Schweizer Konferenz widmet sich "prospektivem Gedächtnis"

Internationale gerontopsychologische Tagung der Uni Zürich

Sich in die Zukunft erinnern – wie soll das gehen? Den meisten Leuten ist gar nicht bewusst, wie häufig sie sich im Alltag nach vorne und nicht in die Vergangenheit erinnern. Der Lehrstuhl Gerontopsychologie der Universität Zürich widmete sich während dreier Tage dem „prospektiven Gedächtnis“ – an der II. Conference on Prospective Memory im Kongresshaus Zürich , die heute, Mittwoch, zu Ende geht.

Beim „prospektiven Gedächtnis“ handelt es sich um eine Gedächtnisleistung, die in die Zukunft gerichtet ist und nicht nur bei alten Leuten so oft fehlschlägt. „Etwas über die Hälfte der Gedächtnisaufgaben im Alltag sind prospektiver Natur“, schätzt der Gerontopsychologe und Mitorganisator Matthias Kliegel.

Einige Beispiele: Frau Schwarz stellt die Espressomaschine auf den Herd, schaltet die Herdplatte ein und will nur schnell die Post durchschauen, um anschliessend Kaffee zu trinken – und schreckt, völlig versunken in einen Zeitungsartikel, auf, als der Kaffee kochend über den Rand geschwappt ist. Oder wenn Herr Müller den Brief, den er unbedingt einwerfen wollte, in der Tasche vergisst, hat sein prospektives Gedächtnis versagt.

Die Situationen, in denen Menschen auf ihr prospektives Gedächtnis angewiesen sind, sind zahlreich. Und sie verändern sich im Laufe eines Menschenlebens stark. So fassen bereits Kleinkinder bestimmte Absichten und setzen diese dann unmittelbar um (zum Beispiel den Lieblingsteddy holen und einem auf Besuch weilenden anderen Kind zeigen – gelegentlich „vergessen“ auch sie ihre ursprüngliche Absicht und lassen sich von anderem, zum Beispiel einem Ball, ablenken).

Während das prospektive Gedächtnis von Kindern noch wenig erforscht ist, weiss man mittlerweile über das nach vorne gerichtete Erinnern im Alter Einiges. Um die Gedächtnisleistungen älterer Menschen zu untersuchen, kommen unter anderem bildgebende Verfahren im neurowissenschaftlichen Bereich zum Zug sowie Experimente, die das Verhalten testen, verknüpft mit Resultaten aus Untersuchungen mit der Elektro-Enzephalographie (EEG).

Die internationale Gruppe um die Zürcher Psychologin Melanie Zeintl stellte ihre Experimente mit 65- bis 80-jährigen vor; die Hypothese, dass sich der Alterungsprozess und insbesondere das nachlassende Arbeitsgedächtnis („working memory“) stärker auf das prospektive Gedächtnis auswirken als auf das freie Erinnern, konnte die Gruppe dabei bestätigen.

Die Forschung dazu, wie normale Menschen sich an Zukünftiges erinnern, ist noch jung, und das, obwohl die Gedächtnisforschung an den Universitäten eine lange Tradition besitzt. „Die Gedächtnisforscher hatten diesbezüglich Scheuklappen auf“, findet Matthias Kliegel vom Psychologischen Institut der Universität Zürich. Kliegel leitet zusammen mit Mike Martin eine Arbeitsgruppe, die sich seit einigen Jahren mit dem prospektiven Gedächtnis beschäftigt. Zürich sei mittlerweile führend auf diesem Gebiet, schätzt er die Situation ein.

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Christoph Soltmannowski pressetext.schweiz

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