Multiservopresse setzt mit neuem Antrieb technische Akzente

Das Entwicklungsziel eines neuen, unter Produktionsbedingungen nutzbaren Pressenantriebes lag nicht nur ausschließlich in der Effizienzerhöhung und der Hubzahlsteigerung, sondern in der Erhöhung der Präzision und der flexiblen Anpassbarkeit des Hubes und der Stößelbewegung an den Umformprozess. Eine servomotorisch angetriebene Presse mit Rollgewindetrieben erfüllt diese Ziele und stellt damit ein wertvolles Instrument zur effizienten Entwicklung und Fertigung von Umformteilen in einem breiten Spektrum zur Verfügung.

Energetisch zeitgemäßer Pressen-Antrieb mit hoher Flexibilität

In der Konzeption des Antriebes ist ein auf das Wesentliche reduzierter Antriebsstrang entwickelt worden, der auf ein minimales Massenträgheitsmoment optimiert wurde, um dem System hohe Dynamik zu verleihen. Spielbehaftete Bauteile werden vermieden, was vor allem die Verschleißfestigkeit und die Präzision erhöht.

Der Rollgewindetrieb ist ein Bauteil, welches eine Kombination aus Planetengetriebe und Wälzlager darstellt und keine Selbsthemmung besitzt.

Ein Festfahren oder Verkeilen bei Überbelastung der Presse ist nicht möglich. Erfahrungen im Betrieb solcher und ähnlicher Getriebe bestehen seit Jahrzehnten. Die Rollbewegungen und die großen Flächenkontakte zur Verteilung der Kräfte führen zu einer langen Lebensdauer, die der gesamten Presse entspricht.

Die Gewindetriebe stehen in Kraftflussrichtung mit absolut symmetrischer Krafteinleitung ohne störende Querkräfte in den Stößel, völlig unabhängig davon, in welcher Position sie sich dabei befinden.

Regelgenauigkeit im Bereich eines hundertstel Millimeters

Der Regelkreis des Antriebes ist so aufgebaut, dass Sensoren an den Stößelkanten die Positionen als Regelgröße während des Betriebes aufnehmen. Unabhängig vom Belastungszustand, auch außermittig, wird immer zur Sollgröße positioniert und alle Auffederungen des Systems werden kompensiert. Dieses findet während des Betriebes der Maschine permanent mit einer hohen Abtastrate statt. Die Regelgenauigkeit bewegt sich im Bereich eines hundertstel Millimeters.

Aufgrund eines fehlenden Schwungrades als mechanischer Energiespeicher sind hohe Leistungs- beziehungsweise Drehmomentwerte für die Antriebe notwendig. Diese werden für die Beschleunigungsvorgänge und für die Verrichtung der Umformarbeit jeweils kurzzeitig benötigt.

Ohne eine wirksame Kompensation wären der Bedarf eines hohen Anschlusswertes zur Energieversorgung und stark schwankende Entnahmen die Folge. Um dieses zu vermeiden, versorgen Kondensatoren diese Leistungsspitzen, so dass keine Rückwirkungen auf die Netzversorgung entstehen. Der Energieverbrauch ist mit dem der konventionellen mechanischen Presse gleichzusetzen.

Verbessertes Arbeitsvermögen für mechanische Pressen

Das Arbeitsvermögen von mechanischen Pressen mit Schwungrad ist charakterisiert durch die Menge Energie, die dem Schwungrad über einen Drehzahlabfall entnommen werden darf und damit maximal für den eigentlichen Umformprozess zur Verfügung steht.

Bei einer Servospindelpresse wird die Presskraft durch das Nenndrehmoment des Antriebes bestimmt, welches über den gesamten Hubweg zur Verfügung steht. Die für den Umformvorgang benötigte Energie wird dem Versorgungsnetz entnommen. Energiemengen für die Bewegung des Stößels werden durch den Zwischenspeicher zur Verfügung gestellt oder in ihn zurückgespeist.

Mit dem Handrad ist es erstmals bei mechanischen Pressen möglich, den Stößel in einer angemessenen, langsamen Geschwindigkeit zu positionieren, da die Nennpresskraft jederzeit zur Verfügung steht. Mindestgeschwindigkeiten, wie sonst bei mechanischen Pressen mit Schwungrad anzutreffen, müssen nicht eingehalten werden.

Gerade für Neuwerkzeuge besteht in der Einfahrphase ein höheres Beschädigungsrisiko. Durch die langsame Verfahrweise und die Begrenzungsmöglichkeit von maximalen Kräften können rechtzeitig Probleme erkannt und die Maschine vor eventuellen Beschädigungen des Werkzeuges angehalten werden. Durch die beobachtbaren Vorgänge ergeben sich Möglichkeiten zum besseren Verständnis des Umformgeschehens im Werkzeug.

Nennpresskraft steht für gesamten Hubweg zur Verfügung

Aufgrund der Charakteristik der Kraftaufbringung, die der eines hydraulischen Zylinders entspricht, steht die Nennpresskraft über den gesamten Hubweg zur Verfügung, wodurch vielfältige Vorteile für den Nutzer entstehen:

-Reduzierbarkeit der Gesamtpresskraft: Werkzeugtechnisch muss keine Rücksicht mehr darauf genommen werden, die Um-formkräfte in einen schmalen Bereich kurz vor den unteren Totpunkt des Pressenstößels (UT) zu konzentrieren, wie es aufgrund der Kurbelgeometrie sonst notwendig ist. Die Verteilungsmöglichkeit der Einzelpresskräfte erlaubt, die Spitzenpresskraft des Werkzeuges zu verringern. Das hat Einflüsse auf die Belastung der Maschine und des Werkzeuges, da die Auslegung daran angepasst werden kann. Geringere Investitions- und Folgekosten und erhöhte Präzision sind die positiven Effekte.

-Freie Parametrierbarkeit: Die Hublage oder die Hubhöhe wird über eine einfache Parameteranpassung auf der Bedienoberfläche angepasst. Es sind keine mechanischen Verstellelemente vorhanden und auch nicht notwendig, um diese Anpassungen durchzuführen. