RUB-Werkstoff-Engineering: Dem Zufall auf die Sprünge helfen

Um komplexe Hochleistungswerkstoffe zu entwickeln, kann sich die Forschung nicht auf Zufallsfunde verlassen. RUB-Werkstoffwissenschaftler stellen daher gezielt eine hohe Anzahl verschiedener Legierungen aus drei oder mehr Ausgangsstoffen in einem Experiment her und untersuchen die so entstehenden Materialbibliotheken automatisiert mit Hochdurchsatzmethoden.

Die Chancen für die Erfindung neuer Werkstoffe stehen gut: Nur ein Bruchteil der unzähligen möglichen Kombinationen nutzbarer Ausgangsstoffe ist bislang bekannt und erforscht.

Die Forscher um Prof. Dr. Alfred Ludwig berichten in der aktuellen Sonder-Ausgabe von RUBIN, dem Wissenschaftsmagazin der RUB.

Die wenigsten Kombinationen sind untersucht

Neue Werkstoffe spielen eine große Rolle bei technischen Innovationen. Bisher war die Entdeckung wichtiger Werkstoffe oft durch glückliche Zufälle begünstigt, wie z.B. beim zurzeit wichtigsten Formgedächtniswerkstoff Nickel-Titan. Auf den Zufall kann man sich aber nicht immer verlassen. Heutige Höchstleistungswerkstoffe sind hochkomplex und ihre Neu- oder Weiterentwicklung erfordert große Anstrengungen. Die Chancen für die Erfindung neuer Werkstoffe sind durchaus gegeben: Wenn man aus dem Periodensystem z.B. nur 50 mögliche Ausgangselemente auswählt, ergeben sich bereits ca. 20.000 Kombinationsmöglichkeiten für dreikomponentige Systeme und über 200.000 für vierkomponentige. Die wenigsten davon sind experimentell untersucht.

Sputter-Anlage stellt in einem Experiment ganze Bibliothek her

Um dabei voranzukommen, erstellen Forscher der RUB Materialbibliotheken, die sie automatisiert im Hochdurchsatz untersuchen können. Dabei werden drei oder mehr Ausgangsmaterialien in einer so genannten Sputter-Anlage gleichzeitig oder nacheinander auf ein Trägermaterial, einen Wafer, abgeschieden. Durch den Beschuss mit Argon-Ionen werden einzelne Atome aus den ursprünglichen Feststoffen herausgelöst. Sie schlagen sich dann auf dem Wafer nieder. Durch die gewählten Winkel der Quellen zum Wafer entsteht jeweils eine keilförmige Schicht des Ausgangsmaterials. Je nachdem, ob verschiedene Quellen gleichzeitig oder zeitversetzt zum Einsatz kommen, überlagern sich diese Schichten oder die Materialien durchmischen sich. Die Temperatur ist bei dem Prozess einstellbar, weil auch sie Einfluss auf das Ergebnis hat. An jedem Punkt des Wafers entsteht so eine ganz eigene Mischung, eine Materialbibliothek. Die Forscher um Prof. Alfred Ludwig untersuchen diese Bibliothek dann mit Hochdurchsatzverfahren auf verschiedene Eigenschaften. Stellt sich ein Punkt auf dem Wafer als viel versprechend heraus, wird das entsprechende Material weiter untersucht.

Weitere Themen in RUBIN Werkstoff-Engineering

Im RUBIN Werkstoff-Engineering finden Sie außerdem folgen Themen: Blitzschnell verschleißbeständige Bauteile; Widerstandsfähig gegen Rost und Reibung: Pumpenzentrum kümmert sich um das allgegenwärtige Stiefkind der Forschung; Die Sonne Wasser spalten lassen; Wenn Superlegierungen versetzt werden; Zerreißprobe: Wie Hitze die Mikrostruktur von Stahl durcheinanderbringt; Geflochtene Implantate; Bei extremer Kälte dem Magnetfeld widerstehen; Leichter abheben; Heißer ist besser: Kraftwerke umweltschonender machen; Wie eine lebende Haut: Neue Korrosionsschutzschichten sollen Defekte selbstständig heilen; … und wenn sich der Wasserstoff nicht nur im Tank befindet?: Ingenieure untersuchen Gefahren durch Wasserstoff in hochfesten Stählen; Vom Atom zum Werkstoff: Interdisziplinäre Materialsimulation zu leichten Elementen in Eisen und Stahl. RUBIN ist in der Stabsstelle Strategische PR und Markenbildung zum Preis von 5 Euro erhältlich und online unter http://www.rub.de/rubin

Weitere Informationen

Prof. Dr.-Ing. Alfred Ludwig, Werkstoffe der Mikrotechnik, Institut für Werkstoffe, Fakultät Maschinenbau, Ruhr-Universität Bochum, Tel. 0234/32-27492, alfred.ludwig@rub.de

Sonderforschungsbereich 459 : http://www.rub.de/sfb459
Werkstoffe der Mikrotechnik: http://www.rub.de/wdm
Redaktion: Meike Drießen

Media Contact

Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.rub.de/rubin

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

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