Bessere Diagnostik von Hirntumoren – Jülicher Forscher erhöhen Trefferquote mit Bild gebenden Verfahren auf 97 %

Hirnaufnahmen eines Patienten mit Hirntumor (Astrocytom Grad III), von links nach rechts in den Schnittebenen transversal (von oben gesehen), coronal (von hinten) und sagittal (von der Seite). Die obere Reihe wurde mit der neuen Methode (FET/PET) aufgenommen. Sie zeigt durch die Rotfärbung eine starke Anreicherung von FET links frontal. Nur in diesem Bereich ließ sich Tumorgewebe nachweisen. Die mittlere Reihe wurde mit der Magnet-Resonanz-Tomographie* in T1-Wichtung** mit Kontrastmittel aufgenommen und zeigt nur geringe Veränderungen ohne Anreicherung von Kontrastmittel. Die untere Reihe entstand in T2-Wichtung**; sie zeigt ausgedehnte strukturelle Veränderungen im Bereich des gesamten Frontallappens. Foto: Forschungszentrum Jülich

Einem interdisziplinären Team von Wissenschaftlern aus dem Forschungszentrum Jülich und dem Universitätsklinikum Düsseldorf ist es gelungen, eine verbesserte Diagnostik von Hirntumoren mit einem neuen Verfahren nachzuweisen. Eine im Jülicher Institut für Nuklearchemie entwickelte kurzlebige radioaktive Aminosäure erlaubt in Anwendung mit Bild gebenden Verfahren deutlich genauere Angaben über Hirntumore und deren Ausbreitung als bisher. Die Ergebnisse erschienen kürzlich in der der internationalen Fachzeitschrift „Brain“ (Pauleit et al.) und im „Journal of Neurosurgery“ (Floeth et al.)

Patienten mit Verdacht auf Hirntumore – speziell Gliome – wurde im Jülicher Institut für Medizin eine radioaktiv markierte Aminosäure (wissenschaftliche Bezeichnung: O-(2-[18F]Fluorethyl)-L-Tyrosin, kurz: FET) injiziert. Mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) konnte die Arbeitsgruppe um Prof. Karl-Josef Langen anschließend die Aufnahme und Verteilung dieser Aminosäure im Gehirn messen. Aktive Tumoranteile nehmen nämlich vermehrt Aminosäuren auf. Wissenschaftler der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Düsseldorf nahmen dann gezielt Gewebeproben aus dem Tumorbereich. Dabei stellten sie fest, dass mit dieser Methode die Lage und Ausdehnung des Tumors bei 90 Prozent der Patienten korrekt diagnostiziert worden war. Eine vergleichende Untersuchung wurde mit der Magnet-Resonanz-Tomographie* (MRT) durchgeführt, einer Standardmethode zur Darstellung von Hirnstrukturen. Die anschließenden Gewebeuntersuchungen zeigten, dass es sich nur bei 50 Prozent der damit gefundenen Gewebeveränderungen tatsächlich um Tumorgewebe handelte.

In Kombination mit einer weiteren Methode können die Hirnforscher einen Hirntumor sogar mit einer Wahrscheinlichkeit von 97 Prozent vorhersagen. Dazu wird das neue Verfahren mit der Magnet-Resonanz-Spektroskopie (MRS) kombiniert. Ergeben beide einen krankhaften Befund, kann ein Hirntumor als gesichert gelten.

Mit dem neuen Verfahren können Biopsien und Behandlungen von Hirntumorpatienten erheblich besser geplant werden. Die Strahlenbelastung durch die kurzlebige radioaktiv markierte Aminosäure ist nicht größer als bei üblichen Röntgenuntersuchungen. Zudem kann die Aminosäure in großen Mengen hergestellt und problemlos zu den rund 80 PET-Geräten in Deutschland transportiert werden. Dadurch könnten Patienten flächendeckend versorgt werden. Wann das Verfahren zugelassen und von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt wird, ist zurzeit noch nicht absehbar.

Erläuterungen:

* Bei der Kernspin-Tomographie wird der Patient in ein starkes, gleichmäßiges Magnetfeld gebracht. Durch Radiowellen werden dann die Kerne der im Körper vorhandenen Wasserstoffatome angeregt. Sie geraten in eine Art Taumelbewegung. Diese klingt nach dem Abschalten des Impulses ab („Relaxation“). Dabei verhalten sich die Wasserstoffatome unterschiedlich – je nachdem, in welcher Umgebung sie sich befinden. Das unterschiedliche Abklingverhalten lässt sich zur Bildgebung ausnutzen: Es können hochauflösende Querschnittsbilder des Körpers erzeugt werden.

** Durch unterschiedliche zeitliche Wichtung des Relaxationssignals bei der Bilderzeugung können die Körpergewebe in verschiedener Weise kontrastiert werden. Im sogenannten T1-gewichteten Bild erscheint Fett immer hell, Flüssigkeit dunkel. Im T2-gewichteten Bild sieht Flüssigkeit hell aus, das Fett hat ein intermediäres Signal. T2-Bilder können Gewebsveränderungen mit hoher Sensitivität erfassen, das Signal ist jedoch sehr unspezifisch.

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Peter Schäfer idw

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