Neue Strategien bei Hautkrebs im Gesicht

Das so genannte Basalzellkarzinom – eine Form von Hautkrebs, die überwiegend im Gesicht auftritt -, gilt als gut behandelbar: Metastasen bildet dieser Tumor nur extrem selten. Bei bis zu einem Drittel der Patienten beginnt er nach der Operation jedoch erneut zu wuchern und kann dann doch noch gefährlich werden, wenn er „verwildert“. Dies lässt sich durch eine zweizeitige Operationsstrategie vermeiden, berichten Experten auf dem 54. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Aachen.

Jährlich erkranken in Deutschland schätzungsweise 80 von 100000 Männern und 63 von 100000 Frauen an einem so genannte Basalzellkarzinom. Damit gehört dieser Hauttumor, der in 80 Prozent der Fälle im Gesicht auftritt, mit schätzungsweise 58000 Neuerkrankungen jährlich zu den häufigsten Krebsarten – und die Fallzahlen steigen. Denn Sonnenschäden sind ein wesentlicher Risikofaktor für diese Krebsart.

Der Tumor bildet – im Gegensatz zum schwarzen Hautkrebs (Melanom) – allerdings nur extrem selten Tochtergeschwülste (Metastasen). In den meisten Fällen kann er darum vergleichsweise einfach behandelt werden: Er wird operativ entfernt.
Dennoch kann sich die Geschwulst als „Wolf im Schafspelz“entpuppen: Wenn der Tumor zu spät behandelt wird oder immer wieder zu wuchern beginnt, kann ein sogenanntes „verwildertes“ Basaliom (Basalioma terebrans) entstehen. Dieses zerstört nicht nur die Weichteile des Gesichts, sondern auch die darunterliegenden Knorpel und Knochen und kann daher sogar zum Tode führen. Leider gibt es bislang jedoch noch keine Möglichkeit, die Bösartigkeit eines Basalzellkarzinoms aufgrund einer feingeweblichen Untersuchung abzuschätzen, berichten MKG-Chirurgen aufgrund neuer Untersuchungen (1) auf dem 54. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie in Aachen.

In den meisten Fällen wird der Tumor operativ entfernt. Prinzipiell gibt es dabei zwei Strategien: Erstens, die so genannte einzeitige Technik, bei der der Tumor entfernt, im Schnellverfahren feingeweblich untersucht, und die Wunde sofort verschlossen wird. Zweitens, das so genannte zweizeitige Vorgehen, bei dem der Tumor entfernt und die Wunde für einige Tage nur mit künstlicher Haut bedeckt wird. Die Wunde wird erst dann geschlossen, nachdem der Schnittrand des Tumors komplett mikroskopisch untersucht wurde und sicher ist, dass der Tumor vollständig im Gesunden entfernt werden konnte. Denn immerhin ist bei sieben bis 30 Prozent der Fälle eine Nachresektion erforderlich. Studien (2), die auf der Fachtagung präsentiert werden, belegen nun, dass die zweizeitige Strategie der einzeitigen überlegen ist. Mit diesem Vorgehen lassen sich Heilungsraten von 98,5 Prozent erzielen. „Vor allem lässt sich durch dieses Vorgehen die Zahl der Fälle erneuten Tumorwachstums (Rezidiv) deutlich reduzieren“, berichten MKG-Chirurgen vom Universitätsklinikum Eppendorf der Universität Hamburg. „Die Ergebnisse sind besser als die der auch heute noch angewandten alternativen Verfahren, wie das einzeitige Operationsverfahren, die Kryochirurgie oder die Chemo- und Strahlentherapie“, betonen MKG-Chirurgen von der Universitätsklinik Bonn.

Kongress-Schwerpunkt: Die Rekonstruktion der Gesichtshaut nach Tumor-Op.

Wenn Hauttumoren wie Basalzellkarzinome oder Melanome im Gesicht entfernt werden müssen, spielen neben funktionellen natürlich auch ästhetische Aspekte eine Rolle. Standardverfahren zur Deckung kleinerer Defekte ist die so genannte Nahlappenplastik, bei der Haut- und Unterhautgewebe aus der Umgebung in den Defekt quasi „verschoben“ oder „hineingedreht“ wird.

