Weibliche Impotenz: Mythos der Pharmaindustrie

Megaseller Viagra soll auch für Frauen entwickelt werden

Renommierte britische Forscher haben in einem Artikel im Fachmagazin British Medical Journal BMJ behauptet, dass weibliche Impotenz nur eine Erfindung der Pharmaindustrie ist. Nach den Megaverkäufen von Viagra, die der Herstellerfirma Pfizer seit 1998 1,5 Mrd. Dollar gebracht haben, will die Industrie auch mit den Frauen ein ähnlich starkes Geschäft machen.

Die Pharmaunternehmen haben nach Ansicht von Ray Moynihan, einem Co-Autor der Studie, so etwas wie weibliche sexuelle Dysfunktion geschaffen, um diese dann mit neuen Medikamenten behandeln zu können. „Weibliche Sexualprobleme werden fälschlicherweise mit Medikamenten behandelt und die Zahl dieser Behandlungen steigt stetig an“, so der Wissenschaftler, der auch kritisiert, dass viele Forscher zu eng mit der Pharmaindustrie kooperieren, die Konferenzen sponsert und die Forschung zahlt. „Ganze Kohorten von Wissenschaftlern mit engsten Verbindungen zur Pharmaindustrie entwickeln bei Kongressen und Konferenzen neue Krankheiten, die dann mit neuen maßgeschneiderten Medikamenten wieder geheilt werden können“, so Moynihan. „Weibliche sexuelle Dysfunktion“ definiere eine Erkrankung, die keine ist. Änderungen der weiblichen Sexualität nach einer erfolgten Geburt oder in lang dauernden Beziehungen könne man wohl kaum als Krankheit bezeichnen.

Sandra Leiblum, Professorin für Psychiatrie an der Robert Wood Johnson Medical School, schlägt in die gleiche Kerbe. „Sexuelle Unzufriedenheit und Desinteresse sind bei Frauen häufig vorhanden, das sind aber keine Krankheiten“, so die Spezialistin. John Bancroft, Direktor des Kinsey Instituts an der Universität von Indiana, warnt vor der Gefahr, sexuelle Probleme als Dysfunktion zu definieren. „Das führt nämlich dazu, dass Mediziner Medikamente verschreiben, während die Aufmerksamkeit eigentlich anderen Aspekten im weiblichen Leben gelten soll.“ Als besonders ärgerlich empfindet der Forscher den Umstand, dass Frauen dadurch eingeredet wird, dass sie an Störungen leiden, obwohl es diese gar nicht gibt“, meint Bancroft.

John Dean, Forscher der British Society for Sexual and Impotence Research, erklärt gegenüber BBC-Online, dass es eine Dysfunktion auch bei Frauen gebe, räumt aber zugleich ein, dass die psychologischen und sozio-ökonomischen Faktoren mindestens eine ebenso wichtige Rolle einnehmen. Auch Dean hält von einer „Über-Medikation“ nichts. „Wer eine pathologische Erklärung für etwas abgibt, lässt Menschen damit im Glauben, dass es dafür auch eine Behandlung geben muss“, erklärt Dean.

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Wolfgang Weit pressetext.austria

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