Stammzellen aus Nabelschnurblut: Chance für werdende Mütter

Bei einem mittlerweile fünfjährigen Patienten, der an akuter lymphatischer Leukämie erkrankt war, ist an der Kinderpoliklinik des Klinikums der Universität München erstmals in Bayern Nabelschnurblut erfolgreich transplantiert worden. Der Junge musste im Frühjahr 2000 in die Hochrisikogruppe eingestuft werden, da die herkömmliche Zytostatika-Therapie keine ausreichende Wirkung gezeigt hatte. Um einen Rückfall zu verhindern, wurden schließlich Stammzellen aus dem Nabelschnurblut eines neugeborenen Geschwisterchens transplantiert. Der kleine Patient ist ein Jahr nach dem Eingriff wohlauf.

Bei der Behandlung der bösartigen Erkrankung der weißen Blutkörperchen des Jungen zeichneten sich für die Ärzte an der Kinderpoliklinik in der Pettenkoferstraße rasch außergewöhnliche Probleme ab: „Die herkömmlichen Medikamente, Zellgifte oder „Zytostatika“, sprachen nicht in dem notwendigen Maß an“, berichtet Dr. Monika Führer, die behandelnde Kinderärztin. „Der Junge gehört zu der kleinen Gruppe von kindlichen Leukämie-Patienten, die allein mit Medikamenten, die die Zellteilung hemmen, nicht gesunden können. In der vorbereitenden Kortisonphase, aber dann auch noch nach jenen dreißig Tagen, nach denen normalerweise das Knochenmark frei von Lymphoblasten sein sollte, fanden sich immer noch Reste dieser Tumorzellen, so dass wir den kleinen Patienten im Frühjahr 2000 in die Hochrisikogruppe einstufen mussten. Eine Knochenmarktransplantation musste also zwingend in die Therapie eingeplant werden.“

Da die Mutter des Patienten bereits zu Beginn der Erkrankung schwanger war, rückte eine Nabelschnurbluttransplantation – als Alternative zur zunächst vorgesehenen Knochenmarktransplantation – prinzipiell in den Bereich des Möglichen. Denn wie seit geraumer Zeit bereits bekannt ist, enthält die Nabelschnur ebenso wie das Knochenmark einen relativ hohen Prozentsatz an Blutstammzellen (Zellen, aus denen der Körper lebenslang alle Zellen des Blutes bilden kann), so dass sich unter bestimmten Voraussetzungen hier ein Ausweg bietet, soweit kein passender Knochenmarkspender zur Verfügung steht. Das Nabelschnurblut Neugeborener hat gegenüber Knochenmark und anderem Spenderblut den Vorteil, dass seine Zellen immunologisch unreif sind. Daher fallen potentielle Abwehrreaktionen geringer aus.

Unmittelbar nach der Entbindung wurden in einem Speziallabor die exakt 36,5 Milliliter Blut, die der Nabelschnur entnommen werden konnten, mittels einer Stammzell-Selektion gereinigt, um die Gefahr von Unverträglichkeitsreaktionen noch weiter zu minimieren.

Die Transplantation selbst verlief in Form einer rund einstündigen Transfusion völlig reibungslos. Der Patient nahm das Blut seines Geschwisterchens – eines kerngesunden Jungen – ohne jede Komplikationen an und konnte nach den üblichen Nachuntersuchungen und -behandlungen rechtzeitig zu Weihnachten 2000 nach Hause entlassen werden. „Er kommt regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen und entwickelt sich zu einem für sein Alter völlig normalen Jungen. Wenn nicht noch unvorhersehbare Komplikationen eintreten sollten, können wir ihm erlauben, im Spätsommer in den Kindergarten zu gehen“, freut sich Frau Dr. Führer.

Für werdende Eltern und andere Interessierte bietet das Deutsche Grüne Kreuz in Marburg eine spezielle Informationsbroschüre zum Thema Nabelschnurblut an. Diese kann gegen Einsendung eines mit DM 1,50 freigemachten DIN A5-Rückumschlags beim Deutschen Grünen Kreuz, Postfach 1207 in 35002 Marburg angefordert werden.

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