Bei größeren Defekten sind aufwendigere rekonstruktive Operationsverfahren nötig: Das Spektrum reicht von der Gewebe-Expansion (Dehnungsplastik), bei der das benachbarte Gewebe zunächst durch Silikonballons aufgedehnt und vermehrt wird, bis hin zu aufwendigen Transplantationen, bei denen Gewebe in einer anderen Körperregion entnommen und in den Defekt verpflanzt wird. In diesen Fällen muss der MKG-Chirurg die Blutgefäße von Transplantat und umgebender Region unter dem Operationsmikroskop miteinander verbinden. „Wenn große Teile der Wange, von Nase, Stirn, Kinnregion oder Ohrmuschel verloren gegangen sind, lässt sich die Form mit den Mitteln der modernen plastischen Chirurgie annähernd wiederherstellen“, erklärt Professor Rainer Schmelzle vom Universitätsklinikum Eppendorf.

Langzeitergebnisse.

Auf der Aachener Tagung stellen mehrere Forschergruppen ihre Langzeitergebnisse mit den verschiedenen Operationsverfahren vor. So berichten beispielsweise MKG-Chirurgen aus Bremen (3), dass Sensibilitätsstörungen nach einer Nahlappenplastik bei 11 Prozent der Fälle auftreten. Seltener (3,6 Prozent) sind solche Störungen nach Dehnungsplastiken und sehr viel häufiger nach Vollhaut- oder Spalthauttransplantaten. Entsprechend beurteilen Patienten die Ergebnisse: Dehnungsplastik und Nahlappenplastik hat mit über 95 Prozent die höchste Rate zufriedener Patienten, während nach einem Vollhauttransplantat „nur“ 76 Prozent der Patienten das Ergebnis mit „sehr gut bis gut“ beurteilen. Rostocker MKG-Chirurgen (4) berichten, dass nach Lappenplastik mehr als die Hälfte der Patienten bei Nachuntersuchungen über Störungen von Temperatur- und Schmerzempfinden im betroffenen Bereich berichten. Subjektiv zufrieden waren 90 Prozent der Patienten.

Neues Verfahren kann belastende Transplantation ersparen.

Um insbesondere älteren oder kranken Patienten nach der Entfernung großflächiger Tumoren aufwendige Transplantationen zu ersparen, haben MKG-Chirurgen von der Universitätsklinik Bonn (5) bei einer klinischen Studie mit 40 Patienten eine neue Strategie erprobt. Die Ärzte deckten die Wunde für einige Wochen mit Hydrokolloidverbänden ab. Geschützt vor Krankheitskeimen und im feuchtwarmen Milieu begannen Bindegewebszellen aus der Tiefe sich in der Wunde auszubreiten. Dies geschieht selbst dann, wenn die Wunde bis auf den Knochen geht. Danach genügt die Transplantation so genannter Spalthaut, die leichter gewonnen werden kann als ein Vollhaut-Transplantat. „Wir sehen diese Behandlungsmöglichkeit deshalb als gute Alternative für die Rekonstruktion von größeren Weichteildefekten im Kopf- und Gesichtsbereich“, erklären die Experten.

1) Morphometrische Untersuchung von Basaliomen – ein Beitrag zur Prognoseschätzung?
Appel, Thorsten, Dr. Dr. et al.: Klinik für MKG-Chirurgie, Universität Bonn
2) Die Therapie von Basalzellkarzinomen im Gesichtsbereich mit Hilfe der fraktionierten histologischen Schnittrandkontrolle, modifiziert nach Mohs; Far, Frederik et al., Klinik für MKG-Chirurgie, Universitätsklinikum Bonn
Gesichtshautrekonstruktionen nach Basaliomen
Friedrich, Reinhard E., Prof. Dr. Dr. et al.: Klinik für ZMKG-Chirurgie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
3) Ergebnisse von Weichteilrekonstruktionen nach Basaliomresektionen
Rustemeyer, Jan, Dr. Dr. et al.: Klinik für MKG-Chirurgie, ZKH St.-Jürgen-Strasse, Bremen
4) Lokale Lappenplastiken der Haut – Wie ist das funktionelle und ästhetische Langzeitergebnis?
Henkel, Kai-Olaf, PD Dr. Dr., et al., Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Universität Rostock
5) Rekonstruktion und Konditionierung von großflächigen Hauttumordefekten im MKG-Bereich mittels Hydrokolloidverbänden
Bergé, Stefaan, PD Dr. Dr., et al., Klinik für MKG-Chirurgie, Universitätsklinikum Bonn

Media Contact

Dipl. Biol. Barbara Ritzert idw

Weitere Informationen:

http://awmf.org

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