Klimakiller Zement: Wie sich mit Industrieabfällen CO2-neutrale Alternativen herstellen lassen

Bild eines Puzzolan-Abbaus in Guatemala. Dort werden große Mengen vulkanischer Aschen zu Zementen zugesetzt, um den CO2-Ausstoß zu senken. Herbert Pöllmann

Der Grundrohstoff für Zement ist Kalkstein, der in großen Öfen in Zementklinker umgewandelt wird. Die Ökobilanz dieses Vorgangs ist allerdings fatal. „Pro Tonne Kalkstein wird bei der Herstellung von Zement etwa eine Tonne Kohlenstoffdioxid freigesetzt.

Der wesentliche Anteil davon stammt aus dem Kalkstein selbst“, sagt der Geowissenschaftler Prof. Dr. Herbert Pöllmann von der MLU. Ließe sich der Kalkstein bei der Produktion von Zement ersetzen, ergebe sich daraus ein enormes Einsparpotential, so der Forscher weiter. Notwendig sei es aber, Stoffe herzustellen, die die gleichen vorteilhaften Eigenschaften wie klassischer Zement haben.

Auf der Suche nach alternativen Ausgangsstoffen sind die Forscher aus Halle bei zwei Arten von Industrieabfällen fündig geworden: Reststoffe aus der Kaolin- und Aluminiumproduktion.

„Eigentlich gefällt mir der Begriff Industrieabfälle nicht. Es handelt sich um industrielle Reststoffe, die sich noch hervorragend weiterverwenden lassen, zum Beispiel für die Produktion von alternativen Zementen“, sagt Pöllmann.

Für die neue Studie testete sein Team verschiedene Mischverhältnisse und analysierte die physikalischen Eigenschaften der neu produzierten Zemente. Dabei zeigte sich, dass mit den beiden Reststoffen Zemente hergestellt werden können, die über die gleichen Eigenschaften wie konventionelle Mischungen verfügen.

Der Vorteil der beiden Reststoffe, die die halleschen Mineralogen untersucht haben: Sie enthalten kein Kohlenstoffdioxid, das bei der weiteren Verarbeitung freigesetzt werden könnte. „Und es entstehen in großen Mengen Zemente, die super verwendbar sind“, sagt Pöllmann weiter.

Mit seinem Team beschreibt er in der neuen Studie auch detailliert die Mischverhältnisse und Produktionsschritte für die umweltfreundlicheren Zemente. Produzenten könnten, so der Forscher, einerseits komplett auf die klimafreundlicheren Stoffe umschwenken oder Mischzemente herstellen, die einen geringeren Kalksteinanteil aufweisen und so ebenfalls klimaschonend sind.

Das Verfahren hat allerdings seine Grenzen: „Die industriellen Reststoffe reichen nicht aus, um den globalen Zementbedarf zu decken“, sagt Pöllmann. Deshalb sucht er mit seinem Team auch nach geeigneten Naturprodukten, wie vulkanischen Aschen oder verschiedenen mineralischen Rohstoffen, die bisher nicht industriell verwertet werden und kein CO2 freisetzen, zum Beispiel verschiedene Tone.

Galluccio S, Beirau T, Pöllmann H. Maximization of the reuse of industrial residues for the production of eco-friendly CSA-belite clinker. Construction and Building Materials (2019). doi: 10.1016/j.conbuildmat.2019.02.148

Media Contact

Tom Leonhardt idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-halle.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer