Dem Produkt auf der Spur

Traceability, also die Möglichkeit der Rückverfolgung von Waren, bringt vor allem einen Nutzen: Sicherheit. Im Fall von Problemen kann festgestellt werden, wo ein Produkt gebaut wurde, welche Wege es in Lägern und bei Händlern oder im eigenen Betrieb genommen hat. Damit lassen sich weitere Schäden minimieren oder Rückrufe organisieren.

Traceability legt nicht nur eine Spur des Produkts. Sie kann ebenso tief in die Prozesse des Betriebs eingebettet werden und damit das Risikomanagement erheblich verbessern und die Transparenz signifikant erhöhen.

Rutronik zählt zu den weltweit tätigen, großen Händlern von elektronischen Bauteilen, auch SMD – surface-mounted devices. Mit rund 1.200 Mitarbeitern wurden im Spitzenjahr 2007/8 etwa 600 Millionen Umsatz erzielt. Firmensitz ist Ispringen in der direkten Nachbarschaft von Pforzheim. Logistik-Geschäftsführer Joachim Kaiser erläutert: „Wir beziehen Bauteile von 170 Lieferanten.“ Diese Teile kommen auf Rollen in schier riesiger Zahl. „Das bedeutet für uns zehn Millionen Rollen im Monat im Wareneingang“, ergänzt Kaiser und lässt die Zahl wirken.

Entscheidend dabei ist es, den Durchblick zu bewahren. Mit Q-Trace von GOD Barcode Marketing versucht Kaiser den Überblick zu behalten und diese Kenntnis in Wettbewerbsvorteile umzuwandeln. Denn die Konkurrenten sind bei ihren elektronischen Warenwirtschaftssystemen bei weitem nicht so weit gekommen. Überblick bedeutet Information. „Erst, wenn ausreichende Informationen vorliegen, kann jeder Teilnehmer in der Supply Chain effizient arbeiten“ argumentiert der GOD-Projektmanager Nils Borgolte. Information bedeutet im Zweifelsfall auch, Schäden abzuwenden oder klein zu halten. Damit lassen sich Kosten aufgrund von Fehllieferungen, schadhaften Teilen oder Planungsfehlern minimieren.

Tracing-Systeme haben sich am Wareneingang für Produkttraceability beim Kunden in dessen Produktion bewährt. Die Datensammlung dort bietet den Vorteil, dass alle relevanten Daten erfasst werden können, die für die weiteren Prozessschritte innerhalb des eigenen Unternehmens wichtig sind. Die erfassten Informationen gehen an Backendsysteme für den weiteren Abgleich und erhalten die Freigabe für die fortführenden Prozesse, sofern eine ausreichende Plausibilität gegeben ist. Liegt die nicht vor, wird die Einschleusung in das firmeneigene Prozessnetz abgebrochen.

Nun ist die Codierung von Produkten nicht Routine und ebenso wenig frei von Fehlern. Falsche Kundenzuordnung, unlesbare Barcodes oder generell falsche Informationen sind bekannte Stolpersteine. Dies führt zum Versagen innerhalb der Supply Chain. Wesentliche Ziele des Codings werden verfehlt. Zuverlässige Systeme sind für die Anwender ein Grundbaustein.

Rutronik-Zulieferer GOD vertraut deswegen auf Barcodes, denn die ermöglichen das Lesen warenbegleitender Informationen auf der gesamten Wertschöpfungskette. Borgolte betont: „Bei homogenen Produkten, wie es elektronische Bauteile nun mal sind, ergibt dies das einzige Unterscheidungskriterium, das fehlerfrei Information an hochwertige Systeme übergibt.“ Die am Wareneingang gesammelten Informationen verdichtet GOD in einer eigenen Trace-Nummer (PU-ID Number) = Packagingunit-Ident-Nummer. Der Vorteil: Für die weiteren Schritte muss lediglich eine Information fortgeführt werden, die mit den übrigen Daten verknüpft ist.

