Universität Bremen: Ein Kompetenzzentrum der Hirnforschung

Kaum ein anderer Forschungsbereich hat in den vergangenen Jahren so viel „bewegt“ wie die Hirnforschung. Über die Prozesse im Gehirn beim Denken, Fühlen, Sprechen, Sehen, Träumen, Bewegen oder Wahrnehmen ist viel herausgefunden worden. Diese Ergebnisse haben unser Weltbild in vielfältiger Weise beeinflusst. Die Hirnforscher der Bremer Universität haben einen wichtigen Anteil an den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Neurokognitionsforschung. Ein Forschungsschwerpunkt im Zentrum für Kognitionswissenschaften (ZKW) der Universität Bremen ist die visuelle Wahrnehmung. Die hier laufende Grundlagenforschung ist für die Medizin ein hochrelevantes Forschungsgebiet, das in der Weiterführung auch unmittelbar Anwendungen dienen kann. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung von Neuroprothesen. „In zehn Jahren“, so Professor Klaus Pawelzik, Sprecher des ZKW, „sind Prothesen vorstellbar, die in direkter Wechselwirkung mit dem Gehirn stehen und von diesem gesteuert werden.“

In welchem Rahmen finden die Experimente mit Makaken statt?

Ein in diesem Zusammenhang wichtiges Forschungsthema ist die Kodierung und die Übertragung von Signalen im Gehirn. Sind diese Mechanismen der Informationsverarbeitung gestört, treten psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Schizophrenie auf. Die experimentellen neurowissenschaftlichen Arbeiten von Professor Andreas Kreiter und seinem Team legen hier Erkenntnisgrundlagen, die für eine medizinische Weiterentwicklung von erheblicher Bedeutung sind. Die Versuche mit Makaken spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Sie dienen in der Grundlagenforschung dazu, Erkenntnisse über die Informationsverarbeitung beim Wahrnehmen und bei der Aufmerksamkeitssteuerung zu gewinnen. Es werden also Krankheiten nicht direkt erforscht und bekämpft, vielmehr wird das dafür notwendige Grundlagenwissen gewonnen. Auf der Basis dieser Grundlagenforschung hoffen Wissenschaftler in aller Welt zukünftig Erkrankungen des Nervensystems wie zum Beispiel Blindheit, Lähmungen oder Schizophrenie behandeln zu können.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft begründet in der Dokumentation „Tierversuche in der Forschung“, 2004, die Notwendigkeit von Tierversuchen in der Grundlagenforschung: „Tierversuche sind in der Grundlagenforschung notwendig, wenn physiologische Zusammenhänge und ihre Störungen im Organismus aufgeklärt werden sollen. Dazu gehören Untersuchungen des Zentralnervensystems und der Verarbeitung von Sinnesreizen, das Zusammenspiel des Kreislaufsystems, des Verdauungsapparates, des Hormonsystems, des Immunsystems sowie die Grundlagen des Verhaltens.“ Im Rahmen dieser Beschreibung findet auch die Grundlagenforschung an der Universität Bremen statt. Die Forschungen mit Makaken werden von der DFG gefördert und sind kürzlich mit einem hoch dotierten Forschungspreis, dem Sofia Kovalevskaja-Preis der Alexander von Humboldt-Stiftung gewürdigt worden.

Welche Tierversuche ersetzt der Kernspintomograf?

Durch die Anschaffung des Kernspintomografen werden bisher invasiv durchgeführte, kartierende Basisuntersuchungen komplett ersetzt. Die bildgebende Methode zeigt, an welchen Orten im Gehirn die Durchblutung als Zeichen höherer Gehirnaktivität steigt. An den so gefundenen Orten müssen dann die detaillierten Aktivitätsmuster der Nervenzellen mit elektrophysiologischen Methoden gemessen werden, da dies mit Kernspintomografie bislang nicht möglich ist. Diese Kombination der Methoden reduziert die Anzahl der Tierversuche, die für eine wissenschaftliche Erkenntnis erforderlich sind. Der Kernspintomograf ist daher ein wichtiger Schritt im Engagement der Universität Bremen für nicht invasive Messmethoden und die Reduktion von Tierversuchen insgesamt.

Universitätsleitung und Neurowissenschaftler der Universität Bremen verfolgen das 3R-Prinzip: Reduction – Refinement – Replacement. Seit Beginn der Makakenversuche ist die Zahl der Versuchstiere auf das wissenschaftlich absolut Notwendige (Reduction) beschränkt. Die funktionelle Kernspintomografie entspricht sowohl einem Refinement- als auch einem Replacement-Ansatz. Sie verbessert außerdem die Übertragbarkeit von grundlegenden, nur im Tierversuch zu gewinnenden Erkenntnissen auf den Menschen.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Zentrum für Kognitionswissenschaften
Prof. Dr. Klaus Pawelzik
Tel. 0421 218 3645
E-Mail: pawelzik@neuro.uni-bremen.de

Media Contact

Angelika Rockel idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-bremen.de

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