Licht lässt Kunststoff nur in eine Richtung fließen: Methode zur präzisen Bewegung von Molekülen
Ein kurzer Stoß, die Kaffeetasse kippt um und sofort fließt das braune Nass in alle Richtungen. Denn Flüssigkeiten sind normalerweise isotrop, das heißt sie haben nach allen Richtungen hin die gleichen physikalischen Eigenschaften. Peter Karageorgiev ist es gelungen, einen Kunststoff durch Licht so zu verflüssigen, dass er nur in eine Richtung fließt. Der Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe Nanopartikeltechnologie am Bonner Forschungszentrum caesar hat seine Ergebnisse, die in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam entstanden sind, jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „nature materials“ veröffentlicht (Vol 4 No 9 (2005) 699–703). Die „Lichtverflüssigung“ erlaubt die gezielte Bewegung von Molekülen. Anwendungen sind unter anderem in der Optik, Photochemie und -physik, Materialprüfung, Mikrofluidik und der kalten Kunststoffbearbeitung denkbar.
Für ihre Untersuchungen benutzten die Wissenschaftler dünne Filme eines lichtempfindlichen Kunststoffes, der den Farbstoff Azobenzol enthält. Bestrahlt man den Film mit zirkular polarisiertem Licht, so fließt er zähflüssig in alle Richtungen, wie er es auch nach Erhitzen tun würde. Verwendet man dagegen linear polarisiertes Licht, verflüssigt sich der Kunststoff nur in Richtung der Polarisation des Lichtes, also anisotrop. Im Extremfall verhält sich das Material in eine Richtung flüssig und in die andere fest. Der Grad der Anisotropie und die Fließrichtung werden durch das Licht kontrolliert. Verantwortlich für dieses Phänomen ist das lichtempfindliche Farbstoffmolekül Azobenzol: Bei Anregung durch Licht schwingt es in eine Richtung und wirkt dadurch wie ein Schalter.
In weiteren Versuchen nutzten die Wissenschaftler die neuen Erkenntnisse zur gezielten Manipulation von Molekülen. Mit einer Sonde bestrahlten sie eine Fläche von nur 20 nm Durchmesser (1 Nanometer = 1 Milliardstel Meter) und verflüssigten sie; das entspricht in etwa 10 Molekülen. Außerdem gelang es ihnen, Tropfen von ca. 100 nm Durchmesser zu einer anderen Stelle zu bewegen. Die Ergebnisse könnten zur Entwicklung von optischen Speichern beitragen.
Das internationale Forschungszentrum caesar (center of advanced european studies and research) hat 1999 die Arbeit aufgenommen. Mit inzwischen über 220 Mitarbeitern forschen interdisziplinäre Teams in den Bereichen Materialwissenschaften/ Nanotechnologie, Biotechnologie und Medizintechnik. Forschung und industrielle Anwendung gehen Hand in Hand: caesar entwickelt innovative Produkte und Verfahren und unterstützt die Wissenschaftler bei Firmenausgründungen.
Forschungszentrum caesar
Frau Francis Hugenroth
Ludwig-Erhard-Allee 2
53175 Bonn
Telefon: (0228) 96 56-135
Fax: (0228) 96 56 -111
E-Mail: hugenroth@caesar.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.caesar.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft
Forschende an der ETH Zürich haben Bakterien im Labor so herangezüchtet, dass sie Methanol effizient verwerten können. Jetzt lässt sich der Stoffwechsel dieser Bakterien anzapfen, um wertvolle Produkte herzustellen, die…
Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren
Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…
Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht
Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…