Navigationsgesteuert und auf den Punkt gebracht: Präzisionsbestrahlung durch Kontakttherapie

(Berlin) Die Nahbestrahlung mit Hilfe von Nadeln und Kathetern, die sogenannte Brachytherapie, sorgt für eine konzentrierte Strahlendosis im Tumor und schont das umliegende Gewebe. Von ihr profitieren beispielsweise Frauen mit Brust- oder Gebärmutterhalskrebs und Männer mit Prostatatumoren berichten Experten auf dem morgen beginnenden Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie in Berlin

Die Brachytherapie, (griechisch für „Nahbestrahlung“) ist eine der ältesten Strahlentherapie-Methoden. Ärzte setzten sie bereits vor mehr als hundert Jahren nach der Entdeckung des Radiums von Marie und Pierre Curie erstmals ein. Im Gegensatz zu einer Bestrahlung von außen, mit der auch große Körpervolumina durchstrahlt werden können, werden dieser Therapie sehr kleine radioaktive Strahlenquellen in die Tumorregion eingebracht.

Neuerdings ermöglichen es computergesteuerte Navigationssysteme den Strahlentherapeuten, Nadeln oder Katheter noch präziser zu platzieren. Die Positionierung der Strahlenquellen ist von entscheidender Bedeutung, um die Strahlendosis im Tu-mor zu konzentrieren und das gesunde Gewebe zu schonen. Mit spezialisierter Computersoftware planen die Ärzte inzwischen die Positionierung dreidimensional vor. Ebenso berechnen sie die Verweildauer der Strahlenquelle in verschiedenen Positionen im Katheter. So lässt sich die Verteilung der Strahlendosis individuell an die Anatomie des Patienten und die seines Tumors anpassen.

Eingesetzt wird die Brachytherapie hauptsächlich bei der Behandlung von gynäkologischen Tumoren, Brustkrebs, Kopf-Hals-Tumoren, Prostatakarzinomen, Weichteilsarkomen, gelegentlich auch bei Hirntumoren. Als Strahlenquelle dient meist 192-Iridium. Ist das Ziel der Therapie die Heilung, kombinieren die Ärzte die Brachytherapie oft mit einer Bestrahlung von außen. Bei der symptomatischen (palliativen) Behandlung fortgeschrittener Tumoren kann die Brachytherapie beispielsweise Schmerzen lindern. Oft kann sie auch dann noch Beschwerden lindern, wenn eine externe Bestrahlung bereits dosismäßig „ausgereizt“ ist und nicht wiederholt werden kann ohne das gesunde Gewebe zu schädigen.

„Spickung“ der Brust – eine Alternative zur Bestrahlung von außen?

Ärzte der Universität Erlangen untersuchen derzeit, ob eine alleinige Brachytherapie für die Bestrahlung nach brusterhaltender Operation ausreichend ist und auf eine Bestrahlung von außen verzichtet werden kann. Bislang wurde das Verfahren an 17 Frauen erprobt. Nach der Computerberechnung mit einem speziellen Planungssystem implantierten die Strahlentherapeuten nach der Operation unter Narkose 10-12 feine Katheter in die Tumorregion. Die Berechnungen ergaben, dass mit dieser Methode die Haut geschont werden kann und somit ein noch besseres kosmetisches Ergebnis zu erwarten ist. Ob so gleich gute Heilungsraten erzielbar sind wie durch eine Bestrahlung von außen, können die Ärzte allerdings erst in einigen Jahren beurteilen.

Brachytherapie im Gesamt-Behandlungskonzept bei Gebärmutterhalskrebs

Im Klinikum Offenbach setzen Ärzte bei Patientinnen mit inoperablem Gebärmutterhalskrebs vor Beginn einer kombinierten Strahlen- und Chemotherapie eine Brachytherapie ein. Unter computertomographischer Kontrolle bringen sie Katheter durch Scheide und Damm in die tumorbefallene Gebärmutter ein. Die Behandlung erfolgt zweimal in wöchentlichen Abständen. Bislang wurden 21 Patientinnen mit dem neuen Therapieschema behandelt. Mit dem speziell entwickelten Planungssystem konnten die Ärzte am Gebärmutterhals höhere Dosen als mit herkömmlichen Verfahren erzielen. Enddarm und Blase, besonders strahlenempfindliche Organe, erhielten hingegen niedrigere Dosen als üblich.
Ultraschall-basierte Planung einer Prostataspickung mit 192-iridium

Zusätzlich zu einer Bestrahlung von außen oder auch als alleinige Maßnahme kann die Prostata mit einer sogenannten interstitiellen (in das Organgewebe eingebrachte) Brachytherapie behandelt und so vor Ort eine hohe Dosis erzielt werden. Radioonkologen planen die Therapie anhand einer Ultraschalluntersuchung und berechnen die optimale Lage der Katheter. Abhängig von der Organgröße spicken die Ärzte dann unter Narkose die Prostata mit 8-10 Nadeln. Erste Ergebnisse zeigen, dass mit diesem Verfahren eine hohe Dosis am Tumor erreicht wird, während man die empfindliche Harnröhre schonen kann. Die gesamte Prozedur nimmt lediglich 30 bis 45 Minuten in Anspruch.

Media Contact

Dipl. Biol. Barbara Ritzert idw

Weitere Informationen:

http://www.degro.org/

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