Studie zum Gebärmutterhalskrebs: Viren-Test kann Krebs-Risiko senken

In einigen Jahren könnte die Vorsorgeuntersuchung zur Frühdiagnostik bei Gebärmutterhalskrebs zuverlässiger und effizienter werden. Diese Perspektive eröffnet eine an der Frauenklinik der Friedrich-Schiller-Universität Jena durchgeführte Studie, in der die herkömmliche, zytologische Abstrich-Untersuchung mit einem anderen Testverfahren verglichen wurde. Der so genannte HR-HPV-Test weist virologisch die Existenz von Hoch-Risiko-Humanpapillomviren in der Gebärmutterschleimhaut nach. „Wir haben festgestellt, dass bei einer einmaligen Untersuchung der HR-HPV-Test wesentlich sensitiver, das heißt treffsicherer für die Erkennung von Erkrankten ist, als die zytologische Untersuchung“, erklärte der Leiter der Studie, Professor Achim Schneider.

Hoch-Risiko-Humanpapillomviren sind in fast 100 Prozent aller Fälle an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beteiligt. Während die herkömmliche zytologische Untersuchung bereits bestehende Veränderungen und Entartungen der Schleimhäute nachweist, setzt der HR-HPV-Test schon bei den Mitverursachern der Krankheit, den Viren, an. In der Jenaer Vergleichs-Studie wurden zwischen 1996 und 1998 insgesamt 4.761 Frauen im Alter zwischen 18 und 70 Jahren von frei praktizierenden Frauenärzten im Rahmen der Routine-Vorsorge-Untersuchung zusätzlich auf HR-HPV getestet. Bei über 90 % der Patientinnen fielen beide Tests in der Vorsorgeuntersuchung ohne Befund aus, bei 7,8 % (371 Frauen) konnten HR-HP-Viren nachgewiesen werden, und knapp zwei Prozent (88 Frauen) hatten einen zytologisch auffälligen Abstrich, bzw. es bestand nach Lupenbetrachtung des Gebärmmutterhalses (Kolposkopie) der Verdacht auf das Vorliegen einer Krebsvorstufe.

Nach Evaluierung der Frauen die entweder einen positiven HPV-Test, ein abnormales zytologisches Ergebnis oder einen auffälligen kolposkopischen Befund hatten, wurde bei 105 Frauen Krebsvorstufen und bei neun Patientinnen Gebärmutterhalskrebs mittels feingeweblicher (histologischer) Untersuchung festgestellt. „Dass wir auch Frauen mit einem unauffälligen Befund wiederholt untersucht und die Treffsicherheit der Tests aus den vorhandenen Daten durch ein statistisches Modell berechnet haben, unterscheidet uns von den bisher hierzu veröffentlichten Untersuchungen“, stellte Professor Schneider fest. Demnach erfasst der neue HR-HPV-Test bei einer einmaligen Untersuchung die Krebserkrankung bei fast 90 % der Frauen, während nur 20 % der erkrankten Frauen durch den Abstrich entdeckt werden.

Für den HPV-Experten Schneider ist dieser Befund zum gegenwärtigen Stand der Forschung nur auf den ersten Blick sensationell. Er nennt Gründe, warum der HR-HPV Test jetzt noch nicht als kassenfinanzierter Routinetest gegen Gebärmutterkrebs eingesetzt werden sollte, wie es eine „Initiative HPV-Test“ und die Industrie seit einiger Zeit fordern: „Jede zweite Frau hat irgendwann einmal eine HR-HPV Infektion, die bei 80 % von allein wieder ausheilt. Entsprechend ist beim HR-HPV-Test der Anteil der Frauen, die zwar HR-HPV-positiv sind, aber keine Anzeichen von Krebsvorstufe oder Krebs haben um ein Vielfaches höher als bei der zytologischen Untersuchung.“ Da eine HR-HPV-Infektion zur Zeit noch nicht therapiert werden kann, möchte Schneider den falsch HR-HPV-positiv befundeten Frauen die psychischen und physischen Belastungen solange ersparen, bis für diese Infektionskrankheit ein Impfverfahren zur Verfügung steht. Darüber hinaus ist noch offen, ob die jetzt schon kommerziell einsetzbaren HR-HPV-Tests die Qualität der für die Studie im Forschungslabor durchgeführten Tests erreichen.

Dennoch sieht der Gynäkologe Schneider Perspektiven: „Wir werden in einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten prospektiven Studie prüfen, ob ein negativer HR-HPV-Test auch langfristig ein äußerst geringes Krebsrisiko bedeutet.“ Sollte sich diese Annahme bestätigen, könnte der Abstand der Vorsorgeuntersuchungen für negativ getestete Frauen bei gleicher oder sogar höherer Sicherheit auf drei bis fünf Jahre verlängert werden. Das Ziel heißt, in möglichst naher Zukunft die Neuerkrankungs- und Sterberate bei Gebärmutterhalskrebs weiter zu senken und gleichzeitig Aufwand und Kosten zu sparen. Bis es so weit ist, müssen Frauen, die auf HR-HPV getestet werden wollen, die Kosten dafür – 56 Mark – aus eigener Tasche bezahlen. Den besten Schutz gegen Gebärmutterhalskrebs bietet gegenwärtig aber immer noch der regelmäßige Gang zur kostenlosen Vorsorgeuntersuchung. Betina Meißner

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Achim Schneider
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Tel. 03641/933063, Fax: 03641/933064
E-Mail: achim.schneider@med.uni-jena.de


Friedrich-Schiller-Universität
Dr. Wolfgang Hirsch
Referat Öffentlichkeitsarbeit
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