Magersucht-Gen entdeckt

Wenn Menschen eine Magersucht entwickeln, spielt neben Einflüssen der Umgebung offenbar eine genetische Veranlagung eine Rolle.

Zu diesem Ergebnis kommen Dr. Ruth E. Urwin vom Kinderkrankenhaus im australischen Westmead und ihr Team jetzt in der Fachzeitschrift „Molecular Psychiatry”.

Die Forscher untersuchten die Magersucht-Variante, bei der die Betroffenen ihre Nahrungsaufnahme extrem einschränken. Bei einer anderen Variante erbrechen die Magersüchtigen einen Teil der Nahrung wieder. Von der Bulimie unterscheidet sich diese Variante allerdings dadurch, dass die Patienten keine „Fressanfälle“ haben, sondern ebenfalls nur wenig zu sich nehmen.

Magersüchtige erleben intensiv Stress und Ängste – Emotionen, an denen das so genannte Norepinephrin-System beteiligt ist. Ein bestimmtes Protein namens NET transportiert dabei den Nervenbotenstoff Norepinephrin zurück in die Nervenzellen. Das entsprechende NET-Gen liefert den Bauplan für dieses NET-Protein. Mittels eines Ein-Aus-Schalters im Gen wird geregelt, wie viel von dem Protein hergestellt wird. Ist das Erbgut in diesem Schalter verändert, kann das die Menge des Proteins steigern oder reduzieren. Da es auf diese Weise zu einer Krankheit kommen kann, nahmen die Forscher diesen Schalter unter die Lupe.

Dabei entdeckten sie bei gesunden Menschen ein noch unbekanntes, großes Stück Erbgut. Dieses Stück fanden sie in zwei Varianten vor, einer kurzen und einer langen Version. Als die Wissenschaftler nun Magersüchtig, die kaum etwas essen, und auch ihre Eltern überprüften, zeigte sich, dass die Eltern öfter die lange als die kurze Form an ihre Kinder weitergeben. Das zeige, dass Menschen mit der langen Form ein erhöhtes Risiko für diese Magersucht-Variante hätten, folgern die Forscher aus ihren Ergebnissen.

Von weiteren Studien zum Norepinephrin-System erhoffen sich die Forscher, die biologischen Mechanismen hinter der Magersucht weiter aufzuklären und damit auch neue Therapien zu entwickeln – um etwa die Art und Weise, wie die Betroffenen Stress empfinden, zu ändern. Dass oft der Familie die Schuld an der Magersucht gegeben werde, sei den neuen Erkenntnissen zufolge nicht gerechtfertigt, meinen die Experten. Nach ihren Angaben hat die verheerende Erkrankung, an der zumeist junge Frauen leiden, die höchste Todesrate aller psychiatrischen Erkrankungen.

Molecular Psychiatry (2002), Vol. 7, No. 6, pp. 652 – 657

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