ANKA sorgt für Lichtblitze

Der komplette Speicherring der Synchrotronstrahlungsquelle ANKA hat einen Umfang von 110 Metern.


Neue Synchrotronstrahlungsquelle im Forschungszentrum Karlsruhe eingeweiht

Im Forschungszentrum Karlsruhe wurde innerhalb des vorgesehenen Finanzrahmens von 70 Millionen DM und des Terminplans die Synchrotronstrahlungsquelle ANKA (ÅNgströmquelle KArlsruhe) fertiggestellt. Damit steht nun eine moderne Anlage zur Verfügung, die nicht ausschließlich auf wissenschaftliche Zwecke zugeschnitten, sondern in erster Linie für industriellen Service ausgelegt ist. Die Anwendungen von Synchrotronstrahlung lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Fertigung von Komponenten für die Mikrosystemtechnik und zerstörungsfreie Materialuntersuchung. Die Synchrotronstrahlungsquelle wird am 2. Februar 2001 durch Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung, und den Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Dr. Walter Döring, eingeweiht.

Die Nachfrage nach Synchrotronstrahlung wächst bei Industrie und Wissenschaft. Auch im Forschungszentrum besteht ein steigender Bedarf bei Mikrofertigung, Umweltanalytik und Nanotechnologie. Um die Nachfrage nach diesem „Superlicht“ auch für industrielle Anwendungen zu befriedigen, wurde im September 1996 im Forschungszentrum Karlsruhe mit der Errichtung der Synchrotronstrahlungsquelle ANKA begonnen. Das Projekt mit einem Gesamtaufwand von 70 Mio. DM wurde aus Mitteln des Bundes, des Landes Baden-Württemberg und des Forschungszentrums Karlsruhe finanziert. Das große Engagement des Landes Baden-Württemberg, das abweichend vom üblichen Finanzierungsschlüssel 50% der Beschaffungskosten trug, zielt vor allem darauf ab, kleinen und mittelständischen Unternehmen im Land Synchrotronstrahlung für fertigungstechnische und analytische Fragestellungen zur Verfügung zu stellen.

Nutzen für Industrie und Wissenschaft
Weltweit herrscht eine große Nachfrage nach Nutzung von Synchrotronstrahlung; dem steht an den vorhandenen Anlagen viel zu wenig Strahlzeit gegenüber. Insbesondere für die Industrie war Synchrotronstrahlung nur schwer zugänglich: An den ursprünglich für die Wissenschaft gebauten und dann für industrielle Nutzung „zweckentfremdeten“ Anlagen war Strahlzeit nur über einzureichende Projektvorschläge und wissenschaftliche Begutachtungsverfahren zu erhalten. Die Pflicht zur Veröffentlichung der Ergebnisse war oft ein zweiter Hinderungsgrund.
Das Konzept von ANKA ist anders: Im April wird die Synchrotronstrahlungsquelle an die Betreibergesellschaft ANKA GmbH übergeben, die vom Land Baden-Württemberg und dem Forschungszentrum Karlsruhe als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gegründet wurde. Synchrotronstrahlung wird dort wie ein Industrieprodukt vermarktet. Im Mittelpunkt steht der Kunde; die ANKA GmbH macht als Lieferant ein Angebot, das den nötigen Zugriff auf die Synchrotronstrahlungsquelle beinhaltet. Je nach Anforderung des Kunden kann dieses Angebot ein breites Leistungsspektrum umfassen. Falls der Kunde keine eigene Erfahrung mit Synchrotronstrahlung mitbringt, bietet die ANKA GmbH einen Rund-um-Service zur Klärung spezifischer Fragestellungen an. Andere Angebotsvarianten sehen die Bereitstellung eines Mess- oder Fertigungsplatzes an einem Strahlrohr vor, an dem der Kunde selbständig experimentieren kann, oder die Unterstützung beim Aufbau eines eigenen Messplatzes, für den die ANKA GmbH dann die Strahlleistung und die Infrastruktur zur Verfügung stellt.
Die Synchrotronstrahlung kann für die Mikrofertigung und für analytische Aufgaben eingesetzt werden. Mittels Synchrotronstrahlung kann man die Oberfläche und das Innere von Bauteilen und Materialien zerstörungsfrei untersuchen. Zusammensetzung, Struktur, chemische, elektronische, magnetische und mechanische Eigenschaften werden so, im wahrsten Sinne des Wortes, einsehbar. Beispielsweise lassen sich auch Gläser untersuchen, deren amorphe Struktur mit konventionellen Methoden nicht erfasst werden kann. Damit können Fertigungsprozesse kontrolliert und optimiert werden.
Bei der Mikrofertigung stellt man durch gezielte Bestrahlung von Plexiglas hochgenaue Urformen her, die über daran anschließende Vervielfältigungsverfahren in Mikrobauteile aus Metall, Kunststoff oder Keramik umgewandelt werden können; dadurch werden wirtschaftliche Produktionsverfahren für die mikrotechnische Fertigung in der Industrie möglich. Auf diesem Gebiet nimmt das Forschungszentrum eine weltweit führende Stellung ein, die durch ANKA ausgebaut werden soll.

