Proteinfasern werden zu elektrischen Drähten

Schwedische Forscher haben erfolgreich elektrische Drähte aus kunststoffumhüllten Proteinfasern hergestellt.

„Wir haben erstmals Proteine hergestellt, die Strom sehr gut leiten, aber auch als Halbleiter beispielsweise in Transistoren dienen können“, erklärt Mahiar Hamedi, der den Herstellungsprozess mit seinen Kollegen an der Division for Biomolecular and Organic Electronics der Universität Linköping entwickelt hat. Die nur zehn Nanometer dicken Fasern sind selbstorganisierend, kompatibel zu biologischen Systemen und auch einfach in der Herstellung. „Biomoleküle wie Proteine als Bausteine stellen eine faszinierende Möglichkeit für organische Nanoelektronik dar“, betont Hamedi gegenüber pressetext. Die denkbaren Einsatzgebiete seien äußerst vielseitig.

Die Nanofasern können in normalen Reagenzgläsern hergestellt werden. Die Basis bilden Amyloidfasern. Das sind natürlich vorkommende, lange, stabile Proteinfasern, die unter anderem für Nervenerkrankungen bei Tieren und Menschen verantwortlich gemacht werden. So galt Amyloid lange als Alzheimer-Auslöser, obwohl das von aktuellen Forschungsergebnissen in Frage gestellt wird (presstext berichtete: http://pte.at/pte.mc?pte=081117027). Überzogen werden sie mit einem leitenden Polymer genannt PEDOT-S. Dazu werden beide Substanzen in Wasser gelöst, worauf sich der Kunststoff am Protein anlagert. So entsteht eine wenige Atome dicke, leitende Hülle. „Das schöne an diesem Selbstherstellungsprozess ist, mit welcher Leichtigkeit sich PEDOT-S direkt im Wasser an die Amyloidfäserchen bindet – ohne Erhitzen und innerhalb weniger Minuten“, beschreibt Hamedi.

Hamedi und Kollegen haben mit ihren Nanofasern als Kanalmaterial voll funktionsfähige elektrochemische Transistoren gefertigt, die bei Spannungen von bis zu 0,5 Volt arbeiten. Was das weitere Potenzial der Entwicklung betrifft, betonen die Forscher, dass die Fasermoleküle dazu gebracht werden können, sich in einer gewünschten Form anzuordnen. So könnten günstig und effizient winzige, dreidimensionale Schaltkreise hergestellt werden. Transistoren, Leuchtdioden und Solarzellen wären denkbar, doch besonderes Potenzial versprechen sie dort, wo das klassische Silizium an seine Grenzen stößt. „Organische Nanoelektronik auf Biomolekülbasis könnten deutlich geeigneter für biokompatible Elektronik sein“, meint Hamedi gegenüber pressetext.

Das Überziehen der Amyloidfasern mit Kunststoff ist eine Miniaturisierung einer Methode, welche die Schweden schon im Vorjahr vorgestellt hatten. Damals haben sie mit 1.000 Mal dickeren Textilfasern gearbeitet und Filamente mit zehn bis 100 Mikrometern Durchmesser wurden mit leidenden Polymeren überzogen. Die leitenden Fasern waren zum Verweben in Stoffe gedacht, die so zu elektronischen Geräten oder Sensoren werden können.

Media Contact

Thomas Pichler pressetext.austria

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