Ultraschall-Gesellschaft kritisiert die oft mangelnde Qualität

In den vergangenen Jahren ist die Ultraschalldiagnostik (Sonographie) in neue Dimensionen vorgestoßen. Die Untersuchungsmethoden werden immer feiner, und mittlerweile ist Ultraschall auch bei Behandlungen unverzichtbar, zum Beispiel zur Überwachung von Operationen. Auf der anderen Seite ist bei der Sonographie die Qualifikation der Untersucher und die Qualität der Geräte extrem unterschiedlich. Auch Ärzte ohne ausreichende Erfahrung führen Ultraschalluntersuchungen durch, und dies auch noch mit zum Teil veralteten Geräten.

Ein Beispiel: In keinem anderen Land wird das ungeborene Kind so häufig mit Ultraschall untersucht wie in Deutschland, ohne dass die Schwangere sich sicher sein kann, dass die richtige Diagnose gestellt, also eventuelle Auffälligkeiten des Ungeborenen wirklich erkannt werden.

Ein weiterer großer Vorteil der modernen Sonographie ist die Möglichkeit, auch sehr kleine Tumoren in der Brust zu entdecken und somit – besser als andere Diagnosetechniken – zur Brustkrebsfrüherkennung beizutragen. Aber auch dies gilt nur, wenn der Untersucher große Erfahrung und ein modernes Gerät zur Verfügung hat.

Das Beispiel der vorgeburtlichen Diagnostik und Therapie

Um beispielsweise Chromosomenstörungen beim Feten (beim Kind im Mutterleib) zu erkennen, gab es früher nur die Punktion mit anschließender Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese). Die Zellen des Ungeborenen werden mittels einer durch die Bauchdecke eingeführten Nadel aus der Fruchtblase entnommen und anschließend untersucht. So wichtig diese Methode für bestimmte Schwangere ist, so kann sie doch (zu etwa einem Prozent) Fehlgeburten auslösen. Inzwischen hilft eine spezielle, sehr frühzeitig einsetzbare Ultraschalluntersuchung, die Zahl der Amniozentesen zu senken. In großen Studien hat sich nämlich herausgestellt, dass die „Nackentransparenz“ viel über das Risiko einer Chromosomenstörung und somit einer kindlichen Fehlbildung aussagt. Wenn nämlich zwischen der Nackenhaut des Feten und dem darunter liegenden Weichteilgewebe ein zu großer Abstand ist, weist das auf eine Chromsomenstörung hin, wozu etwa die Trisomie 21 (Down-Syndrom) gehört.

Mit speziellen Ultraschallgeräten können Ärzte heute Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Feten millimetergenau messen und mit Computerhilfe das Risiko einer Chromosomenstörung berechnen. Da hierbei die Punktion entfällt, sinkt auch die Fehlgeburtsrate. Selbstverständlich gibt es auch bei dieser Ultraschalluntersuchung ein – geringes – Risiko, „etwas zu übersehen“. Aber: Die Amniozentese wurde bisher vor allem für Schwangere im höheren Lebensalter empfohlen (und von der Krankenkasse bezahlt), da hier das Fehlbildungsrisiko für das Ungeborene größer ist. Die Zahl der über 35 Jahre alten Schwangeren hat sich jedoch in den letzten zehn Jahren auf etwa 23 Prozent verdoppelt. Da nun die geschilderte, nicht-invasive Ultraschalluntersuchung vorgeschaltet werden kann, können so viele „Stiche in den Bauch“ vermieden werden. Die ältere Schwangere kann also, nach entsprechender Aufklärung durch den Arzt, die beiden Risiken abwägen und selbst entscheiden. Jüngere Frauen (bei denen bisher in der Regel keine Amniozentese vorgenommen wird) können nun gezielt untersucht werden, aber eben erst nach auffälligem Befund im Ultraschall. Es fragt sich, warum die Krankenkassen die Kosten für die aufwendigere Fruchtwasseruntersuchung übernehmen, bisher aber nicht den preiswerteren Ultraschall zum Ausschluss von Chromosomenstörungen.

Die Zeiten der grau-flimmernden Ultraschallbilder aus dem Mutterleib, auf denen kaum jemand etwas erkennt, sind vorbei – oder sollten es eigentlich sein. Moderne Geräte mit ihrer hohen Bildauflösung ermöglichen es auch den Eltern, schon in einer früher Phase Gesicht und Organe des Kindes zu sehen.

Wichtiger aber ist die Tatsache, dass mit Hilfe der qualifizierten Sonographie die Möglichkeit einer rechtzeitigen ärztlichen Reaktion eröffnet ist. Dazu gehört gegebenenfalls eine Behandlung des Kindes schon im Mutterleib. Dies gilt zum Beispiel bei Anämie („Blutarmut“) des Kindes, bei Blutgruppenunverträglichkeit oder Virusinfektionen (etwa: Ringelröteln). Oder: Bei eineiigen Zwillingen kommt es vor, dass ein Ungeborenes dem anderen Blut „spendet“. Wenn dies nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird, ist es für beide Feten lebensbedrohlich. Mittels Sonographie können qualifizierte Ärzte erkennen, ob eine solche Störung vorliegt. Unter Ultraschallsicht kann diese vorgeburtliche Störung dann mittels Laser geheilt werden.

Leider aber werden schwangere Frauen oft noch in derart unzureichender Weise mit untersucht, dass der behandelnde Arzt Patientinnen, bei denen dies notwendig wäre, nicht rechtzeitig in ein Spezialzentrum schickt. Und: Auch mehrfache Untersuchungen ersetzen nicht die notwendige Qualität und tragen nicht zu einer besseren Diagnose bei. Zu fordern sind also sowohl eine bessere Ausbildung als auch eine bessere Gerätequalität. Dazu wird das „Stufenmodell“ der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) beitragen (siehe Pressetext Worlicek, 8.10.04). Auch Haus- und Frauenärzte in der „Stufe 1“ müssen so gut ausgebildet und ausgestattet sein, dass sie Auffälligkeiten rechtzeitig erkennen und Patienten nötigenfalls unverzüglich in Spezialkliniken überweisen können.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Bernhard-Joachim Hackelöer
Allgemeines Krankenhaus Barmbek
LBK Hamburg (Landesbetrieb Krankenhäuser)
Rübenkamp 148, 22291 Hamburg
Tel: (+49) 040/6385-2100, Fax: -2169
E-Mail: BJHFetal@aol.com

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Justin Westhoff idw

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