produkten dicht hinter Japan, das ohne Diagnostika ein Produktionsvolumen von knapp 15 Mrd. Euro erreicht. Die USA sind mit 83,7 Mrd. Euro der weltgrößte Hersteller. Innerhalb der Europäischen Union produziert Deutschland mehr als doppelt so viele medizintechnische Waren wie Frankreich, das auf den zweiten Platz folgt.

Ausschlaggebend für diesen Trend ist nicht zuletzt die Bereitschaft der Unternehmen, konsequent in Forschung und Entwicklung zu investieren. So liegt der Anteil der FuE-Aufwendungen am Umsatz der Medizintechnik-Unternehmen mit 8.2 Prozent mehr als doppelt so hoch wie der Industriedurchschnitt von zurzeit 3.5 Prozent. Dabei ist der Schwerpunkt der FuE-Arbeiten im Bereich der Medizintechnik auf die Themenschwerpunkte Computerisierung, Molekularisierung und Miniaturisierung fokussiert – eine Einteilung, die den DGBMT-Experten zufolge auch in den kommenden fünf bis zehn Jahren gültig bleiben dürfte. „Wir beobachten eine wechselseitige Durchdringung und Ergänzung dieser Schlüsseltechnologien“, begründet Prof. Olaf Dössel, Vorsitzender der DGBMT im VDE.

Ein aktuelles Beispiel liefert die intensitätsmodulierte Bestrahlungstherapie: Die technologischen Fortschritte der letzten Jahre haben die Leistungsfähigkeit der Computertomographie enorm gesteigert und sie in ihrer Rolle als ein wichtiges Werkzeug der nichtinvasiven Diagnostik gestärkt. So sind heutzutage Ganzkörperaufnahmen innerhalb einer Atempause dreidimensional und mit Auflösungswerten im Submillimeterbereich möglich. Dadurch haben sich vielfältige neue Anwendungsgebiete ergeben, wie zum Beispiel in der Herzbildgebung. Hochaufgelöste Abbildungen des Herzens und der Herzkranzgefäße können in 5-10 Sekunden erstellt werden – auch im zeitlichen Bewegungsablauf des Herzens.

Statt der Leistungsfähigkeit steht jedoch häufig die Diskussion über eine vermeintlich hohe Patientendosis bei CT-Untersuchungen im Mittelpunkt der öffentlichen Berichterstattung. Es ist ein erklärtes Ziel des Projektes, Verfahren zur Dosimetrie, Berechnung und Optimierung der Patientendosis neu und weiter zu entwickeln. Die exakte Angabe der Dosis für einzelne Untersuchungen soll dazu dienen, die Diskussion rational zu führen, Information anzubieten und damit dem Patienten und der Öffentlichkeit unnötige Ängste zu nehmen. Allgemein liegen die Werte der effektiven Dosis nämlich typischerweise im Bereich des 1- bis 10-fachen der natürlichen Umgebungsstrahlung pro Jahr.

Ein weiteres Beispiel liefern minimal invasive Techniken im Bereich der orthopädischen Chirurgie. Letztere betrifft in Europa Jahr für Jahr über 1 Mio. Patienten. Über 150.000 Hüft- und 80.000 Kniegelenkersatzoperationen werden jedes Jahr in Deutschland durchgeführt, wobei 20 % dieser Eingriffe eine Revisionsoperation darstellen, bei der ein früher implantiertes Kunstgelenk ersetzt wird. Mit steigender Lebenserwartung nehmen die Bedeutung von Operationen und die damit verbundenen Risiken und Kosten für jeden einzelnen Patienten zu. Nebenfolgen eines Eingriffs können zu einer Minderung der Lebensqualität und zu hohen Kosten durch Kranken¬hausaufenthalt und Rehabilitation sowie zum Verlust von Arbeitskraft, Mobilität und Eigenständigkeit führen.

Heute tendiert auch die orthopädische Chirurgie zu minimal-invasiven Eingriffen mit den Vorteilen einer schnelleren Mobilisierung und kürzeren Erholungszeiten aufgrund eines geringeren Weichgewebetraumas. Minimal invasive Prozeduren und neue Implantatkonzepte fordern hohe Präzision, Geschicklichkeit und Erfahrung spezialisierter Chirurgen sowie auch zusätzliche technische Unterstützungssysteme wie beispielsweise Bildgebung und Navigation.

Das Hauptziel des mit annähernd 13 Mio. Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Großprojekts zur minimal-invasiven orthopädischen Chirurgie (OrthoMIT) ist die Entwicklung einer integrierten Plattform für die schonende operative Therapie von Knochen- und Gelenkerkrankungen in Orthopädie und Traumatologie. Das Erlanger Institut für Medizinische Physik (IMP) unter Leitung von Prof. Dr. Willi Kalender ist an OrthoMIT mit dem Teilprojekt intraoperative 3D-Bildgebung beteiligt. Die 3D-Bildgebung mit Röntgen-Computertomographie (CT) hat in den letzen Jahren ein beachtliches Leistungsniveau erreicht und sich für viele minimal-invasive bildgestützte Interventionen als Methode der Wahl etabliert.

Als eines der führenden Institute auf dem Gebiet der Medizinischen Bildgebung widmet sich das Erlanger Institut der Entwicklung und Integration von Methoden zur intra¬operativen multiplanaren und volumetrischen CT-Bildgebung. Ziel des Projektes ist ein hohes Bildqualitätsniveau mit deutlich verbesserter Ortsauflösung bei einer akzeptablen Strahlendosis im Operationssaal bereitzustellen. Die VAMP GmbH, ein Spin-off des Institutes, übernimmt die Integration der entwickelten Bildgebungskonzepte in die Demonstratorplattform von OrthoMIT. Die Projektdurchführung erfolgt in Kooperation mit Siemens Medical Solutions.

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