Gebärmuttergeschwülste aushungern: Radiologen präsentieren erste Langzeitergebnisse einer neuen Methode

Seit einigen Jahren steht zur Behandlung gutartiger Gebärmuttertumoren eine neue Therapieoption zur Verfügung: Bei dem Embolisation genannten Verfahren drosseln Radiologen die Nährstoffversorgung der Geschwulst durch eine minimal-invasive Behandlung.

Nun präsentieren Experten auf dem Deutschen Röntgenkongress erste Langzeitergebnisse dieser noch neuen Methode. Ein wichtiges Resultat: Frauen, welche sich dieser Behandlung unter-zogen haben, würden sie ihrer besten Freundin weiterempfehlen.

Frauen mit gutartigen Geschwülsten der Gebärmutter, so genannte Myome, standen bis vor kurzer Zeit in Deutschland zwei Behandlungsoptionen zur Verfügung: eine Hormonbehandlung oder die operative Entfernung der Gebärmutter bzw. die gebärmuttererhaltende Entfernung der Myome bei einer Gebärmutter- bzw. Bauchspiegelung.

Gutartige Myome bilden sich schätzungsweise bei 20 bis 40 Prozent aller Frauen jenseits des 30. Lebensjahres. In Abhängigkeit von ihrer Lokalisation unterscheidet man außen aufsitzende Knoten („subseröse Myome“), in der eigentlichen Wand der Gebärmutter gelegene Myome („intramurale Myome“) und solche, die in die Gebärmutterhöhle hineinragen (“ submuköse Myome“). Beschwerden hat etwa ein Drittel der betroffenen Frauen – Menstruationsschmerzen, stärkere Blutungen, Druck auf Darm und Blase oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.

Seit wenigen Jahren setzen Radiologen bei diesen Tumoren eine alternative Behandlung ein: die minimal-invasive Myom-Embolisation. Bei dieser schonenden Methode werden die Geschwülste durch eine Blockade der sie versorgenden Blutgefäße quasi ausgehungert. Die Embolisation kommt in erster Linie für Frauen infrage, die keinen Kinderwunsch mehr haben. Am besten geeignet ist die Behandlung bei Geschwülsten, die in der Gebärmutterwand wuchern (intramuralen Myomen). Nicht möglich ist sie bei Myomen, die außen auf der Gebärmutter aufsitzen oder die nur nach innen in die Gebärmutterhöhle wachsen. Bei so genannten submukös-transmuralen Myomen befindet der größte Teil in der Wand der Gebärmutter, ein kleinerer Teil wächst unter der Schleimhaut. Wird in diesen Fällen embolisiert, kann der in die Gebärmutterhöhle hineinwachsende kleinere Teil des Myoms abgehen und dabei Blutungen verursachen. „Über diese Möglichkeit muss man die Patientinnen aufklären“, erklärt Professor Götz Richter von der Radiologischen Klinik der Universität Heidelberg. Die meisten Patienten 80 bis 90 Prozent entscheiden sich dennoch auch in diesem Fall für eine Embolie, so die Erfahrung des Heidelberger Radiologen.

Im Jahr 1995, als die Myomembolisation entwickelt wurde, fanden in Deutschland etwa 50.000 Myomoperationen statt. Diese Zahl verdoppelte sich bis zum Jahr 2000. Im Vergleich dazu führten Radiologen im Jahr 2003 etwa 500 Embolisationen durch. Die Indikationen wurden zurückhaltend gestellt, so lange Langzeiterfahrungen fehlten. Dies beginnt sich nun zu ändern. Gleich mehrere Forschergruppen präsentieren auf dem Deutschen Röntgenkongress ihre Daten. Diese zeigen, dass das Verfahren wirksam und sicher ist und die Frauen wenig belastet. Darum werde die Zahl der Eingriffe in der Zukunft sicherlich steigen, prophezeit Richter. Denn immerhin sei die Embolisation bei fünf bis zehn Prozent der Myompatientinnen eine sinnvolle therapeutische Option.

Bei dem Eingriff wird nach einer gründlichen Vordiagnostik mit der Magnetresonanz-Tomographie zur Darstellung des Blutgefäßsystems der Gebärmutter und der Gebärmutter selbst unter örtlicher Betäubung ein Katheter nacheinander über eine oder beide Leistenarterien bis zu den Arterien vorgeschoben, welche den Hohlmuskel mit Blut versorgen. Danach spritzen die Ärzte unter Röntgenkontrolle mikroskopisch kleine Partikel aus Polyvinylalkohol oder so genannte Trisacryl-Mikrosphären in die Arterien. Dies drosselt die Nähr- und Sauerstoffversorgung der zumeist sehr gut durchbluteten Geschwülste und lässt sie langfristig schrumpfen. Auf Dauer wird die Durchblutung der Gebärmutter durch diese Maßnahme nicht beeinträchtigt.

Die meisten Frauen leiden direkt nach dem Eingriff für kurze Zeit unter Schmerzen, die mit den Beschwerden nach einer Operation vergleichbar sind, aber sehr viel schneller abklingen. Darum können die Frauen die Klinik zumeist nach 48 Stunden verlassen.

Inzwischen liegen erste Langzeitergebnisse vor. Götz Richter hat inzwischen über 100 Patientinnen im Alter von 33 bis 57 jahren behandelt und ein Jahr lang nachuntersucht.

Indikation für die Therapie waren in den meisten Fällen häufige Menstruationen, oft verbunden mit starken Schmerzen. Im Schnitt hatten die Frauen 3 Myome, am häufigsten in der Gebärmutterwand.

Im Zeitraum der Nachuntersuchungen schrumpften die Myome im Schnitt um 70 Prozent. Bei einem Teil der Frauen verschwanden die Wucherungen sogar ganz. Mit einem Fragebogen bewerteten die Frauen darüber hinaus ihre Beschwerden auf einer Skala von – 3 bis + 3. Resultat: Die Zahl der Blutungen und die Schmerzen gingen deutlich zurück, die Blutungsscores stiegen von im Schnitt -2,2 auf +2,3, die Schmerzscores von -2 auf + 1,3. Die Frauen fühlten sich in Beruf und Privatleben nicht mehr beeinträchtigt und gaben ihrem Gesundheitsstatus insgesamt gute Noten.

Nur in drei Fällen kam es zu Komplikationen: Einer Frau musste die Gebärmutter aufgrund schwerer Blutungen entfernt werden, bei einer zweiten blieben die Blutungen drei Monate aus und bei einer dritten wurde das Myom ausgestoßen, was einen dreitägigen Klinikaufenthalt erforderlich machte. In weiteren drei Fällen war eine erneute Embolisation erforderlich, da der Gefäßverschluss unvollständig war.

Das entscheidende Ergebnis für Richter ist aber, „dass alle 58 Frauen der Studiengruppe, die den Eingriff bereits seit zwei Jahren hinter sich haben, diesen ihrer besten Freundin empfehlen würden.“

Media Contact

Barbara Ritzert idw

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