Tissue Engineering: Menschliches Gewebe aus dem Bioreaktor

Die Züchtung von funktionsfähigem Gewebe aus körpereigenen Zellen zur Reparatur geschädigter Herzklappen oder anderer Strukturen des Herzens oder der Luftröhre zeigt ermutigende Fortschritte. Die Herstellung lebender, mitwachsender Herzklappen aus körpereigenen Zellen zum Beispiel brächte nicht nur in der Kinder-Herzchirurgie einen Durchbruch, damit würden auch die Beschränkungen der gegenwärtig verfügbaren Herzklappen aus Kunststoffen oder aus biologischen Materialien überwunden.


„Gute Fortschritte machen derzeit die Studien zum Tissue Engineering von Herzklappen“, berichtete Prof. Dr. Axel Haverich auf der 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz-und Gefäßchirurgie in Hamburg. Ein Ziel der regenerativen Medizin bestehe darin, mittels Tissue Engineering – also der Gewebezüchtung – künftig funktionsfähiges Gewebe aus körpereigenen Zellen im Labor zu züchten und anschließend Patienten per Transplantation einzupflanzen, um auf diesem Weg nicht fehlendes oder erkranktes Gewebe zu ersetzen. Das im Bioreaktor hergestellte Gewebe wird mit der Zeit dem natürlichen Umfeld immer ähnlicher. „Hier sind im Wesentlichen die Herzklappen, Herzmuskel und die Luftröhre Ziel der gegenwärtigen Untersuchungen“, führte der Herz- und Transplantationschirurg von der Medizinischen Hochschule Hannover aus.

Herzklappen wachsen nach Implantation im Kindesalter voraussichtlich mit dem Patienten

Im Zusammenhang mit dem Tissue Engineering von Herzklappen seien experimentelle Arbeiten im Großtier bereits weit fortgeschritten, erste klinische Anwendungen würden durchgeführt, fasste Prof. Haverich die die aktuelle Situation zusammen: „Dabei werden im Wesentlichen biologische Grundstrukturen von verstorbenen Menschen oder Tieren als Matrix mit Gefäßzellen des späteren Transplantat-Empfängers besiedelt. Erste klinische Versuche legen nahe, dass diese Klappen nach Implantation im Kindesalter in der Tat mit dem Patienten mitwachsen.“

Die Herstellung lebender Herzklappen aus körpereigenen Zellen brächte nicht nur in der Kinder-Herzchirurgie einen Durchbruch, damit würden auch die Beschränkungen der gegenwärtig verfügbaren Herzklappen aus Kunststoffen oder aus biologischen Materialien überwunden.

Erfolgreiche Herstellung von Herzmuskelgewebe bei Klein- und Großtieren

Auch experimentelle Untersuchungen zur Herstellung von Herzmuskelgewebe seien inzwischen weit fortgeschritten, führte Prof. Haverich aus: „Die Besiedlung verschiedenartiger biologischer oder künstlicher Grundstrukturen mit patienteneigenen Zellen zur Herstellung funktionsfähigen Herzmuskelgewebes haben aber noch nicht den Weg in die Klinik gefunden. Denn die Herzmuskelzellen des Erwachsenen lassen sich derzeit in Kultur noch nicht vermehren, weshalb eine Konstruktion funktionsfähigen Herzmuskelgewebes klinisch noch nicht verwirklicht wurde.“ Im Tierexperiment hingegen konnten eine Reihe wichtiger Fortschritte erzielt werden, indem solche besiedelten Matrizes bereits in Klein- und Großtieren erfolgreich eingesetzt wurden.

Klinisch wird zum Ersatz erkrankten Herzmuskelgewebes zum Beispiel bei Neugeborenen oder Infarktpatienten die Erschaffung einer mit Blutgefäßen versehenen („vaskularisierten“) Matrix Voraussetzung sein. Prof. Haverich: „Hier erzielten Verfahren des Tissue Engineering im vergangenen Jahr erhebliche Fortschritte in dem Sinne, dass solche Matrizes, die eine ausreichende Versorgung der aufgebrachten Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen sicherstellen, zum Ersatz von rechtem Vorhof und rechter Herzkammer eingepflanzt wurden. Durch den Mangel an besiedelbaren Zellen beim Menschen war dies bisher klinisch nicht möglich, allerdings sind solche vaskularisierten Matrizes bei einzelnen Patienten in der Herztumor-Behandlung bereits eingesetzt worden. Dazu wurden Dünndarmabschnitte mit einem Gefäßstiel zum Beispiel zum Ersatz des rechten Vorhofs verwendet.“

Teilersatz der Luftröhre mittels Tissue Engineering

Erstmals in Deutschland wurden Patienten vor zwei Jahren mit einem Teilersatz der Luftröhre behandelt, der mittels Tissue Engineering gewonnen wurde. Diese Entwicklung stammt aus den Leibniz Laboratorien der Medizinischen Hochschule Hannover und wurde bei Tumorkranken eingesetzt. Prof. Haverich: „Weitere experimentelle Untersuchungen zur Herstellung von Flicken zur Deckung größerer Defekte bzw. zum Ersatz der gesamten Luftröhre werden derzeit durchgeführt, wobei auch hier die Blutgefäßversorgung des Implantats eine entscheidende Rolle spielt.“

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