Neuer Ansatz für chronische Schmerz-Patienten

Schweizer Wissenschaftler haben Angriffspunkte für eine gezielte Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen identifiziert.

Die Forscher konnten im Mäuseversuch mit Benzodiazepinen im Rückenmark die Weiterleitung von Schmerzsignalen an das Gehirn hemmen. Damit ist es auch gelungen, die bei chronischen Schmerzen gestörte Filterfunktion des Rückenmarks wieder zu aktivieren, die normalerweise dafür sorgt, dass nicht jedes Schmerzsignal an das Gehirn gemeldet wird.

Die neuen Erkenntnisse wurden vom Pharmakologen Hanns Ulrich Zeilhofer von der Universität Zürich und der Eidgenössischen Technischen Hochschule auf einem internationalen Kongress zur Entwicklung und Funktion des Tastsinns und des Schmerzempfindens des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch präsentiert. „Jetzt ist die Pharmaindustrie gefordert, diese Ergebnisse für die Entwicklung von Schmerzmitteln zu nutzen, die für die Therapie beim Menschen geeignet sind“, meint der Forscher.

Vor allem bei chronischen Entzündungskrankheiten wie etwa der rheumatoiden Arthritis oder bei Nervenverletzungen bei Unfällen, leiden Patienten oft an starken und lang anhaltenden Schmerzen, die sich auch als plötzlich einsetzende Schmerzattacken äußern. Bereits leichte Berührungen empfinden sie als schmerzhaft. „Diese Schmerzen sind häufig die Folge einer gestörten Filterfunktion der Schmerz hemmenden Nervenzellen im Rückenmark“, meint Zeilhofer. Bei gesunden Menschen sorgen spezielle Nervenzellen im Rückenmark dafür, dass ein Schmerzreiz nicht ins Gehirn weitergeleitet wird. Der Botenstoff GABA hemmt die Weiterleitung von solchen Schmerzsignalen.

Die verabreichten Benzodiazepine, die den Mäusen injiziert wurden, können die hemmende Wirkung von GABA sogar noch verstärken, berichtet der Forscher. „Für eine dauerhafte Schmerztherapie sind solche Rückenmarksinjektionen nur in wenigen Fällen geeignet. Werden Benzodiazepine jedoch als Tablette verabreicht, rufen sie viele unerwünschte Wirkungen im Gehirn hervor.“ Sie machen müde und beeinträchtigen die Merkfähigkeit. Zudem verlieren diese Substanzen mit der Zeit ihre Wirkung und können süchtig machen. Klassische Benzodiazepine sind auch aus diesen Gründen für die Schmerztherapie ungeeignet.

Seit langem ist bekannt, dass mindestens vier Untergruppen von GABA-Rezeptoren auf Benzodiazepine ansprechen. Zeilhofer und sein Team haben in Versuchen mit gentechnisch veränderten Mäusen herausgefunden, dass die beiden Subtypen alpha 2 und 3 des GABA-Rezeptors im Rückenmark die Schmerzlinderung vermitteln. Im Tierversuch wurden bereits Wirkstoffe getestet, die spezifisch diese beiden GABA-Untergruppen aktivieren und die Weiterleitung von Schmerzreizen an das Gehirn unterbinden, ohne die typischen unerwünschten Wirkungen von klassischen Benzodiazepinen auszulösen.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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