Neue Gummiwerkstoffe: Leitfähig bzw. hoch temperaturbeständig

Leitfähig wie Metall: Elastomermatrix gefüllt mit mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren (CNT-Gehalt: 10 phr, d.h. 10 Prozent Masseanteil im Verbund) TEM-Aufnahme. IPF Dresden, U. Reuter

Bisher unerreichte Eigenschaften und damit neue Anwendungsgebiete für Gummiwerkstoffe – das versprechen Forschungsergebnisse aus dem Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF), die jetzt von renommierten Fachzeitschriften zur Veröffentlichung angenommen wurden.

In der Arbeitsgruppe von Dr. Amit Das und unter der Leitung von Prof. Gert Heinrich wurden im Rahmen laufender Promotionsarbeiten durch den Einsatz neuer Füllstoffe und Mischungstechnologien leitfähige bzw. hoch temperaturbeständige Gummiwerkstoffe entwickelt.

Frau Kalaivani Subramaniam gelang erstmals die Herstellung eines Gummiwerkstoffs mit einer sehr hohen elektrischen Leitfähigkeit, die sich der von Metallen sogar annähert. Hergestellt wurde er durch eine Mischungstechnologie, bei der unter Zuhilfenahme geeigneter niedermolekularer Verbindungen eine große Menge an leitfähigen sogenannten Kohlenstoff-Nanoröhren optimal in der Kautschukmatrix dispergiert werden konnte.

Das auch mechanisch hervorragend stabile und belastbare Material bietet völlige neue Anwendungsmöglichkeiten. Vorstellbar sind zum Beispiel elektronische Schaltkreise auf hochflexiblem Trägermaterial. Mit der neuartigen Kombination von Eigenschaften und Funktionen würden sich diese besser als bisher verfügbare Bauelemente in komplexe Systeme integrieren lassen, u.a. als flexible Roboterteile. Am konkreten Beispiel eines Fußes für einen humanoiden Roboter war im Rahmen einer am IPF betreuten Diplomarbeit kürzlich gezeigt worden, welche Funktionsoptimierungen durch den Einsatz von Elastomeren im Verbund mit Faserverbundwerkstoffen möglich sind; eine zusätzliche Integration von elektrischer Leitfähigkeit in den Elastomerwerkstoff eröffnet nun weitere interessante Potenziale.

Von Herrn Sandip Rooj konnten Elastomere mit einer bisher nicht erreichten Temperaturbeständigkeit hergestellt werden. Die für Elastomere bereits sehr gute Temperaturbeständigkeit von Fluorkautschuken wurde durch die Dispersion und gezielte Einbindung von Halloysite-Nanoröhrchen, speziellen röhrchenartigen Füllstoffen aus der Mineralklasse der Aluminosilikate, in die Kautschukmatrix nochmals deutlich erhöht. Die thermische Zersetzungstemperatur wurde von 400 °C für konventionelle Fluorkautschuke auf 450 °C für die neuen Fluorelastomer-Komposite gesteigert. Wichtiger Effekt für Anwendungen ist, dass damit auch die Dauer-Temperaturbeständigkeit bei üblichen Einsatztemperaturen (im Motorraum von Fahrzeugen z. B. bei meist 150 bis 200 °C) verbessert wird – und mit ihr letztlich die Lebensdauer von thermisch beanspruchten Gummi-Bauteilen.

Die neuartigen robusten Elastomere, die zugleich ein gutes Flammwidrigkeitsverhalten aufweisen, bieten sich besonders für den Einsatz bei hohen Gebrauchstemperaturen und unter hohem Druck an, zum Beispiel für Hochleistungsdichtungen in Industrieanlagen oder auch extrem druckbeanspruchte Dichtungen in Motoren von Tiefseeförderanlagen.

Die Arbeiten werden auch auf der internationalen Tagung EUROFILLERS 2011 vorgestellt, die das IPF vom 21. bis 25. August 2011 in Dresden ausrichtet und zu der ca. 170 Fachleute aus 25 Ländern erwartet werden.

Fachlicher Kontakt: Prof. Dr. Gert Heinrich, gheinrich@ipfdd.de, 0351 4658-361

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Kerstin Wustrack idw

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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