Neue Empfehlungen der Ständigen Impfkommission

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut, STIKO, hat ihre Impfempfehlungen neu gefasst und im Epidemiologischen Bulletin 28/2002 veröffentlicht. Der Impfkalender, der bislang die allgemein empfohlenen Impfungen für Kinder und Jugendliche zusammenfasste, enthält nun auch die (zuvor an anderer Stelle der STIKO-Empfehlungen aufgeführten) generellen Impfempfehlungen für Erwachsene. Außerdem hat die STIKO die Gliederung der Impfungen, die Impfkategorien, erweitert und übersichtlicher gestaltet und sich erstmals zum Impfen bei fehlender STIKO-Empfehlung geäußert. Die sogenannte Postexpositionsprophylaxe („andere Maßnahmen der spezifischen Vorbeugung“) ist jetzt für weitere Erkrankungen empfohlen worden.

„Impfungen gehören zu den effektivsten und kostengünstigsten Maßnahmen der Prävention im Gesundheitswesen“, betont Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts. Unmittelbares Ziel der Impfung ist es, den Geimpften vor einer ansteckenden Krankheit zu schützen und das Infektionsrisiko für die Gemeinschaft zu verringern. Bei Erreichen hoher Durchimpfungsraten können einzelne Krankheitserreger eliminiert werden, sofern der Mensch einziger Wirtsorganismus ist. So ist die Eliminierung von Masern erklärtes Ziel auch in Deutschland. Für die Poliomyelitis ist dieses Ziel für Deutschland und Europa kürzlich erreicht worden. „Gerade jetzt ist die Polio-Impfung weiterhin unverzichtbar, jeder sollte ausreichend geimpft sein, um die erreichten Erfolge nicht zu gefährden. Es ist nicht auszuschließen, dass Polioviren durch infizierte Reisende aus Übersee nach Deutschland eingeschleppt werden, so dass ein umfassender Impfschutz auch hier unverzichtbar ist“, betont Reinhard Kurth. Nach den neuen STIKO-Empfehlungen gelten Personen mit vier oder mehr dokumentierten Polio-Impfungen als vollständig immunisiert.

Die STIKO gibt nicht nur Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen, sondern auch zur Durchführung anderer Maßnahmen der spezifischen Vorbeugung übertragbarer Krankheiten (§ 20 Infektionsschutzgesetz). So lässt sich für eine Reihe von Infektionskrankheiten bei einer Person, die Erregern ausgesetzt war, die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung verringern, entweder durch eine Art nachträgliche Impfung (aktive Immunisierung mit Impfstoff oder passiver Schutz durch Immunglobuline) oder durch Antibiotika beziehungsweise Virostatika. Solche Maßnahmen (die für die Ausnahmen gedacht sind, in denen eine vorbeugende Impfung nicht oder nicht mehr möglich ist) empfiehlt die STIKO jetzt auch für Haemophilus influenzae Typ B, Meningokokken-Infektionen, Pertussis und Diphtherie.

Die von der STIKO empfohlenen Impfungen sind sowohl hinsichtlich ihrer epidemiologischen Bedeutung als auch ihrer Kostenübernahme unterschiedlich. Sie sind in Kategorien eingeteilt. Die im Impfkalender aufgeführten Impfungen entsprechen in der neuen Kategorisierung den (mit einem „S“ gekennzeichneten) Standardimpfungen. Sie sind von hohem Wert für den Gesundheitsschutz des Einzelnen und der Allgemeinheit und deshalb für alle Angehörigen der jeweiligen Alters- oder Bevölkerungsgruppen empfohlen.

Der Impfkalender umfasst für Säuglinge Impfungen gegen Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Haemophilus influenzae Typ B, Hepatitis B, Poliomyelitis sowie für Kinder zwischen elf und vierzehn Monaten die Immunisierung gegen Masern, Mumps, Röteln. Kinder im Vorschulalter sollten eine Auffrischungsimpfung (A) gegen Diphtherie und Tetanus erhalten. Für Jugendliche werden Auffrischungsimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Polio und Pertussis empfohlen. Bei unvollständigem Impfschutz sollten die Impfungen vervollständigt werden. Insbesondere ist für Jugendliche eine vollständige Immunisierung gegen Hepatitis B und gegen Masern, Mumps, Röteln unverzichtbar. Für Erwachsene sind ebenfalls regelmäßige Auffrischungsimpfungen gegen Diphterie und Tetanus empfohlen und für die über Sechzigjährigen generell die Pneumokokkenimpfung (alle fünf Jahre) und die Influenzaimpfung (jährlich).

Indikationsimpfungen (I) betreffen Risikogruppen mit individuell erhöhtem Expositions-, Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko. So sollten zum Beispiel Zwölf bis Fünfzehnjährige, die nicht gegen Windpocken geimpft sind und die Erkrankung auch noch nicht durchgemacht haben, unbedingt geschützt werden. Durch ein „B“ markiert sind die Empfehlungen für Impfungen auf Grund eines erhöhten beruflichen Risikos, ein „R“ kennzeichnet Impfungen aufgrund von Reisen, ein „P“ die postexpositionelle Prophylaxe (einschließlich Riegelungsimpfungen) beziehungsweise andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe.

Neben den von der STIKO empfohlenen Impfungen sind auf der Basis der existierenden Impfstoffzulassungen weitere Impfindikationen möglich, die für eine individuelle gesundheitliche Situation sinnvoll sein können. Der Arzt sollte seine Patienten bei entsprechenden Voraussetzungen auf diese weiteren Schutzmöglichkeiten hinweisen. Insofern hindert auch eine fehlende STIKO-Empfehlung den Arzt nicht, seinem Patienten eine individuell sinnvolle Impfung nahe zu legen.

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