Schmucksteine aus synthetischem Diamant

Eine Vielzahl einkristalliner Diamantschichten kann in dem Reaktor parallel abgeschieden werden. Fraunhofer IAF

Forscher haben nun das Verfahren zur Herstellung von synthetischem Diamant so weit ausgereift, dass in einem Plasma-Reaktor 600 Diamanten gleichzeitig gewachsen werden können. Der weltweit einzigartige Reaktortyp des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF in Freiburg ermöglicht die Herstellung von einkristallinen Diamanten mit sehr hohem Reinheitsgrad.

»Diamonds are a girl’s best friend« sang Carol Channing schon 1949. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Diamant als Schmuckstein ist begehrt – vor allem in den USA, China und Europa. In fünf Jahren soll die Nachfrage nach Rohdiamanten das Angebot sogar übersteigen, sagt eine Studie von Bain & Company und dem Antwerp World Diamond Centre, die Anfang März 2015 veröffentlicht wurde.

Künstlich hergestellter Diamant könnte den Markt zukünftig bereichern und eine Alternative zu der knappen, natürlichen Ressource sein. Wurde bislang die aufwendige Herstellung von sogenannten »man-made diamonds« bemängelt, präsentieren Forscher des Fraunhofer IAF nun ein Verfahren, das die serielle Produktion von einkristallinem Diamant ermöglicht.

Plasma-Reaktor lässt 600 Diamanten gleichzeitig wachsen

»600 Diamanten können wir in unserem Plasma-Reaktor gleichzeitig wachsen. Das ist weltweit einzigartig«, erklärt Dr. Christoph Nebel, Abteilungsleiter am Fraunhofer IAF. »Die besondere Bauform des Reaktors ermöglicht es, ein großvolumiges Plasma zu erzeugen und damit Diamant auf einer großen Fläche abzuscheiden«.

Innerhalb von zehn Tagen können so in dem Reaktor bis zu 600 Substrate, je 3 x 3 x 0,3 mm3 groß, mit einkristallinem Diamant überwachsen werden. Dies entspricht einer Menge von 190 Karat Schmuckdiamant. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Mit einer Konzentration von Fremdatomen kleiner als 1016 cm-3 weist der künstlich hergestellte Diamant eine höhere Reinheit auf als sein natürliches Pendant.

»Mit dem bloßen Auge ist natürlicher von synthetischem Diamant nicht zu unterscheiden«, ergänzt Nebel. Nur rund 15 Prozent des in der Natur abgebauten Rohdiamanten werden als Schmuckstein etwa in einem Kollier oder Ring verwendet, da der Großteil der Steine zu unrein oder die Form ungeeignet ist. Bei dem aufwendigen Abbau des natürlichen Diamantvorkommens werden Mensch und Umwelt zudem stark in Mitleidenschaft gezogen. Dank der synthetisch hergestellten Steine könnte zukünftig »nachhaltiger« Schmuck angeboten werden.

Chemische Gasphasenabscheidung optimiert

In über 15 Jahren haben die Forscher am Fraunhofer IAF die Abscheidung von polykristallinen Diamantschichten mittels Mikrowellen-Plasma-unterstützter chemischer Gasphasenabscheidung (engl. »Microwave Plasma Chemical Vapor Depostion«, MWPCVD) perfektioniert.

Die besondere Bauform des Reaktors resultiert aus dem ellipsoiden Reflektor. Über Multiantennen-Geometrie wird die Mikrowelle in den Reaktionsraum eingekoppelt. Mittlerweile ist das Verfahren so ausgereift, dass eine Vielzahl einkristalliner Diamantschichten parallel in relativ kurzer Zeit abgeschieden werden kann.

Konkurrierende Verfahren wie das Hochdruck-Hochtemperatur-Verfahren (engl. »High-Pressure High-Temperature«, HPHT) haben es bislang nicht geschafft, Diamanten mit so hohem Reinheitsgrad in großen Mengen zu prozessieren.

Der hierbei benötigte hohe Druck und eine Temperatur von über 1500 °C erlauben nur die Züchtung einzelner Kristalle. Anders bei der chemischen Gasphasenabscheidung am Fraunhofer IAF: in einem Niederdruckverfahren werden die Diamantkristalle bei einer Temperatur von 800 °C mit hoher Wachstumsrate gezüchtet.

Diamant ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch in Kombination mit beispielsweise Bor oder Phosphor ein vielversprechender Halbleiter. Aufgrund seiner außergewöhnlichen Wärmeleitfähigkeit ermöglicht Diamant als Grundmaterial für elektronische Bauelemente sehr hohe Leistung ohne externe Kühlung. So kann er zukünftig nicht nur in Schmuck sondern unter anderem in Leistungsbauelementen für die Satelliten-Kommunikation, Linsen für Hochenergie-Laser oder Einzelphotonen-Emittern eingesetzt werden.

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Media Contact

Sonja Kriependorf Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF

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