Wirkmächtige und kostensparende Sorge: Ambulante Palliative Care Teams brauchen Rechtsdauerhilfe

Die Krebsschmerz-Initiative Mecklenburg-Vorpommern trägt, die Lebensqualität fortgeschrittener Krebspatienten zu verbessern, bei. Etwa 480000 Tumorpatienten benötigen in Deutschland eine effektive palliativmedizinische Betreuung, aber ambulante Angebote gibt es bisher nur in wenigen Modellregionen. Forscher der Universität Greifswald zeigten überzeugend, dass die enge Vernetzung der Patientenbetreuung durch hauptamtliche Palliative Care Teams sich eignet, Tumorschmerzen effektiv zu lindern, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und Kosten im Gesundheitssystem einzusparen. Damit kann diese Betreuungsform zu einem Modell für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens werden. Dazu bedarf es einer Finanzierungsgrundlage für hauptamtliche Palliative Care Teams, die an der Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung arbeiten. Mit einem Modellprojekt hat das Bundesgesundheitsministerium (Az.: FB 2-43332-50/12) die Krebsschmerz-Initiative Mecklenburg-Vorpommern von 1997 bis 2001 mit umgerechnet annähernd 775000 Euro gefördert.Am 13. Mai 2002 übergaben die Verantwortlichen der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern und der Universität Greifswald den Abschlußbericht des Modellprojektes Krebsschmerz-Initiative Mecklenburg-Vorpommern der Parlamentarischen Staatssekretärin im Gesundheitsministerium Gudrun Schaich-Walch: die Krebsschmerz-Initiative Mecklenburg-Vorpommern betreute in Vorpommern pro Jahr 161 bis 210 weit fortgeschrittene Krebspatienten ambulant und stationär. Dazu besuchte ein Palliative Care Team aus Brückenarzt und Brückenschwester diese Patienten zu Hause regelmäßig. Bei der Vorstellung in Berlin berichtete Projektleiter Dr. Wolf Diemer von der Universität Greifswald, dass drei Palliative Care Teams an einem Standort in einer Region von 250000 bis 300000 Einwohnern über 500 Patienten pro Jahr betreuen können. Die enge Verzahnung von stationärer und ambulanter Betreuung dieser Patienten verbessert deren Lebensqualität, gleichzeitig resultiert eine Kosteneinsparung von über 280000 Euro – evaluiert vom Lehrstuhl für Betriebswirtschaft und Unternehmensbewertung der Universität (Prof. Matschke).Nach Abschluss des Modellprojektes erreichte die Krebsschmerz-Initiative Mecklenburg-Vorpommern, intensiv mit den Krankenkassenverbänden verhandeln, als erstes Modellprojekt in Deutschland eine Umsetzung in die Krankenkassenfinanzierung: die Landesverbände der Krankenkassen erklärten sich bereit, die Finanzierung für ein Jahr zu übernehmen. Anstelle dieser freiwilligen Zusage der Krankenkassen bedarf es für die Zukunft einer juristischen Grundlage für die Finanzierung dieser sowohl stationär als auch ambulant arbeitenden palliativmedizinischer Dienste. Hier liegt ein wichtiger Ansatzpunkt für die Gesundheitspolitik.Was sind Palliative Care Teams?

Palliativmedizin ist die Behandlung und Begleitung von Patienten mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung. Palliativmedizin bejaht das Leben und sieht Sterben als einen natürlichen Prozess; sie lehnt aktive Sterbehilfe in jeder Form ab (DGP). Palliative Care ist die aktive, ganzheitliche Behandlung und Pflege von Patienten, deren Krankheit nicht auf eine kurative Behandlung anspricht. Schmerztherapie, die Behandlung anderer Krankheitssymptome und psychischer, sozialer und spiritueller Probleme sind ihre Priorität. Das Ziel von Palliative Care ist beste Lebensqualität für die Patienten und ihre Familien. Viele Anteile von Palliative Care wären auch bereits im früheren Krankheitsverlauf zusammen mit der Tumortherapie anwendbar (WHO).Die Betreuung fortgeschrittener Krebspatienten mit hauptamtlichen Palliative Care Teams aus spezialisierten Brückenärzten und Brückenschwestern ist geeignet, die bisherigen Versorgungslücken zwischen stationärer und ambulanter Betreuung dieser Patientengruppe zu schließen. Das Palliative Care Team beginnt bereits während des Krankenhausaufenthaltes die optimale palliativ-medizinische Betreuung und bietet nach der Entlassung des Patienten weiter die engmaschige Betreuung an. Auch nachts und am Wochenende steht ein Palliative Care Team zur Krisenintervention zur Verfügung. Nur so lassen sich Krankenhauseinweisungen allein aufgrund unzureichender Schmerztherapie oder anderer palliativmedizinischer Hürden weitgehend vermeiden.
Deshalb bedarf es hauptamtlicher ambulanter Palliativdienste; diese sind bisher in Deutschland kaum im Einsatz. Von 1997 bis Mitte 2001 liefen zwei Modellprojekte des Bundesgesundheitsministeriums in Vorpommern und in Südniedersachsen. Deren ambulanten Palliative Care Teams leisten in Vollzeit palliativ-medizinische Arbeit und Krisenintervention sowie palliativ-pflegerische Anleitung und Begleitung direkt am ambulanten Patienten zu Hause in Kooperation mit den Angehörigen, ambulanten Pflegediensten, den Hausärzten und ambulanten Hospizdiensten. Teilweise werden bisher aber auch nur Brückenschwestern (in Baden-Württemberg) oder nur Home Care Ärzte (in Berlin) bezahlt, auch dort sollte multiprofessionelle Betreuung durch Palliative Care Teams aus Brückenschwestern und Brückenärzten eingeführt werden.
Die Arbeit der Palliative Care Teams aus Brückenärzten und -schwestern wird vor Ort durch die ehrenamtliche psychosoziale Betreuung der Patienten und ihrer Angehörigen durch ambulanter Hospizdienste ergänzt.
Wegen der völligen Trennung der Krankenhausfinanzierung und der Finanzierung der ambulanten medizinischen Versorgung in Deutschland fehlt bisher eine Finanzierungsmöglichkeit für diese Schnittstellen-übergreifenden Palliative Care Teams.
Interviewpartner und Originalarbeiten finden Sie im Internet bei http:/
Oberarzt Dr. Wolf Diemer: Tel. 0171-4014480, Fax 03834-86-5844

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Dr. Edmund von Pechmann

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