Topografie von Implantaten schnell und genau erfassen

Es ist eine einfache Rechnung: Wenn der Einzelstückpreis eines Zahnimplantats zwischen 300 und 600 Euro beträgt, dann hat der Implantathersteller bei nur einer einzigen zurückgerufenen Charge von 250 bis 600 Stück mindestens 75000 Euro Ausschusskosten zu zahlen. Dem können Hersteller durch aussagekräftige Qualitätssicherung vorbeugen.

3D-Oberflächenmessung erfasst Implantats-Topografie

Mittels 3D-Oberflächenmessung stellen sie sicher, dass die Topografie die entsprechende Proteinbindungskapazität aufweist. Damit wird gewährleistet, dass das Implantat einfach, schnell und nachhaltig mit dem Kieferknochen zusammenwächst.

Mit der flächenhaften Rauheitsmessung auch über große Messfelder spielt die Alicona Imaging GmbH im österreichischen Grambach mit dem hochauflösenden 3D-Messgerät Infinite Focus mittlerweile eine Vorreiterrolle in der 3D-Oberflächencharakterisierung von Implantaten. In der Produktion vermindert die 3D-Oberflächenmessung das Risiko von teurem Ausschuss und bietet entsprechendes Sparpotenzial. Gleichzeitig wird das Reklamationswesen einfacher, weil Qualität leicht und schnell mittels rückführbarer Messung nachgewiesen wird.

Rauheit an Gewindegrund und Flanken messen

„Am Implantat muss alles gemessen werden, was mit dem Knochen in Kontakt ist. Wichtig ist, dass ich die Rauheit auch am Gewindegrund messen kann“, erklärt Dr. Frank Rupp, Leiter der Arbeitsgruppe „Grenzflächenanalytik medizinischer Werkstoffe“ in der Sektion medizinische Werkstoffkunde & Technologie an der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik am Universitätsklinikum Tübingen. Rupp ist Experte auf dem Gebiet der Oberflächenmodifizierung von Implantaten. Er beschäftigt sich unter anderem damit, wie die Oberfläche beschaffen sein muss, um die Knochenintegration bestmöglich zu gewährleisten.

Für ihn ist Infinite Focus im Moment jenes Messsystem, das die Anforderungen in puncto flächenhafte Rauheitsmessung am besten erfüllt. „Wir kennen kein vergleichbares optisches Messsystem, das derart fundierte Aussagen über die Rauheit auch über große Messbereiche liefert“, so Rupp.

Flächenbasierte Messungen ermöglichen die Optimierung neuer Werkstoffe

Das System misst bereits nach der ISO-Norm 25178 und bietet demnach nicht nur lineare, sondern flächenbasierte Messungen. Der Anwender gewinnt damit nicht nur mehr Informationen über seine Oberfläche, sondern profitiert auch von einer größeren Wiederholgenauigkeit und Rückführbarkeit.

„Durch 3D-Messungen der Oberfläche, wie sie mit Infinite Focus durchgeführt werden können, sind wir in der Lage, die Korrelation zwischen der Topographie des Implantats und dessen Verhalten im Körper zunehmend fundierter und vor allem mit numerischen Werten zu bestimmen. Damit gelingt es auch, Rückschlüsse auf das biologische Verhalten zu ziehen. So können wir neue Materialien entsprechend optimieren“, erklärt der Experte in medizinischer Werkstoffkunde.

Zu dieser Optimierung zählen auch die Untersuchungen zur Korrelation zwischen der Implantattopografie und dem Benetzungsverhalten. Ziel ist auch hier die Entwicklung von Implantaten, die gewährleisten, dass das Blut beim Implantieren die Oberfläche schnell benetzt. Studien belegen, dass die Topographie die Verteilung roter Blutkörperchen bereits nach wenigen Minuten günstig beeinflussen kann.

Größere Oberfläche schneller und kosteneffizienter messen

Im Vergleich zu anderen, herkömmlichen Techniken ist das optische Messsystem nicht nur aussagekräftiger und genauer, sondern auch schneller und damit kosteneffizienter. Frank Rupp kennt das aus der Praxis: „Messungen mit einem Rasterelektronenmikroskop sind aufgrund der zum Teil langwierigen Probenpräparation sehr aufwändig. Bei taktilen Messungen ist man auf die Auslenkung der Tastnadel beschränkt. Bei Gewindeimplantaten, wo ich auch am Gewindegrund messen muss, ist diese Technik gar nicht mehr zielführend.“

Kosteneffizient messen bedeutet auch, sämtliche relevanten Parameter mit nur einem Messsystem zu erfassen. Als Messsystem, das die Funktionalitäten eines Rauheits- und eines Formmessgeräts kombiniert, bietet Infinite Focus dem Anwender sämtliche Funktionalitäten eines optischen Profilometers und einer Mikro-Koordinatenmessmaschine.

Mit nur einem Messsystem wird die klassische Oberflächenmesstechnik (zur Rauheitsmessung) und Koordinatenmesstechnik (zur Formmessung) abgedeckt. Selbst bei komplexen Formen oder unterschiedlichen Materialeigenschaften erzielt der Anwender auch über große vertikale und laterale Scanbereiche eine vertikale Auflösung von bis zu 10 nm.

Anfragen aus der Medizintechnik nehmen weiterhin zu

Diese hohe Auflösung selbst bei steilen Flanken und unterschiedlichen Materialeigenschaften machen Infinite Focus nicht nur zu einem vielfach genutzten System in der Dentaltechnik. Kürzere und bessere Behandlungsmethoden, schnellere und genauere Diagnosen, weniger riskante Operationen und die erhöhte Lebensqualität der Patienten sind Schlüsselanforderungen an sämtliche Bereiche der Medizintechnik.

„Der Zuwachs von Anfragen aus der Medizintechnik wird immer größer“, erklärt Alicona-Geschäftsführer Dr. Stefan Scherer. „Nicht nur Hersteller von Implantaten wenden sich an uns. Auch die Anbieter von chirurgischen Instrumenten wie Knochenbohrern oder -fräsern setzen unser Messsystem vermehrt zur Qualitätssicherung ein und messen die Form von Schneidkanten und Werkzeugspitzen.“ Mit Infinite Focus misst der Anwender unter anderem Schlüsselparameter wie den Span- oder Flankenwinkel bis hin zu diversen Durchmessern, der Konzentrizität und Rundlauftoleranz.

Richtige Geometrie der Werkzeugspitze sichert Qualität

„Stimmt die Geometrie der Spitze, sind lange Standzeiten, kurze Bearbeitungszeiten, geringe Wärmeentwicklung, hohe Schnittgeschwindigkeiten und bestmögliche Prozesssicherheit gewährleistet“, konkretisiert Scherer den Nutzen der Messungen. Mit der richtigen Geometrie beziehungsweise Oberflächengüte und Korrosionsresistenz weisen die Instrumente zudem eine entsprechend hohe Elastizität und damit verbundene geringe Bruch- und Splittergefahr auf.

Das Messsystem Infinite Focus wird ab einer Oberflächenrauheit von nur wenigen Nanometern eingesetzt. Selbst bei mitunter sehr glatten Komponenten aus Keramik, die aufgrund der hohen Biokompatibilität ein viel genutzter Werkstoff ist, erzielt das Messsystem hochauflösende Resultate.

3D-Messgerät für vielerlei Einsätze in der Medizintechnik

Die geringen Ansprüche an die Probenbeschaffenheit machen das 3D-Messgerät zu einem universell einsetzbaren System in der Medizintechnik, da es für sämtliche gängigen Materialien geeignet ist. Die Messung von verschiedenen Chromstählen, Metallen oder Metalllegierungen, Titan, Kunststoffen und Gummi sowie Klebern zählt zu den üblichen Applikationen. Auch Hersteller von Spritzgusskomponenten oder Mikroformteilen mit Gittern, Löchern und Ähnlichem haben das System zur Messung von Mikro- und Nanofunktionsstrukturen im Einsatz.

Andere Anwendungen sind die Zahnverschleißanalyse oder die Plagiatsprüfung von Tabletten mittels Profil- oder Volumenmessung der Stempel. In der Diagnostik wird das System zur Messung von diversen Membranen eingesetzt, die in Messgeräten beispielsweise zur Bestimmung des Blutzuckers implementiert sind. Im Bereich der Hochleistungskeramik wird Infinite Focus unter anderem eingesetzt, um keramische Werkstoffe zu analysieren und Erkenntnisse über Materialeigenschaften zu gewinnen. Damit werden Patienten zum Beispiel verschleißfreie und körperverträgliche Implantate ohne Metall geboten.

360°-Messungen erfassen die Gewindesteigung und sichern die Qualität der Implantate

Mit dem neuen Release des 3D-Oberflächenmesssystems ist nicht nur die Rauheits-, sondern auch die Formmessung noch genauer und aussagekräftiger. Für die vollständige Formmessung ist entscheidend, dass der gesamte Umfang eines Bauteils gemessen wird. Das setzt Alicona mit der optionalen Rotationseinheit um, die die Probe um 360° dreht.

In der Implantatindustrie bedeutet das, dass Hersteller ab sofort auch die Gewindesteigung messen und somit die Formgenauigkeit und die Einhaltung von Formtoleranzen sicherstellen. Auch Formabweichungen zu einem Referenzkörper werden automatisch ermittelt. Mit direkten Vergleichsmessungen zwischen dem Bauteil und der entsprechenden CAD-Zeichnung bestimmt der Anwender auch die Abweichung zum Nominal.

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Bernhard Kuttkat MM MaschinenMarkt

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