Brain-Imaging: Faszinierende Forschungen verändern Psychiatrie nachhaltig

Neue bildgebende Verfahren bringen Verhalten und Hirnfunktionen in Verbindung

Die Einführung von bildgebenden Verfahren in die Psychiatrie und Psychotherapie eröffnet ungewöhnliche Möglichkeiten, Strukturen und Funktionen des Zentralnervensystems darzustellen und zu verstehen. Das Forschungsgebiet, das zunehmend Bestandteil von Diagnostik und Therapie psychischer Störungen wird, nennt sich Brain-Imaging oder auch Neuro-Imaging. Wie Experten beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin erklärten, ermöglicht der junge Forschungszweig neue Perspektiven für das Verständnis psychischer Erkrankungen.

„Moderne bildgebende Verfahren wie die funktionelle Kernspintomographie (fMRI) gestatten faszinierenden Einblicke in die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns, von denen vor wenigen Jahren noch niemand etwas geahnt hat“, erläutert Prof. Peter Falkai von der Universität des Saarlandes. So können klinische Neurowissenschaftler heute beobachten, was in den verschiedenen Hirnregionen passiert, während ein Proband lacht, spricht oder sich bewegt – und das beinahe in Echtzeit und ohne Strahlenbelastung. Damit nicht genug: Bei psychisch Kranken lassen sich an der Erkrankung beteiligte Hirnregionen sichtbar machen und der Effekt von Medikamenten oder Psychotherapien am Bildschirm nachvollziehen.

Das Gehirn – ein Mysterium

„Schon ein kurzes Klavierspiel lässt im Gehirn neue Verbindungen sprießen“ – „Sehen, wie das Gehirn arbeitet“ – „Bilder der Seele“. So und ähnlich lauteten Schlagzeilen der vergangenen Wochen und Monate, die sich allesamt mit einem Thema beschäftigen: Der Erforschung des menschlichen Gehirns, nach wie vor eines der größten Mysterien in der Wissenschaft.

Etwa 100 Milliarden Nervenzellen mit mehr als 100 Billionen Verschaltungen (Synapsen) vollbringen in jeder Minute Höchstleistungen, denn das Gehirn ist ein äußerst plastisches Organ: Jeder Sinnesreiz führt zu neuen Eindrücken, die im Hirn mit bisher gemachten Erfahrungen abgeglichen und dann verarbeitet werden. Dies erfordert permanent neue Verknüpfungen zwischen einzelnen Nervenzellen, so genannte neuronale Verschaltungen. Der enormen Flexibilität des Gehirns haben es z.B. Schlaganfallopfer zu verdanken, dass sie ihren anfangs gelähmten Arm doch wieder bewegen können: Im Gehirn wurden neue Verbindungen geschlossen, die die Aufgaben der untergegangenen Zellen übernommen haben („neuronale Plastizität“).

Moderne bildgebende Methoden

War psychiatrische Forschung bisher vornehmlich auf indirekte Verfahren wie die Elektroenzephalographie (EEG) bei der Untersuchung normaler und gestörter psychischer Funktionsabläufe begrenzt, ermöglichen nun funktionelle bildgebende Verfahren, Verhalten und Hirnfunktionen direkt miteinander in Verbindung zu bringen. Zu diesen modernen bildgebenden Methoden gehören:

– die funktionelle Kernspin- oder Magnetresonanztomographie (fMRT)
– die Magnetresonanzspektroskopie (MRS)
– die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die
– Single-Photonen-Emissionstomographie (SPECT).

Die größte Verbreitung hat die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) gefunden. Die fMRT ist ein indirektes Verfahren zur Messung der Hirnaktivität, das ohne Röntgenstrahlen auskommt. Im MRT wird die Sauerstoffsättigung des Blutes gemessen, aus der sich Rückschlüsse auf die Aktivität im Hirn ziehen und dreidimensional darstellen lassen. In Kombination mit weiteren Methoden wie EEG oder Ultraschall ermöglicht die fMRT den Schluss, wann welches Areal im Hirn aktiviert wird. So entstehen funktionelle und biochemische „Landkarten“, aus denen sehr exakt auf die Hirnfunktion geschlossen werden kann.

Neuronale Landkarten

Mit diesen neuronalen Landkarten können Regelkreise im Hirn dargestellt und untersucht werden, die für die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen von großer Bedeutung sind. Einige Experten gehen soweit, dass mit diesen neuen Untersuchungsmethoden der Brückenschlag im Verständnis von Seele und Körper gelungen ist. Auch wenn dies noch weit vorgegriffen erscheint, werden die neuen technischen Möglichkeiten das diagnostische Vorgehen in der Psychiatrie und Psychotherapie des 21. Jahrhunderts nachhaltig verändern.

„Auch auf die tägliche Beratung und Therapie werden sich die diagnostischen Fortschritte auswirken“, erläutert Prof. Falkai. „So lässt sich die Behandlung von seelisch Kranken künftig auf ein stabileres Fundament objektivierbarer Befunde stellen.“

Media Contact

Prof. Dr. Peter Falkai idw

Weitere Informationen:

http://www.dgppn-kongress2003.de

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