Piezohydraulik: Winzling mit viel Kraft

Das Konzept kombiniert Piezomecha­nik mit Hydraulik: Eine elektrische Spannung erzeugt winzige Auslenkungen eines Piezokristalls und ein internes Hydrauliksystem integriert diese kleinen Bewegungen zu einem Hub von zwei Zentimetern auf.

Im Gegensatz zu rein elektromagnetischen Aktoren verlieren diese nicht an Effizienz, wenn sie sehr klein sind. Ein weiterer Vorteil des neuen Aktors besteht in der metallischen Kapselung: So ist alles Hydrauliköl im System enthalten und es braucht nur mit Strom, nicht aber mit Flüssigkeit versorgt zu werden. Zum anderen ist der Aktor geschützt gegen Einflüsse wie Staub, Feuchtigkeit oder Chemikalien. 

Piezoelektrische Kristalle dehnen sich in einer bestimmten Richtung aus, sobald man eine elektrische Spannung anlegt. Sie werden zum Beispiel als Antrieb für Einspritzventile von Verbrennungsmotoren eingesetzt. Einer ihrer Vorteile liegt in ihrer Dynamik, denn sie reagieren aufgrund ihrer hohen Steifigkeit fast trägheitsfrei. Herkömmliche hydraulische Systeme dagegen müssen die Hydraulikflüssigkeit im gesamten Leitungssystem mit einer zentralen Pumpe komprimieren, bevor sie eine mechanische Bewegung erzeugen. 

Der von der globalen Siemens Forschung Corporate Technology (CT) entwickelte piezohydraulische Aktor erreicht eine hohe Steifigkeit, weil er mit nur sechs Millilitern Hydrauliköl auskommt. Das gekapselte Hydrauliksystem besteht aus drei benachbarten metallischen Bälgen, die in axialer Richtung dehnbar und durch Rückschlagventile miteinander verbunden sind. Wird der Piezokristall angeregt, dehnt er sich in die mittlere Kammer aus, erzeugt dort Druck und öffnet so das Ventil zur benachbarten Kammer, an deren Vorderseite eine Abtriebsstange sitzt.

Das einströmende Öl dehnt den Balg leicht aus und die Abtriebsstange wird ausgelenkt. Einen Hub von insgesamt zwei Zentimetern erreichen die Entwickler mit einer patentierten Integrationslösung: Sie betreiben den Piezokristall mit einer hochfrequenten Sägezahnspannung und addieren so die schnellen kleinen Ausdehnungen zu einer gleichförmigen Bewegung der Abtriebsstange.

Das Konzept hat zwei Vorteile: Legt man die umgekehrten Spannungsform an, dreht sich die Pumprichtung und damit die Bewegung um. Außerdem hält der Aktor einen einmal eingestellten Hub stabil ein. Aktoren, die herkömmliche Getriebe zur Übersetzung verwenden, können zum Beispiel Vibrationen nicht auf Dauer standhalten. 

Das System ist eine Weiterentwicklung eines piezohydraulischen Aktors, den die CT für die Ventilsteuerung an großen Verbrennungsmaschinen wie zum Beispiel Gasturbinen realisiert hat. Mögliche weitere Anwendungen sehen die Entwickler unter anderem in der Robotik, in der Betätigung von Flugzeug-Flügelklappen oder in der Medizin- und Reinraumtechnik. (2014.10.1)

Media Contact

Dr. Norbert Aschenbrenner Siemens InnovationNews

Weitere Informationen:

http://www.siemens.com/innovationnews

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