Synchrotronstrahlung
In einem Synchrotron werden Elementarteilchen (z. B. Elektronen oder Protonen) auf einer kreisförmigen Bahn auf hohe Energien beschleunigt; in ANKA erreichen Elektronen eine Endenergie von 2,5 GeV (Giga-Elektronenvolt = Milliarden Elektronenvolt). Die Elektronen kreisen dann mit beinahe Lichtgeschwindigkeit in einem ringförmigen Speicherrohr von 110 Meter Umfang im Hochvakuum.
Die Ablenkung der Elektronen auf die Kreisbahn erfolgt durch Magnete. Bei der Ablenkung im Magnetfeld erzeugen die Elektronen die so genannte Synchrotronstrahlung. Synchrotronstrahlung ist elektromagnetische Strahlung wie Sonnenlicht oder Radiowellen. Sie hat aber besondere Eigenschaften, die sie für viele Anwendungen wertvoll macht: Sie überstreicht einen großen Bereich von Wellenlängen von der Röntgenstrahlung über Ultraviolett und sichtbares Licht bis ins ferne Infrarot. Darüber hinaus hat sie eine hohe Intensität und ist hochparallel ähnlich dem Licht eines Lasers. Für die meisten Anwendungen ist insbesondere der Röntgenanteil der Strahlung von Interesse.
Joachim Hoffmann 1. Februar 2001


Detaillierte Informationen zur Synchrotronstrahlungsquelle ANKA können Sie dem neuesten Heft der „Nachrichten“, der wissenschaftlichen Zeitschrift des Forschungszentrums, entnehmen, die Sie beim
Forschungszentrum Karlsruhe
Stabsabteilung Öffentlichkeitsarbeit
Postfach 36 40
76021 Karlsruhe
Tel. 07247/82-2861
Fax: 07247/82-5080
beziehen können.

Media Contact

Inge Arnold idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue Industrie-4.0-Lösung für niedrigschwelligen Zugang zu Datenräumen

»Energizing a Sustainable Industry« – das Motto der Hannover Messe 2024 zeigt klar, wie wichtig eine gleichermaßen leistungsstarke und nachhaltige Industrie für den Fertigungsstandort Deutschland ist. Auf der Weltleitmesse der…

Quantenpräzision: Eine neue Art von Widerstand

Physikforschende der Universität Würzburg haben eine Methode entwickelt, die die Leistung von Quantenwiderstands-Normalen verbessern kann. Sie basiert auf einem Quantenphänomen namens anomaler Quanten-Hall-Effekt. In der industriellen Produktion oder in der…

Sicherheitslücke in Browser-Schnittstelle erlaubt Rechnerzugriff über Grafikkarte

Forschende der TU Graz waren über die Browser-Schnittstelle WebGPU mit drei verschiedenen Seitenkanal-Angriffen auf Grafikkarten erfolgreich. Die Angriffe gingen schnell genug, um bei normalem Surfverhalten zu gelingen. Moderne Websites stellen…

Partner & Förderer