Einsatz fast überall möglich

Q-Trace von GOD setzt auf Kamerasysteme, die mit dem Warenwirtschaftssystem gekoppelt sind und eine Rückverfolgung von SMD-Bauteilen und einhergehend eine Qualitätskontrolle ermöglichen. Als Informationsträger wird ein kundenspezifisches Label erzeugt, das verschiedene Informationen aufnehmen kann. Eine Kundenartikelnummer findet sich ebenso, wie die Bestellinfos des Kunden sowie Lagerinformationen des Kunden. Außerdem sind Mengen, Datum und dergleichen, je nach Kundenbedarf verfügbar. Alle vom Hersteller verfügbaren Daten werden nicht mehr dupliziert, sondern durch einen Match mit der PU-ID Number auf dem kundenspezifischen Label (die einen definierten Qualifier enthält) und dem Originallabel des Herstellers gelesen und im ERP-System abgeglichen. Die enthaltenen Informationen werden in einer für die Kunden zugänglichen Internetplattform abgebildet.

Den Vorteil von Q-Trace beschreibt Nils Borgolte mit dem modularen Aufbau: „Das System zur Identifikation von Barcodes auf SMD-Spulen kann fast überall montiert werden. Die Ausstattung erfolgt je nach Anforderung.“ Hierbei sind die offenen Schnittstellen hilfreich.

Das Lesesystem setzt auf Kameras. Sie lesen die gängigen1D- und 2D-Codes omnidirektional. Mit CCD-Kameras kann eine händische Erfassung erfolgen. CMOS-Linsen nehmen die Spulen in der Bewegung auf. Joachim Kaiser praktiziert dies beispielsweise am Standort Ispringen, aber nicht für alle Kunden, sondern nur nach expliziter Vereinbarung mit Kunden. „Viele unserer Zulieferer sind noch nicht in der Lage dazu, dieses System durchgängig in ihren Betrieb einzubinden“, befindet Kaiser, „denn die Einführung eines Tracebility-Systems berührt nahezu alle Unternehmensbereiche.“ Von den zehn Millionen Spulen im Monat werden gegenwärtig erst etwa drei Millionen erfasst. Deshalb wird bei Rutronik nicht im Wareneingang sondern beim Warenausgang gescannt.

Kaiser zählt die Frage- und Problemstellungen auf, die sich mit der Installation verbinden: Installation eines passiven oder aktiven Traceability-Systems? Passiv werden die Daten des Produktwerdegangs erfasst: Charge, Prüf- und Prozessdaten. Das unterstützt im Fehlerfall die Ursachenermittlung und die Selektion betroffener Produkte. Aktiv ergibt sich zusätzlich die Chance der Verriegelung gegen Stammdaten und Prozessparameter in Echtzeit und damit eine Fehlervermeidung.

Die Antwort auf Frage zwei ergibt sich aus einer Nutzen- und Aufwandsbetrachtung: Lohnt sich eine unternehmensweite Lösung oder reichen produktspezifische Ansätze aus? Es ergibt sich weiterhin die Fragestellung der Anpassung der Materiallogistik an die Traceability-Anforderungen. Damit steht die Entscheidung in Zusammenhang, die komplette Materiallogistik umzustellen oder nur die spezifizierter Teile. Ganz grundlegend ist die Frage, ob das System im Stand-alone-Betrieb arbeiten oder in vorhandene IT-Systeme eingebunden werden soll.

Joachim Kaiser fasst zusammen: „Die Kosten für ein derartiges System sind relativ leicht zu ermitteln. Schwieriger wird es beim Nutzennachweis.“ Borgolte hält mit den Vorteilen für Hersteller, Distributor und Endkunden dagegen. Beim ersten ergeben sich unter anderem eine Optimierung der Prozessplanung, eine Steigerung der Prozesseffizienz und geringer Folgekosten bei Fehlern. Die Distributoren profitieren durch weniger Versandfehler, eindeutige Daten im Reklamationsfall und verbesserten Qualitätszusagen gegenüber den Herstellern. Die wiederum haben eine schnellere Prozessabwicklung, verbesserte Qualitäten und eine Erhöhung des Servicegrades auf ihrer Seite.

Über allem aber schwebt neben einer verbesserten Kostensituation der Aspekt der Produktqualität und der Sicherheit.

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