Mit Ballon, Stent und Filter gegen verengte Halsschlagadern

Mit einem solchen Filtersystem werden Bruchstücke der Gefäßwand aufgefangen, die sich beim Kathetereingriff an der Halsschlagader eventuell ablösen können.

In Deutschland werden pro Jahr über 20.000 gefäßchirurgische Eingriffe bei Patienten durchgeführt, deren Halsschlagader verengt ist. „Leider ist viel zu wenig bekannt, dass sich diese Operationen vermeiden lassen, weil inzwischen wesentlich schonendere Kathetertechniken zur Verfügung stehen“, sagt Professor Peter Schanzenbächer. Der Kardiologe vom Klinikum der Universität Würzburg sieht hier dringenden Aufklärungsbedarf.

Die Halsschlagader leitet das Blut vom Herzen zum Kopf. Wenn sie zu sehr verkalkt ist, besteht die Gefahr, dass das Gehirn nicht mehr richtig mit Sauerstoff versorgt wird: Es drohen dann Schlaganfälle. Als Gegenmaßnahme wird darum über die Leistenarterie ein Ballonkatheter in die hirnversorgende Hauptarterie eingeführt. Die Engstellen können dann aufgedehnt werden, zusätzlich lässt sich eine Gefäßstütze einbauen, ein so genannter Stent. Der soll dafür sorgen, dass die Schlagader auf Dauer durchlässig bleibt.

Diese Behandlung erfolgt vorbeugend, wenn die Schlagader zu über 80 Prozent eingeengt ist, aber auch bei Patienten, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben. Außerdem kommt sie bei Menschen zum Einsatz, die wegen der verengten Schlagader zeitweise an neurologischen Störungen leiden, zum Beispiel an kurzfristigen Lähmungserscheinungen oder an Sprach- und Sehstörungen.

Früher trat bei solchen Kathetereingriffen an der Halsschlagader folgendes Problem auf: Durch die Manipulationen mit dem Katheter können sich Bestandteile der Gefäßwand ablösen und mit dem Blutstrom in Richtung Gehirn treiben. Die Folge sind neurologische Symptome, schlimmstenfalls eine in der Regel wieder vorübergehende Halbseitenlähmung.

Doch mit diesen Komplikationen ist heute nicht mehr zu rechnen, wie Schanzenbächer sagt. Seit 2001 stehen nämlich spezielle Filtersysteme zur Verfügung, die noch vor der Manipulation mit dem Katheter an der Engstelle vorbeigeführt und unterhalb der Schädelbasis zur Entfaltung gebracht werden. Ihre Aufgabe ist es, die Bestandteile der Gefäßwand, die sich bei der Behandlung möglicherweise ablösen, aufzufangen. Auf diese Weise können neurologische Symptome verhindert werden.

Wenn das Gefäß schließlich gut genug aufgeweitet ist, wird der Filter entfernt. Die Punktionsstelle an der Leiste wird mit einem speziellen System verschlossen, so dass die Patienten unter Umständen unmittelbar nach dem Eingriff wieder aufstehen können. Sie müssen dann noch drei Monate lang eine blutverflüssigende Kombinationstherapie einnehmen, um die Bildung eines Blutgerinnsels am Stent zu verhindern.

„Wenn erfahrene Ärzte diesen Eingriff durchführen, dann liegen die Komplikationen heute in der Größenordnung wie bei gefäßchirurgischen Eingriffen an der Halsschlagader oder sogar deutlich darunter“, sagt Professor Schanzenbächer. Weiterer Vorteil: Die bei den chirurgischen Operationen möglichen Wundheilungsstörungen, Infektionen, Nervenverletzungen, Nachblutungen und Narbenbildungen treten nach Kathetereingriffen praktisch nicht auf. Vor allem sei keine Narkose erforderlich: Das stelle für die Patienten, die alle im höheren Lebensalter und in der Regel durch andere Leiden geschwächt seien, eine wesentliche Erleichterung dar.

„Unglücklicherweise werden die meisten Patienten durch den diagnostizierenden Arzt weiterhin traditionell dem Gefäßchirurgen vorgestellt. Das ist die Folge einer unzureichenden Erfahrung und einer grundlegenden Skepsis der neuen Methode gegenüber. Aber die kathetergestützte Stentimplantation in die Halsschlagader wird in naher Zukunft die Operation komplett ablösen“, ist sich Schanzenbächer sicher.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Peter Schanzenbächer, T (0931) 201-36327, Fax (0931) 201-36291, E-Mail:
p.schanzenbaecher@mail.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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