Laser-Längsschnitt durch arthritische Finger

US-amerikanisches Stipendium über 2 Millionen Dollar für neue Laser-Untersuchungsmethode


Rheumatische Entzündungen der Gelenke (rheumatoide Arthritis) zerstören auf schmerzhafte Weise Knorpel und Knochen der Gelenke, wenn die Krankheit nicht rechtzeitig erkannt und mit modernen Medikamenten behandelt wird. Meistens sind zuerst die Fingergelenke betroffen. Standarduntersuchungen übersehen häufig gerade die frühen Stadien der Entzündungen. Ein schnelles und präzises Laser-Unter-suchungsverfahren ohne Strahlenbelastung mit dem Namen SLOT („Sagittal Laser Optical Tomography“, engl. für „optischer Laser-Längsschnitt“) bietet Rheumatologen in Zukunft die Chance, Arthritis früher zu erkennen und Behandlungen genauer zu beurteilen. Ein internationales Wissenschaftler-Team aus dem Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen, der Charité Universitätsmedizin Berlin und der Columbia University in New York (USA) hat einen Prototyp des SLOT-Systems entwickelt. Dieses soll nun zu einem in der rheumatologischen Praxis einsetzbaren Gerät weiter entwickelt werden. Die Forscher haben jetzt hierfür ein mit zwei Millionen Dollar dotiertes, international hoch angesehenes Forschungs-stipendium des US-amerikanischen National Institute of Health (NIH) erhalten. Göttingen erhält 324.000 US-Dollar innerhalb von vier Jahren für die medizinischen Untersuchungen an etwa 100 Patienten durch Dr. Alexander Scheel aus der Abteilung Nephrologie und Rheumatologie, Direktor Prof. Dr. Gerhard Anton Müller. Physiker um Prof. Dr. Jürgen Beuthan entwickeln in Berlin das Gerät weiter, während der Medizin-Ingenieur Prof. Dr. Andreas H. Hielscher in den USA die Datenverarbeitung optimiert.

Grundlage für das Stipendium des NIH war eine klinische Studie, bei der die Wissenschaftler wiederholt kleine Fingergelenke von 13 Patienten untersuchten, die an rheumatoider Arthritis unterschiedlichen Schweregrades litten. Die Wissenschaftler verglichen die Ergebnisse der SLOT-Methode mit der Ultraschall- und der klinischen Untersuchung der Fingergelenke („Annals of the Rheumatic Diseases“, Feb. 2005). Das SLOT-System erfasste Entzündungen in frühen Stadien mit einer Genauigkeit, die bereits jetzt mit der Ultraschalluntersuchung vergleichbar ist. Gegenüber der Ultraschalluntersuchung ist das SLOT-System schneller und erfordert weniger Erfahrung des Arztes bei der Untersuchung. Die neue Studie wird das SLOT-System auch mit der Magnetresonanztomografie (MRT) vergleichen, einer präzisen aber aufwändigen Methode, die meist nur in größeren Kliniken zur Verfügung steht.

Das „Sagittal Laser Optical Tomography“ (SLOT)-Gerät ist aus einem Diodenlaser und einem Detektor aufgebaut. Ein Laser durchleuchtet von oben punktförmig das Fingergelenk des Patienten, während unten eine Fotodiode die Strahlen auffängt. Beide Komponenten sind unabhängig von einander bewegbar. Die Daten werden von einem Computer zu einem Schnittbild verrechnet, das die Wissenschaftler in ihrer Studie nach sieben Kriterien auswerteten. „Der derzeit verwendete Prototyp des SLOT-Gerätes in Göttingen braucht etwa drei Minuten für die Untersuchung eines Fingergelenkes. Die Verrechnung der Daten zu einem Schnittbild des Fingers durch einen Großrechner in den USA dauert weitere drei Stunden. Wir wollen das Verfahren mit weiteren Lasern und Detektoren ergänzen und mit einer schnelleren Datenverarbeitung die Untersuchungszeit auf unter eine Minute senken. Damit könnten wir ein handliches Gerät für die rheumatologische Praxis schaffen, das die Ultraschalluntersuchung wertvoll ergänzen kann“, sagt Dr. Alexander Scheel.

Rheumatoide Arthritis ist die häufigste chronisch-entzündliche Erkrankung der Gelenke. In Deutschland sind rund eine Million Menschen betroffen, Frauen dreimal häufiger als Männer. Am häufigsten tritt die rheumatoide Arthritis zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr auf. Sie beginnt oft plötzlich mit Schmerzen in den kleinen Finger- oder Zehengelenken. Die Gelenke sind vor allem morgens angeschwollen und heiß. Zunehmend werden weitere Gelenke befallen, deren Knochen und Knorpel langsam zerstört werden. Alltägliche Handgriffe werden schmerzhaft bis unmöglich, Arbeitsunfähigkeit ist oft die Folge.

Die Ursache für eine Erkrankung ist bislang ungeklärt. Diskutiert werden autoimmune Vorgänge, bei denen Zellen des Immunsystems körpereigene Substanzen wie den Gelenkknorpel angreifen. Auch Viren oder Bakterien können eine Rolle spielen. Die Diagnostik erfolgt durch Laboruntersuchungen, darunter auch Röntgenuntersuchungen, um Schädigungen der Knochen abzuschätzen. Zur Behandlung werden schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente verabreicht. Eine frühe Diagnose und individuelle Behandlung kann die Lebensqualität der Patienten dramatisch verbessern.

Weitere Informationen:

Universität Göttingen – Bereich Humanmedizin
Abteilung Nephrologie und Rheumatologie
Dr. med. Alexander Scheel
E-Mail: ascheel@gwdg.de

Prof. Dr. Gerhard Anton Müller
E-Mail: gmueller@med.uni-goettingen.de
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen
Tel.: 0551/39 -6331, Fax: 0551/39 – 8906

Georg-August-Universität Göttingen – Bereich Humanmedizin
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – Stefan Weller
Robert-Koch-Str. 42 – 37075 Göttingen
Tel.: 0551/39 – 99 59 – Fax: 0551/39 – 99 57
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