Neue Form von Blutfetterkrankung in Syrien entdeckt

Eine neue Form der erblich bedingten Stoffwechselerkrankung „familiäre Hypercholesterinämie“ (FH), bei der das Cholesterin im Blut dauerhaft er-höht ist, haben Genforscher der Franz-Volhard-Klinik für Herz-Kreislaufkrankheiten (Charité der Humboldt-Universität zu Berlin, Campus Berlin-Buch), des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch sowie der Universitäten Damaskus (Syrien), Bonn und Heidelberg, jetzt in einer syrischen Familie entdeckt. Ungewöhnlich ist, dass die Erkrankung offenbar von zwei Genen auf zwei verschiedenen Chromosomen, Chromosom 1 sowie Chromosom 13, ausgelöst wird. Die bisher bekannten FH-Formen gelten als monogenetisch, das heißt ihnen liegt jeweils ein defektes Gen zu Grunde. Die Arbeit von Hussam Al-Kateb und Prof. Friedrich Luft* ist jetzt in dem renommierten amerikanischen Fachblatt Circulation Research (Mai 17, 2002, 90) erschienen.

Die Forscher hatten insgesamt 72 Mitglieder einer Drusenfamilie in Syrien untersucht. Drusen sind Angehörige einer isoliert lebenden ethnischen Gruppe in Syrien und im Libanon. Bei drei Mitgliedern der Familie im Alter zwischen 26 und 30 Jahren stellten die Wissenschaftler die üblichen Anzeichen der familiären Hypercholesterinämie fest, wie überhöhte Cholesterinwerte und gutartige, zum Teil sehr große Fettgeschwulste (Xanthome) an den Gelenken. Die Betroffenen hatten aber weder Arterienverkalkung (Arteriosklerose) noch Herzinfarkte aufzuweisen und sie sprachen auch nicht auf eine Behandlung mit Cholesterinsenkern an. Eine anschließende Genomanalyse ergab, dass zwei Gene auf Chromosom 1 und 13 für diese Krankheit verantwortlich sind. Die Forscher haben auch den genetischen Defekt (die Mutation) in dem Gen auf Chromosom 1 identifiziert.

Erst vor zwei Jahren hatten Forscher der Volhard-Klinik, des MDC und des Ha-dassah University Hospitals in Jerusalem (Israel) die Existenz eines Cholesterin senkenden Gens auf Chromosom 13 bei Mitgliedern einer arabischen Familie mit familiärer Hypercholesterinämie sowie bei gesunden, zweieiigen Zwillingen nachgewiesen. Die Frage, ob es sich bei beiden Familien um das gleiche Gen auf Chromosom 13 handelt, muss noch geklärt werden.

Fünf Prozent der Herzkrankheiten, die vor dem 55. Lebensjahr auftreten, sind nach Schätzungen von Spezialisten die Folge der familiären Hypercholesterinämie. Bei dieser Erkrankung kann die Leber das Cholesterin nicht abbauen, es steigt im Blut übermäßig an und lagert sich schließlich in den Arterien ab. Es kommt zur Arteriosklerose. Betroffene erleiden bereits in jungen Jahren einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Weltweit sind etwa zehn Millionen Menschen von dieser Krankheit betroffen. Ursache sind Genveränderungen (Mutationen) im LDL-Rezeptor, einer Bindungsstelle für Cholesterin an der Oberfläche von Leberzellen. Der LDL-Rezeptor schleust das Cholesterin aus dem Blut in die Leberzellen, wo es abgebaut wird. Ist der Rezeptor durch eine Mutation verändert, kann er diese Aufgabe nicht mehr erfüllen.

Ziel der Wissenschaftler ist es jetzt, das verantwortliche Gen auf Chromosom 13 zu identifizieren. Von der Entschlüsselung der Gene erhoffen sie sich ein besseres Verständnis für die Mechanismen des Fettstoffwechsels und die Entstehung der Arteriosklerose sowie neue Möglichkeiten der Therapie, etwa durch die Entwicklung einer neuen Klasse von Cholesterin senkenden Medikamenten.

*Mutation in the ARH Gene and a Chromosome 13q Locus Influence Cholesterol Levels in a New Form of Digenic-Recessive Familial Hypercholesterolemia
Hussam Al-Kateb, Sylvia Bähring, Katrin Hofmann, Konstantin Strauch, Andreas Bus-jahn, Gudrun Nürnberg, Muhidien Jouma, Eckehard K.F. Bautz, Hans A. Dresel, Friedrich C. Luft

From the Franz Volhard Clinic and Max Delbrück Center for Molecular Medicine (H.A.-K., S.B., K.H., A.B., G.N., F.C.L.); Medical Faculty of the Charité, Humboldt University of Berlin, Germany; the Department of Biochemistry (H.A.-K., M.J.); College of Pharmacy, University of Damascus, Syria; Institute of Molecular Genetics and Faculty of Medicine (H.A.-K., E.K.F.B., H.A.D.); University of Heidelberg; Institute for Medical Biometry (K.S.); Informatics and Epidemiology, University of Bonn; and Infogen GmbH (A.B.), subsidiary of Valigen NV, Berlin, Germany.

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Barbara Bachtler
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