Gynäkologen: Erste Brustzentren nach europäischen Standards akkreditiert

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe will nicht warten, bis die bislang in Deutschland praktizierte Zertifizierung von Brustzentren alle Anforderungen der europäischen Standards erfüllt. (Nach diesen Standards wurden bis Juni diesen Jahres 44 Zentren akkreditiert.) Darum beauftragte die Gesellschaft zwölf große Universitätsfrauenkliniken, sich nach den strengen EU-Richtlinien akkreditieren zu lassen. „Die großen Universitätskliniken haben keine Probleme damit, die strengeren Kriterien der EUSOMA zu erfüllen und den politischen Vorgaben zu folgen“, erklärt Professor Walter Jonat, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein – Campus Kiel. Die beiden Frauenkliniken des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein – Campus Lübeck (Direktor: Professor Klaus Diedrich) und Campus Kiel (Direktor: Professor Walter Jonat) wurden als erste der zwölf Kliniken Ende letzter Woche akkreditiert.

Die Akkreditierung erfolgt durch ein international besetztes Expertengremium des EUSOMA-Vorstandes. „Wenn die Akkreditierung in allen europäischen Ländern angelaufen ist, dürfte es langfristig nationale Gremien geben, welche diese Funktion übernehmen und koordinieren“, sagt Jonat. Als erste europäische Klinik überhaupt wurde von der EUSOMA die Frauenklinik der Universität Zürich akkreditiert. Das Gremium überprüft bei der ersten Akkreditierung die Strukturqualität der Kliniken. Doch binnen eines Jahres, wenn die erneute Akkreditierung fällig wird, steht bereits die Behandlungsqualität auf dem Prüfstand: Dann geht es um Überlebensraten von Patientinnen, die Rate an Krankheitsrückfällen oder den Anteil brusterhaltender Operationen.

Kritik an bisheriger Zertifizierungspraxis.

Die in Deutschland bislang von zwei Fachgesellschaften – Deutsche Krebsgesellschaft und Deutsche Gesellschaft für Senologie – aufgestellten Zertifizierungskriterien, ließen beispielsweise Hintertüren für jene Zentren offen, welche die nötigen Operationszahlen nicht erfüllen: Mindestens 150 neu diagnostizierte Brustkrebserkrankungen soll ein Zentrum jährlich behandeln, jeder Operateur soll mindestens 50 Eingriffe pro Jahr vornehmen. Da dies manche Kliniken nicht schaffen, können sich mehrere Häuser einer Region zusammenschließen, um so diese Hürde zu nehmen. Insbesondere diese Regelung löste in Fachkreisen und bei Patientinnen-Organisationen scharfe Kritik aus. Ebenso fordert die EUSOMA, dass jedes Mitglied des Kernteams in seinem Fachgebiet auf Brustkrebs spezialisiert ist – auch dies fehlt in den bisherigen deutschen Richtlinien.

Abgeschwächt wurde auch die EU-Vorgabe, dass jede Patientin interdisziplinär beraten und behandelt wird. Die hierzulande bislang zertifizierten Zentren müssen in den ersten beiden Jahren 20 Prozent der Patientinnen und binnen drei Jahren die Hälfte der Frauen interdisziplinär behandeln. Ebenso fehlt in den deutschen Richtlinien die unabhängige und externe Überprüfung der Behandlungsergebnisse.

„Es ist nicht auszuschließen“, so Jonat, „dass es in Deutschland noch eine Zeit lang zwei Stufen der Zertifizierung geben wird: eine mit geringeren Anforderungen, die regional oder lokal zum Einsatz kommt und eine für die überregionalen Zentren, die auch heute schon die europäischen Kriterien erfüllen.“

Media Contact

Barbara Ritzert idw

Weitere Informationen:

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