Therapie gegen chronische Herzmuskelschwäche


Für die Entwicklung einer Blutwäsche zur Behandlung der chronischen Herzmuskelschwäche (dilatative Kardiomyopathie, DCM), ist Dr. Gerd Wallukat vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und Dr. Johannes Müller vom Deutschen Herzzentrum Berlin der „Apherese- Innovationspreis der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie“ verliehen worden. Die beiden Berliner Forscher teilen sich den mit insgesamt 8000 Euro dotierten Preis mit Dr. Markus Suckfüll vom Klinikum Großhadern in München, der eine neue Therapie des akuten Hörsturzes untersucht hat. Der Preis wurde den drei Forschern am Montag, den 30. September 2002, im Rahmen des 33. Kongresses für Nephrologie in Düsseldorf überreicht. Mit der alle zwei Jahre vergebenen Auszeichnung werden fachübergreifende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der extrakorporalen Blutreinigung und Plasmatherapie gefördert.

Allein in der Bundesrepublik leiden über 280 000 Menschen an chronischer Herzmuskelschwäche. Bei dieser Erkrankung vermindert sich die Pumpleistung des Herzens. Der Herzmuskel vergrößert sich (Dilatation – Ausdehnung), um den Leistungsabfall zu kompensieren, dennoch sind die Betroffenen in ihrer körperlichen Leistung stark eingeschränkt. Bisher wird diese Erkrankung mit Medikamenten behandelt, die aber nur vorübergehend helfen können. In schwersten Fällen benötigen die Patienten eine Herztransplantation.

Die Ursachen für diese schwere Herzerkrankung sind vielfältig. Ein Teil der Fälle ist genetisch, also familiär, bedingt. Weiterhin könnten auch Autoimmunprozesse an der Entstehung dieser Erkrankung beteiligt sein. Unklar ist jedoch, weshalb das eigene Immunsystem nicht mehr zwischen „fremd“ und „eigen“ (autos im Griechischen) unterscheiden kann und, wie im Fall der dilatativen Kardiomyopathie, den Herzmuskel angreift, seine Zellen schädigt und dadurch seine Funktion beeinträchtigt.

Bei rund 70 Prozent der Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie konnte Dr. Wallukat Auto-Antikörper nachweisen, die den so genannten beta1-adrenergen Rezeptor der Herzmuskelzellen attackieren und damit den Herzmuskel schädigen. Über die beta-adrenergen Rezeptoren regulieren die Botenstoffe (Hormone) Noradrenalin und Adrenalin die Schlagfrequenz und Pumpfunktion (Kontraktilität) des Herzens. Die Auto-Antikörper aktivieren den beta1-adrenergen Rezeptor, was den Kalziumhaushalt der Zellen stört und damit ihre Funktion verändert, erläutert der Zellbiologe.

Aufbauend auf diesen grundlegenden Untersuchungen am MDC haben Dr. Wallukat und Dr. Müller gemeinsam mit Medizintechnikern der Biofirma Affina Immuntechnik GmbH (Berlin) einen Adsorber entwickelt, der speziell diese gegen beta1-adrenerge Rezeptoren gerichteten Auto-Antikörper aus dem Blut der Patienten filtert – ähnlich der Dialyse bei Nierenpatienten. Üblicherweise dauert die Behandlung laut Dr. Müller eine Woche und muß nur in besonderen Fällen wiederholt werden. „Die erste Anwendung dieses spezifischen Immunadsorptionssystems innerhalb einer klinischen Studie haben zu einer erheblichen Verbesserung der Herzfunktion bei den behandelten Patienten geführt“, erläutert der Herzchirurg. Auch sei die „spezifische Immunadsorption, „sehr frei von Nebenwirkungen“.

Darüber hinaus gibt es eine zweite Form dieser Behandlung, die ebenfalls in den vergangenen Jahren entwickelt worden ist, jedoch unspezifisch Auto-Antikörper mit Hilfe der Blutwäsche aus dem Körper der Betroffenen entfernt. Bei der „unspezifischen Immunadsorption“ kann es nach Aussage des Herzchirurgen „in einzelnen Fällen zu Begleitreaktionen kommen, die zu einem Abbruch der Behandlung führen“. Bisher wurden am Deutschen Herzzentrum Berlin über 100 Patienten, die an chronischer Herzmuskelschwäche leiden, mit diesen beiden Techniken behandelt. Die ersten positiven Ergebnisse sollen jetzt in multizentrischen Studien mit einer größeren Patientenzahl weiter überprüft werden, sagte er.

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Barbara Bachtler
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