Pollenkontrolle

Eine schnelle und genaue Pollenfluginformation verspricht ein automatischer Pollenmonitor, den Wissenschaftler zweier Fraunhofer-Institute gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst, der Universität Freiburg sowie Partnern aus der Industrie entwickeln. Das System soll die aktuelle Pollen- und Sporenkonzentration in der Luft messen und für die Pollenflugvorhersage des Deutschen Wetterdiensts bereitstellen sowie Informationen für Pollenallergiker liefern.

Bei den Minusgraden der vergangenen Tage sehnen viele den Frühling herbei. Sonnenschein, grüne Wiesen, blühende Sträucher, Bäume, Felder. Aber nicht jeder ist glücklich über die Blütenpracht: 15 Prozent der deutschen Bevölkerung, also 12 Millionen Menschen leiden an Pollenallergien. Europaweit sind laut Angaben der WHO etwa 80 Millionen Menschen im Alter über 16 Jahren Allergiker. Jede Allergie ist individuell, der eine reagiert auf Birke und Erle, die andere auf Hasel, Weizen oder Gräser. Deshalb ist es für einen Pollenallergiker wichtig, genau zu wissen, wann die ihn quälenden Pollen fliegen. Je exakter die Daten über Pollenarten und -konzentrationen sind, desto gezielter kann er Gegenmaßnahmen ergreifen. Der Wunsch der Betroffenen: aktuelle und regional spezifizierte Informationen.

Die derzeitige Pollenflugvorhersage des Deutschen Wetterdienstes DWD beruht auf einer manuellen Auszählung der Pollen unter dem Mikroskop. Dieses Verfahren ist personal- und zeitaufwändig, daher nicht für eine zeitnahe Information der Pollenallergiker geeignet. „Tagesmittelwerte der Pollenkonzentration der Luft liegen in der Regel erst mit einer Verspätung von ein bis zwei Tagen vor“, sagt Gerd Sulz vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg. „Oft spiegeln sie nicht mehr die aktuelle Pollenbelastung wider.“ Abhilfe soll der automatische Pollenmonitor schaffen, an dessen Entwicklung Sulz und sein Team maßgeblich beteiligt sind. Gemeinsam mit Forschern des Deutschen Wetterdiensts, des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM in Hannover, dem Lehrstuhl für Mustererkennung und Bildverarbeitung der Universität Freiburg sowie Industriepartnern arbeiten sie an einer automatischen Überwachung der Pollenbelastung. Im BMBF-Verbundprojekt OMNIBUSS soll ein Messgerät entstehen, das Bioaerosole – vor allem Pollen und Sporen – schnell und automatisch bestimmt und quantifiziert. OMNIBUSS steht für: Online-Monitoring Natürlicher, Inhalativ-allergener Bioaerosole und Sonstiger Staubkomponenten. Das Projekt läuft noch bis 2006.

Pollen sind nur etwa 20 Tausendstel Millimeter groß, sie automatisch zu analysieren und zu klassifizieren ist nicht ganz einfach. „Wir mussten eine Reihe von Verfahren kombinieren“, so Sulz. „Wir setzen mikroskopische Fluoreszenz- und Durchlicht-Hellfeldverfahren ein“. Und so funktioniert das automatische Mikroskop: Staub und darin enthaltene Pollen werden aus der Umgebungsluft angesaugt, auf einer Unterlage schonend abgeschieden und für die mikroskopische Untersuchung präpariert. Um Pollen von Staubpartikeln zu unterscheiden, wird mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie die Eigenfluoreszenz der Pollen angeregt. Schicht für Schicht nimmt eine Kamera im Fluoreszenzlicht einen Stapel hoch aufgelöster Bilder auf. Eine Software, die Wissenschaftler der Universität Freiburg entwickeln, klassifiziert die Objekte anhand ihrer Form und inneren Struktur und ordnet sie den einzelnen allergenen Pollenarten zu. Die Software ist selbst lernend und kann darauf trainiert werden, auch die Pollen von anderen, z.B. potenziell transgenen Pflanzen, oder sonstige biologische Partikel wie Pilzsporen zu erkennen.

Die durch den Pollenmonitor verfügbare aktuelle Konzentration der Pollen und Sporen soll Ärzten, Kliniken, Medien und Vorhersagediensten und nicht zuletzt den Allergikern selbst im Stundentakt zur Verfügung stehen. „Wir planen ein kostengünstiges Gerät, mit dem wir in Zukunft ein dichtes Netz automatischer Messstationen aufbauen können. So werden wir die Grundlagen für unsere Pollenflugvorhersage deutlich verbessern“, erklärt Dr. Eckart Schultz vom Projektpartner Deutscher Wetterdienst. „Dies ist notwendig, da die Pollenkonzentration je nach Standort, Tageszeit und Wetterbedingungen sehr stark schwanken kann. Warum also nicht den aktuellen Pollenflug morgens mit dem Handy abrufen und die Tagesplanung oder Medikamentendosierung darauf einstellen?“ Das Forschungszentrum Karlsruhe bereitet dafür auf der Grundlage der Vorhersagemodelle des Deutschen Wetterdienstes ein objektives Verfahren vor, das die Pollenbelastung in Zukunft sowohl zeitlich als auch räumlich sehr viel höher aufgelöst vorhersagen soll.

Da die Geräte autonom im Feldeinsatz arbeiten sollen, müssen sie besonders robust und wartungsarm konstruiert werden. „Das optische System ist nun soweit, dass wir es im Freiland testen können“, sagt Sulz. Noch im März 2005 wird das System im Klimagarten des Deutschen Wetterdiensts in Freiburg seine ersten Testmessungen vornehmen. Läuft alles nach Plan, kann der erste Pollenmonitor schon im nächsten Frühjahr für kontinuierliche Messungen eingesetzt werden.

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Dr. Johannes Ehrlenspiel idw

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