Neuer Standort für die Hirnforschung

Zentrum für Neuropathologie und Prionforschung (ZNP) an der LMU eröffnet

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und BSE – die Begriffe haben an Schrecken nicht verloren. Neuropathologen und Prionforscher beschäftigen sich weltweit mit diesen und anderen Hirnerkrankungen bei Mensch und Tier. Mit der offiziellen Eröffnung des neuen Zentrums für Neuropathologie und Prionforschung (ZNP) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München am heutigen Mittwoch haben sich die Bedingungen für diese Forschung jetzt deutlich verbessert.

In unmittelbarer Nachbarschaft zu den naturwissenschaftlich-medizinischen Einrichtungen des HighTechCampus der LMU in München-Großhadern ist mit dem ZNP ein multifunktionales Forschungsgebäude für die Hirnforschung entstanden. Der in zwei Jahren für 19,5 Millionen Euro errichtete Neubau beherbergt auf 2583 Quadratmetern neben Büros und Laborarbeitsplätzen spezielle Sicherheitslabors der Kategorien S2 und S3. Das oberste Stockwerk bietet die Voraussetzungen, um Versuchstiere, insbesondere Mäuse, geeignet unterzubringen. Damit verfügen die Forscher nun über eine Infrastruktur, um im ausreichenden Maße Infektionsversuche für die Erforschung von Hirnerkrankungen durchführen zu können.

Das neue Zentrum für Neuropathologie und Prionforschung (ZNP) an der LMU steht allen wissenschaftlichen Projekten des Bayerischen Forschungsverbunds Prionen (FORPRION) offen. Neben dem Institut für Neuropathologie der LMU (Leitung: Professor Hans Kretzschmar) beherbergt es bereits die Geschäftsstelle von FORPRION. Das Institut für Neuropathologie ist zugleich Referenzzentrum für neurodegenerative Erkrankungen und Referenzzentrum für Prionkrankheiten der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN). Das zentrale Netzwerksekretariat des Brain-Net, der Deutschen Hirngewebebank (Referenzzentrum für Erkrankungen des ZNS), einem Netzwerk von zehn universitären Hirnbankzentren in Deutschland, hat ebenso seinen Sitz im ZNP wie die Leitung der Deutschen CJD Surveillance (epidemiologische Überwachung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in Deutschland). Gleichzeitig arbeitet in dem neuen Gebäude an der Feodor-Lynen-Straße eine Arbeitsgruppe des Laboratoriums für funktionale Genomanalyse (LAFUGA) des Genzentrums der LMU unter der Leitung von Professor Eckhard Wolf.

Nach Ansicht des Leiters des ZNP und Vorstand von FORPRION, Professor Hans Kretzschmar, ermöglicht der zentrale Standort eine ideale Vernetzung von Forschungsressourcen: „Eines der wichtigsten Zentren der Prionforschung und ein wesentlicher Teil der Forschungsorganisation wird hier lokalisiert sein“, versichert Kretzschmar.

Der Forschungsverbund FORPRION vernetzt 26 Projekte, angesiedelt an fünf bayerischen Universitäten. Das Netzwerk umfasst die Universität Nürnberg-Erlangen, Würzburg, Bayreuth, Regensburg, die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Technische Universität München und das Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried. Alle FORPRION-Forschungsgruppen stehen über die Nationale TSE-Forschungsplattform in wissenschaftlichem Austausch mit den in der Prionforschung arbeitenden Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland.

Zur Forschung
Nicht erst seit im November 2000 das erste Rind in Schleswig-Holstein BSE-positiv getestet wurde, suchen deutsche Wissenschaftler nach den Ursachen, Verbreitungswegen und Heilungschancen von Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathien, kurz TSE. Die durch infektiöse Eiweißablagerungen ausgelöste schwammartige Veränderung des Hirns äußert sich bei Rindern in Form von BSE, beim Menschen als Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK). Schon in den 20er Jahren beschrieben die Mediziner Hans Gerhard Creutzfeldt und Alfons Jakob erstmals und unabhängig voneinander dieses Leiden. Mit der deutschen „BSE-Krise“ erfuhr diese Forschungsrichtung einen neuen Aufschwung: Anfang des Jahres 2001 gründete der Freistaat Bayern FORPRION. Ziel des Forschungsverbunds ist sowohl die einschlägige Grundlagenforschung, als auch die Suche nach Diagnosemöglichkeiten und Therapien für TSE. Nach einer Zwischenevaluation im Herbst 2003 wird FORPRION durch den Freistaat nun zunächst bis Mitte 2006 weiter gefördert.

„Die sichere Diagnose der Prionkrankheiten ist derzeit nur durch die biochemische oder histopathologische Untersuchung des Gehirns möglich“, betont Professor Kretzschmar. TSE-Krankheiten können nur durch die Untersuchung von Nervenzellen nach dem Tod des infizierten Lebewesens nachgewiesen werden. Testverfahren, die beim lebenden Menschen oder Tier eingesetzt werden können, existieren derzeit noch nicht.

Auch bei der Erforschung von Alzheimer und Parkinson reichen einfache Zellkulturmodelle nicht aus, um die Krankheiten zu verstehen. Forschungen mit transgenen Mäusen ermöglichen es jedoch beispielsweise im Falle der Parkinsonerkrankung, pathologische Vorgänge gut zu rekapitulieren. Auf diese Weise könnten nicht nur die Wirkmechanismen der Erkrankung im Gehirn untersucht, sondern gleichzeitig auch potenzielle Medikamente getestet werden. Da neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson ihre Ursache ebenso wie BSE in einer Veränderung von Eiweißen im Gehirn haben, werden auch Forschungen zu diesen Leiden am neuen Zentrum für Neuropathologie und Prionforschung angesiedelt sein.

Media Contact

Luise Dirscherl idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-muenchen.de

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