Deutscher Schmerzkongress 2004: Schneller zu Hause nach der Fast-Track-OP

Bessere OP-Ergebnisse und eine enorme Kostenreduktion

Drei Tage nach einer größeren Bauch-Operation schon wieder nach Hause – das sog. Fast-Track-Konzept macht es möglich. Umfassende Aufklärung des Patienten, eine vorab geplante, lückenlose Schmerztherapie, schonende Schnitt-Techniken und nach dem Eingriff möglichst wenig Schonung lautet die Devise. „Seit Anfang 2004 führen wir alle Darm-OPs nach diesem Konzept durch“, so Prof. Dr. Wolfgang Schwenk (Universitätsklinik für Chirurgie, Charité Berlin) beim Deutschen Schmerzkongress in Leipzig. „Unabhängig von ihrem Alter sind die Patienten nach drei bis fünf Tagen wieder zu Hause – früher blieben sie elf bis 17 Tage. Das allgemeine Komplikationsrisiko sank von 20 bis 30 auf unter zehn Prozent.“ Auf ganz Deutschland übertragen könnten jährlich bei 5.000 bis 10.000 Patienten Komplikationen vermieden und dadurch 500.000 Pflegetage eingespart werden, schätzt er.

Ausgeklügelter Plan

Der Fast-Track-Plan beginnt schon vor dem eigentlichen Krankenhausaufenthalt mit der Untersuchung möglicher Risikofaktoren und Begleiterkrankungen und der umfassenden Infor-mation der Patienten. „Er sollte möglichst früh auf die Bedeutung seiner aktiven Mitarbeit hingewiesen werden“, so Prof. Schwenk. Bis zu zwei Stunden vor der Operation dürfen die Patienten noch trinken. Bei der Narkose setzen die Mediziner auf schonende Medikamente, um Übelkeit und Erbrechen nach dem Aufwachen zu vermeiden und wenden Schnitt-Techniken an, die mit möglichst wenig post-operativen Schmerzen einhergehen. Unverzichtbar ist eine zusätzliche örtliche Betäubung schon während des Eingriffs über einen Periduralkatheter, durch den Betäubungsmittel in die Nähe des Rückenmarks geleitet werden.

Essen noch am selben Tag, aufstehen am nächsten Morgen

Diesen Katheter behalten die Patienten nach dem Eingriff noch zwei Tage. „Diese örtliche Betäubung verhindert während des Eingriffs Stressreaktionen im Körper, die die Heilung ver-zögern können. Nach der Operation lindert sie den Wundschmerz“, so Prof. Schwenk. Und das ist nicht nur angenehmer für den Patienten, sondern senkt auch nachweislich die Häufigkeit von Komplikationen. Lungenentzündungen kommen z. B. weit seltener vor, denn wer schmerzfrei ist, kann durchatmen und seine Lungen gut belüften: Keime haben keine Chance. Die Betäubung hilft auch dabei, schnell wieder mobil zu werden: Am Tag nach der OP ist es mit der Bettruhe vorbei, es geht zum Laufen auf den Flur, der Patient kann sitzen. Tagelang aufs Essen zu verzichten, ist ebenfalls Vergangenheit: Schonkost gibt es schon am OP-Tag, am Tag darauf normale Kost. Am zweiten Tag nach der Operation geht es in den Garten und über Treppen, der Katheter kann entfernt werden. Ein bis drei Tage darauf gehen die meisten Patienten nach Hause.

Deutschlandweit 500.000 Pflegetage einsparen

„Bei unseren 153 Fast-Track-Patienten mit einem Durchschnittsalter von 66 Jahren lag das Risiko allgemeiner Komplikationen bei drei bis acht Prozent“, so Prof. Schwenk. Würde man das Konzept auf alle Darm-Operationen in ganz Deutschland übertragen, so würde man bei 5.000 bis 10.000 Patienten Komplikationen vermeiden, schätzt der Mediziner. Außerdem könnten so ca. 500.000 stationäre Pflegetage eingespart werden. Darüber hinaus eignet sich das Konzept nach Berliner Erfahrungen auch für Oberbaucheingriffe und könnte auch bei urologischen, gynäkologischen und orthopädischen oder unfall-chirurgischen Operationen eingesetzt werden. „Das würde nicht nur die Ergebnisquälität verbessern, sondern auch enorme Kosteneinsparungen bedeuten“, so Prof. Schwenk.

Kontakt

Prof. Dr. med. Wolfgang Schwenk, Klinik für Allgemein-, Visceral-, Gefäß-, und Thoraxchirurgie, Charité Campus Mitte, Schumannstraße 20/21, 10117 Berlin, Tel. 030/450-522011, Fax: 030/450-552905, E-Mail: surgery@charite.de

Media Contact

Meike Drießen idw

Weitere Informationen:

http://www.dgss.org

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer