Biopolymerbasierte Mehrlagenfolien mit natürlichen Beschichtungen für Lebensmittelverpackungen

Querschnitt einer Mehrlagenfolie (STEM). Fraunhofer IMWS

Es gibt einen hohen industriellen Bedarf an technischen Folien und Verpackungsfolien, wie sie beispielsweise zum Schutz für Getränkeflaschen, Möbelfronten, Ladungstransporte und vieles mehr eingesetzt werden.

Im Bereich der Lebensmittelverpackungen werden zumeist flexible, transparente Folienprodukte verwendet, die zahlreichen Anforderungen genügen müssen:

Sie benötigen zum Transportschutz eine hohe mechanische Stabilität und bewahren durch eingebrachte Migrationsbarrieren sowohl die wertvollen Aroma- sowie Geschmacksstoffe der Produkte als auch die Frische und Haltbarkeit.

Um all diese Ziele zu vereinen, kommen häufig Mehrlagenfolien zum Einsatz, die verschiedene Materialeigenschaften miteinander kombinieren. Die meisten dieser technischen Folien werden heute nach wie vor aus den Kunststoffen Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyethylenterephthalat (PET) und Polyvinylchlorid (PVC) hergestellt.

Die Hersteller werden durch das 2019 in Kraft getretene Verpackungsgesetz dazu angehalten, die Recycling-Quote für Kunststoffverpackungen von derzeit 36 Prozent auf zukünftig 63 Prozent zu verbessern.

Damit nimmt die Nachhaltigkeit in der Verpackungsmittelindustrie einen immer bedeutsameren Stellenwert ein und recycelte beziehungsweise recycelfähige Materialien, biologisch abbaubare und/oder biobasierte Kunststoffe werden zukünftig an Bedeutung gewinnen.

Hier gilt es, Materialinnovationen voranzutreiben und Alternativen zu den konventionellen Polymersubstraten einschließlich der Barrierematerialien zu identifizieren und darauf basierende Produkte zu entwickeln. Neue Materialien, die im besten Falle biologisch abbaubar, gut recycelbar und/oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sind, können außerdem dazu beitragen, alternative Entsorgungswege zu erschließen und ressourcenschonender zu produzieren.

Hier möchte das Fraunhofer IMWS mit der POLIFILM Extrusion GmbH aus Weißandt-Gölzau in Sachsen-Anhalt in einem bis August 2021 laufenden Forschungsvorhaben ansetzen: Gemeinsam wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler biopolymerbasierte Folien für Lebensmittelverpackungen herstellen, die den komplexen Anforderungen genügen, nachhaltiger hergestellt und besser recycelt werden können.

Ziel ist die Entwicklung und Herstellung von neuen, innovativen Mehrlagenfolien auf Biopolymerbasis mit verschiedenen Barriereeigenschaften und funktionalen Folienoberflächen für den Einsatz in Verpackungsmaterialien.

»Wir wollen eine Mehrlagenfolie aus Biopolymeren entwickeln, die eine effiziente Barrierewirkung und trotzdem eine hohe mechanische Stabilität, hinreichende Transparenz und weitere für den späteren Einsatz relevante Eigenschaften aufweist«, sagt Dr. Sandra Richter, Projektleiterin am Fraunhofer IMWS.

Die Barriereeigenschaften der neuartigen Folien sollen dabei durch geeignete Biopolymerkombinationen und/oder die Einarbeitung von plättchenförmigen Füllstoffen erreicht werden. Die Projektpartner wollen die Folienoberfläche zudem mit antimikrobiellen Eigenschaften ausstatten.

Dies soll durch eine Modifizierung mittels Chitosan oder Chitosan-Derivaten erfolgen, die in mehreren Aufarbeitungsschritten aus Chitin hergestellt werden. »Chitosan ist ein Naturstoff, der aus den Schalen von Krustentieren gewonnen wird.

Damit nutzen wir für die Modifizierung der Biopolymerfolien einen weiteren natürlichen Rohstoff. Das Chitosan besitzt neben einer antibakteriellen Wirkung eine sehr gute Biokompatibilität, es ist bioabbaubar, nicht toxisch und hat eine natürliche Barrierewirkung«, so Richter.

Das Chitosan soll in die Außenschicht der Verpackungsfolie eingetragen, als netzartiges Vlies aufkaschiert oder als nasschemische Beschichtung auf die Folie aufgebracht werden. Ein industrielles Verfahren, das die Projektpartner entwickeln möchten, soll die Herstellung der Biopolymer-Verpackungsfolie in großen Mengen ermöglichen.

Zudem streben die Forschungspartner die Entwicklung einer zerstörungsfreien Diagnostikmethode an, die speziell für Mehrlagenfolien geeignet ist und Erkenntnisse etwa über die Schichtdicken der einzelnen Folienlagen, eventuelle Verbundfehler durch Delamination oder Einschlüsse erlaubt.

So kann sichergestellt werden, dass auch die neuen Bio-Folien auf industrieprozessgerechte Weise getestet werden können und die nötigen Qualitätsanforderungen erfüllen.

Dr.-Ing. Sandra Richter, Teamleiterin Oberflächen und Plasma, Gruppe Thermoplastbasierte Faserverbund-Halbzeuge, Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, Walter-Hülse-Straße 1, 06120 Halle (Saale),
Telefon +49 345 5589-259, Mail sandra.richter@imws.fraunhofer.de

https://www.imws.fraunhofer.de/de/presse/pressemitteilungen/biopolymerbasierte-m…

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Michael Kraft Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS

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