Aufmerksamkeitsstörungen: Ambulante Behandlungen helfen

„Die ambulant arbeitenden Spezialisten behandeln vielfältig und wirksam“, fasst der Marburger Kinder- und Jugendpsychiater Professor Dr. Fritz Mattejat die Ergebnisse der Studie zusammen, „und die Behandlungen helfen den Patienten.“ Der Leiter der Arbeitsgruppe Therapieevaluation an der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Philipps-Universität präsentierte die Ergebnisse der Studie gestern bei einem Werkstattgespräch der KBV in Berlin.

Kinder mit Aufmerksamkeitsproblemen stellen in Praxen, die sich um Kinder- und Jugendliche mit Verhaltensproblemen kümmern, die größte Patientengruppe. Die Häufigkeit der Diagnose ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Meist bekommen die Kinder Ergotherapie, Medikamente, oder auch Trainings und Psychotherapie – häufig aber von unterschiedlichen Behandlern, die oftmals nichts von den Behandlungsbemühungen ihrer Kollegen wissen.
Um die verschiedenen ambulant tätigen Ärzte und Therapeuten besser miteinander zu vernetzen und für alle Patienten Diagnostik und Behandlung auf einem hohen Niveau sicherzustellen, wurde 2009 in Baden-Württemberg ein Vertrag zur qualitätsgesicherten Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS eingeführt. „Der ADHS-Vertrag verbessert die Versorgung der betroffenen Kinder und Jugendlichen“, sagt Mattejat, dessen Arbeitsgruppe Therapieevaluation den Erfolg des Vertrages wissenschaftlich untersucht hat. „Je mehr die zentralen Aspekte des Vertrages umgesetzt wurden, desto besser fällt das Ergebnis der Behandlung aus“, führt der Psychiater aus.

Die Marburger Forscher haben für die Studie mit 25 ambulanten Praxen zusammen gearbeitet. 11 Kinder- und Jugendpsychiater, 9 Kinderärzte und 5 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten haben insgesamt 228 ihrer Patienten für die Studienteilnahme gewinnen können. Die Hälfte davon war in besagten Vertrag zur qualitätsgesicherten Versorgung eingeschrieben, der Rest wurde unabhängig von der Vereinbarung versorgt. Die Marburger Arbeitsgruppe befragte die Eltern der Patienten in regelmäßigen Abständen und erhob Informationen über die durchgeführte Diagnostik, die Behandlungen und die Symptombelastungen der Patienten.

Es zeigte sich, dass die Störungen der Patienten sorgfältig diagnostiziert wurden. „Das Klischee vom überlasteten Weißkittel, der das Kind einmal kurz anschaut und dann zum Rezeptblock greift, hat in den von uns untersuchten Praxen keine Gültigkeit“, berichtet Mattejat. „Nur ein verschwindend geringer Teil der Patienten bekommt lediglich Medikamente, ohne dass weitere Therapien durchgeführt werden“, ergänzt die Psychologin Katja John, die Koordinatorin der Studie. „Die meisten Patienten erhalten eine so genannte multimodale Behandlung, das heißt eine Kombination unterschiedlicher Maßnahmen, die zum Beispiel auch intensive Arbeit mit den Eltern umfasst.“

Nach einem Jahr Studiendauer zeigten sich signifikante Verbesserungen der Symptomatik der Patienten, insbesondere der Aufmerksamkeitsprobleme der Kinder und Jugendlichen. Mattejat: „Es wird deutlich, dass der ADHS-Vertrag an der richtigen Stelle ansetzt. So konnten wir etwa zeigen, dass das Ergebnis einer Behandlung umso günstiger ausfällt, je klarer den Eltern ist, was die Diagnose für ihr Kind bedeutet und wie die Behandlung aussehen wird. Außerdem ist es wichtig mit der Behandlung früh zu beginnen, bevor sich die Symptomatik verfestigt.“

Auch in Hessen gibt es Überlegungen, einen Vertrag auszuhandeln, um die Versorgung von betroffenen Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Aus Sicht der Marburger Therapieforscher ist das zu begrüßen.
(Pressetext: Katja John)

Weitere Informationen:
Ansprechpartnerin: Katja John,
Fachbereich Medizin
Tel.: 06421 58-63118
E-Mail: katja.john@med.uni-marburg.de

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