Neues Verfahren zur Herstellung von Verbindungshalbleitern

Zum Abschluss eines DFG-Projekts melden Mitarbeiter des Instituts für Kristallzüchtung (IKZ) einen großen Erfolg: Sie haben Galliumarsenid (GaAs) ohne die sonst immer erforderliche Boroxid-Abdeckung gezüchtet. Mit einem bereits früher am IKZ entwickelten Verfahren zur Herstellung der begehrten Drei-Fünf-Halbleiter haben sie neue Eigenschaften des Materials aufgedeckt. Jetzt schon sei das IKZ in der Lage, mit der Methode „gezielte Messproben für Forschung und Industrie anzufertigen“, schreiben der Projektleiter, Prof. Peter Rudolph, und der für das Projekt verantwortliche Wissenschaftler, Dr. Frank M. Kießling, in ihrem Abschlussbericht.

Für die industrielle Produktion sind die immer wieder auftretenden Defekte in den Halbleiter- Kristallen schon seit längerer Zeit ein teures Problem: Solche Defekte führen zu einer hohen Ausschussrate. Teilweise war bekannt, dass die Defekte mit dem Konzentrationsverhältnis der Elemente, zum Beispiel Gallium und Arsen, in der Schmelze zusammenhängen. Kießling berichtet: „Bislang gab es kaum Erfahrungen dazu, wie man dieses Verhältnis während des Züchtungsvorgangs kontrollieren und beeinflussen kann.“ Industriepartner des IKZ wie die Freiberger Compound Materials GmbH haben deshalb mit großem Interesse das Projekt beraten und unterstützt.

Die verfeinerte Schmelztechnik kann auch für die Züchtung anderer Drei-Fünf-Halbleiter verwendet werden, sie stellt eine grundlegende verfahrenstechnische Weiterentwicklung dar. Die Industrie könnte damit perfektere Kristalle produzieren. Die Halbleiter werden zum Beispiel für Laser- und Leuchtdioden, Hochfrequenzschaltkreise (in Handys und ähnlichen Geräten) und Solarzellen gebraucht. Bis zur industriellen Nutzung muss aber die Züchtungstechnologie noch ausgereift und prozesstechnisch gestaltet werden. Dies war auf der am IKZ durchgeführten Etappe der Grundlagenforschung nicht das Ziel.

Die Herstellung von Drei-Fünf-Halbleitern leidet an dem fertigungstechnischen Problem, dass je einer der Inhaltsstoffe – in diesem Fall das Arsen – leicht flüchtig ist. Daher werden diese Halbleiter traditionell mit einer Boroxid-Abdeckung gezüchtet. Diese zusätzliche Schicht auf der Schmelze dient dazu, die Verflüchtigung des Arsens und damit die sich verringernde Konzentration des Arsens in der Schmelze zu verhindern. „Durch das Boroxid kommt es allerdings auch zu Verunreinigungen“, erklärt Kießling. Und: „Bei manchen Defekttypen konnte man gar nicht bestimmen, ob sie vielleicht auch mit dem Boroxid zusammenhängen, da es keine alternativen Proben gab, die man hätte prüfen können.“

Die Experten am IKZ haben eine Apparatur genutzt, in der Galliumarsenid ohne Boroxid- Abdeckung entsteht. Ausgangspunkt war ein Herstellungsverfahren namens „Vapour Pressure Controlled Czochralski (VCz)“, das ein IKZ-Team um Dr. Michael Neubert erstmals realisiert hatte und das nun weiterentwickelt wurde. Rudolph erläutert den Hintergrund: „Der Trick dabei ist eine zusätzlich eingebaute heiße Wand in der Schmelzanlage und die Idee der Dampfdruckkontrolle.“ Der Dampfdruck beschreibt die Verflüchtigungstendenz des flüchtigen Elements, beispielsweise des Arsens. Schafft man es zu kontrollieren, in welchen Ausmaßen es sich aus der Schmelze verflüchtigt, so kann man die Zusammensetzung der Schmelze gezielt an Ort und Stelle kontrollieren. Arsen, das sich verflüchtigt, sammelt sich immer an der kältesten Stelle der Wand. „An diesem Ort“, erklärt Kießling, „befindet sich eine Arsenquelle, durch die das flüchtige Element zum Ausgleich in die Anlage geleitet werden kann“. Mit dieser Kombination von heißer Wand und Arsenquelle – eine technische Herausforderung angesichts der komplizierten Schmelzanlagen – können Frank Kießling und seine Kollegen eine Boroxid-freie GaAs-Kristallschmelze in ihrem Arsen-Gehalt steuern.

Das IKZ hat der Forschung und der Industrie Bor-freie Messproben zur Verfügung gestellt. Diese stammten aus Schmelzen unterschiedlicher Zusammensetzung, besonders aus solchen mit einem Galliumüberschuss. Diese Proben wurden auf die klassischen Defekte („Zwillinge“, Zweite-Phase-Partikel, Punktdefekte) hin untersucht. Dabei ist man zu unerwarteten Erkenntnissen über die Wechselwirkungen der Defekte gelangt – Erkenntnisse, die einige Literaturmeinungen wesentlich revidieren. Diese Ergebnisse haben auch dazu geführt, dass die DFG das Projekt sehr positiv bewertet und eine Förderung über insgesamt fünf Jahre (2001-2006) bewilligt hat. Beteiligt an der Forschung in diesem Projekt waren neben dem IKZ und dem Paul-Drude-Institut (PDI) aus Berlin unter anderem auch die Martin- Luther-Universität Halle/Saale und die TU BA Freiberg, sowie die Industriepartner.

Ansprechpartner:
Dr. Frank Kießling
030 / 6392-3032
kiessling@ikz-berlin.de

Media Contact

Josef Zens Forschungsverbund Berlin e.V.

Weitere Informationen:

http://www.fv-berlin.de

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