Silber-Nanodraht senkt Kosten für organische Solarzellen

Sie haben die bisher üblichen Elektroden aus Indiumzinnoxid (ITO) durch Silber-Nanodrähte ersetzt, welche vor allem mit geringeren Kosten für Material und Verarbeitung punkten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher jüngst in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Advanced Energy Materials (1).

Organische Solarzellen unterscheiden sich deutlich von gewöhnlichen Siliziumzellen, die aus Freilandanlagen oder von Hausdächern bekannt sind. Die für den Photoeffekt verantwortlichen Schichten bestehen bei organischer Photovoltaik aus rein synthetisch hergestellten Materialien, speziellen Polymeren und Fullerenen. Mit dem synthetischen Material verbinden sich viele Vorteile: Die Solarzellen sind dünn wie Klarsichthüllen und biegsam. Sie können lichtdurchlässig und in verschiedenen Farben hergestellt werden. Durch diese Besonderheiten eignen sie sich – anders als kristalline Solarzellen – auch für den Einsatz in Textilien und als Gestaltungselemente in der Architektur, beispielsweise an Fassaden oder in Fenstern.

Ein Hemmschuh für den kommerziellen Durchbruch organischer Solarzellen sind bisher die Kosten, Effizienz und Haltbarkeit. Insbesondere die Kosten werden durch die Ergebnisse der FAU-Wissenschaftler sinken – vor allem semitransparente Solarzellen erhalten einen Entwicklungsschub. Die Herstellung dieser Zellen verlangte bisher den Einsatz von ITO als Material für die Elektroden: Es war das einzige Material, das die notwendigen guten elektrischen Leiteigenschaften mit der benötigten Lichtdurchlässigkeit der Elektroden verband. Über die Elektroden fließen die in der photoaktiven Schicht erzeugten Ladungen als Strom ab. Indium ist dabei nicht nur ein kostenintensiver Rohstoff, das Indiumzinnoxid muss bei der Herstellung zudem in einem teuren Vakuumprozess verarbeitet werden. Dafür fällt bei der Produktion der größte Teil der Energie an.
Dem FAU-Wissenschaftler Fei Guo gelang es nun, ITO durch feinste Silberdrähte als Elektroden zu ersetzen. Guo ist Mitglied der Forschergruppe, die von Prof. Dr. Christoph Brabec, Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Werkstoffe der Elektronik und Energietechnik), koordiniert und von den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Marcus Halik, Prof. Dr. Dirk Guldi und Prof. Dr. Erdmann Spiecker unterstützt wird. Die Forscher spannten ein Drahtnetz mit einer Dicke im Nanometerbereich über die photoaktive Schicht der Solarzellen: elektrisch leitfähig und gleichzeitig grobmaschig genug, um genügend Licht in die Zelle und durch sie hindurch zu lassen. Die Tests an Referenzzellen ergaben, dass diese neue Variante bezüglich ihrer Leistung gleichauf liegt mit den konventionell hergestellten organischen Solarzellen. Mit 63 Prozent Füllfaktor – einer der Indikatoren für die Effizienz von Solarzellen – erreichten die Forscher sogar den höchsten bisher dokumentieren Wert für organische Solarzellen, die in einem reinen Druckverfahren hergestellt wurden. Bei mehr als 50 hergestellten weiteren Zellen bewegte sich der Füllfaktor mit 58 bis 62 Prozent nur geringfügig darunter.

Neben ähnlicher Leistungsfähigkeit bietet das neue Material jedoch deutliche Vorzüge: Silber-Nanodraht ist wesentlich günstiger als ITO und auch die Produktion wird kostengünstiger und weniger energieintensiv: Semitransparente Solarzellen können nun komplett im Druckverfahren produziert werden. Die einzelnen Komponenten sind dabei in Flüssigkeit gelöst und werden als Tinte auf eine dünne Plastikfolie nacheinander aufgedruckt und getrocknet. Der Vakuumprozess entfällt. Auf vergleichsweise einfache Weise können so riesige Solarbögen hergestellt werden.

Die jetzt vorgelegten Forschungsergebnisse sind darüber hinaus relevant für organische LEDs, die derzeit unter anderem als Beleuchtung von Handydisplays dienen, sowie für intransparente organische Solarzellen. Laptopnutzer könnten ihr Gerät in Zukunft zum Beispiel direkt über die Notebooktasche laden, in deren Stoff eine solche intransparente Solarzelle eingenäht ist. Auch hier zeigen die Silber-Nanodraht-Elektroden potenzielle Stärken: Sie sind deutlich biegsamer als ITO-Elektroden, welche bei starker Beanspruchung leichter brechen.
Die Arbeit entstand im Rahmen des Exzellenzclusters Engineering of Advanced Materials (EAM), der eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und der praktischen Anwendung schlägt. Die FAU-Wissenschaftler zeigen mit ihren Ergebnissen Einsparpotenziale auf, die die Technik für neue Massenmärkte attraktiv macht. Langfristig könnten sie damit sogar der konventionellen Photovoltaik auf Hausdächern oder im Freiland Konkurrenz machen.

1) Advanced Energy Materials (2013)/doi: 10.1002/aenm.201300100

Weitere Informationen für die Medien:
Prof. Dr. Christoph Brabec
Tel.: 09131/85-25426
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