Einblicke in das menschliche Gehirn: Forschungsprojekte der Universität Flensburg zur Entscheidungsfindung und Sensomotorik

Prof. Dr. Dr. Markus Raab vom Institut für Bewegungswissenschaften und Sport (IBUS) der Uni Flensburg untersucht, wie unser Gehirn Entscheidungen fällt – im Supermarkt, beim Rätsel raten oder Handball spielen.


Entscheidungsfindung

„Wir schauen den Menschen in den Kopf“, sagt Raab, Junior-Professor am IBUS. Das Ziel dieser tiefen Einblicke, die der 36-jährige Wissenschaftler im Rahmen des Forschungsprojektes „Heureka“ gemeinsam mit Mitarbeitern der Max-Planck-Institute in Berlin und Leipzig vornimmt: „Wir möchten herausfinden, wie im Großhirn Entscheidungen gefällt werden, welche gedanklichen Strategien diesen Entscheidungen in unterschiedlichen Situationen zu Grunde liegen und wie Wahrnehmungen und Handlungen miteinander verknüpft sind.“ Ob eine Versuchsperson bei der Beantwortung einer Frage rate, ob sie lüge oder schlicht keine Antwort wisse – das könnten die Forscher bereits feststellen, berichtet der Diplom-Psychologe.

Möglich würden diese Erkenntnisse durch die fMRi-Methode, die „funktionelle Magnetresonanztomographie“: Mit ihrer Hilfe werden die Regionen im Gehirn sichtbar gemacht, die bei bestimmten Bewegungsabläufen oder kognitiven Leistungen aktiv sind. „Die Sauerstoffsättigung des Blutes wird gemessen und dreidimensional dargestellt“, erklärt Raab. „Verbraucht eine Region viel Sauerstoff – sie leuchtet in der Darstellung des Gehirns auf dem Computerbildschirm farbig auf – so schließen wir daraus, dass die Nervenzellen dort besonders aktiv sind.“

Färben sich etwa bestimmte Teile des vorderen Gehirns rot, so wüssten die Forscher: Der Befragte entscheidet sich nicht aufgrund von Wissen und Erfahrung für eine Lösung – er rät. Den 20 Frauen und Männern, die am Leipziger Max-Planck-Institut im Kernspintomografen untersucht wurden, stellten Raab und seine Kollegen Fragen, wie sie aus der TV-Quizshow „Wer wird Millionär“ bekannt sind. Zum Beispiel: „Welche Stadt hat mehr Einwohner – Gießen oder Kappeln?“ Und fanden heraus, dass es bei Unwissenheit meist das Beste sei, nach der Strategie „Entscheide Dich immer für das, was Du wiedererkennst“ zu verfahren, berichtet der Diplom-Psychologe. So griffen Supermarkt-Kunden, denen keine der angebotenen Joghurt-Marken bekannt sei, in der Regel zu dem Produkt, das einem bereits probierten am stärksten ähnele.

Indem die fMRi-Methode detaillierte Einblicke in Vorgänge der sinnlichen Wahrnehmung und gedanklicher Funktionen liefere, könne sie eine Lücke zwischen Neurophysiologie und Psychologie schließen. Markus Raab: „Eingesetzt werden könnten diese Erkenntnisse unter anderem, um das Gehirn gezielt trainieren zu können – mit dem Ziel, Entscheidungsstrategien zu verbessern.“ Beispielsweise könnten einfache Daumenregeln (Heuristiken) trainiert werden, die den Vorteil von Erfahrungen in bestimmten Situationen nutzbar machen.

Sensomotorik

In der neurologischen und psychologischen Praxis eingesetzt werden sollen die Ergebnisse eines weiteren Forschungsprojektes, an dem der Junior-Professor am Institut für Bewegungswissenschaften und Sport der Universität Flensburg zurzeit beteiligt ist: In Zusammenarbeit mit Dr. Holger Hill von der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg befasst sich Raab mit den Zusammenhängen von Hirnaktivität und Bewegungsabläufen. „Durch das Messen der Hirnströme erhalten wir Aufschluss darüber, wie das Gehirn bestimmte Bewegungsaktivitäten zeitlich koordiniert“, erläutert Markus Raab. Wenn man wisse, wie das Gehirn einfache und komplexe Bewegungen steuert, könnten diese Erkenntnisse beim Wiederaufbau von sensomotorischen Funktionen gezielt eingesetzt werden: in der Rehabilitation von Schlaganfall-Patienten, bei Parkinson oder in der Psychiatrie.

Kontakt:

Prof. Dr. Dr. Markus Raab, Tel. 0461 – 805 2709, Email: raab@uni-flensburg.de
Julia Boecker, Tel. 0461 – 14 44 916, Email: presse@uni-flensburg.de

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Julia Boecker idw

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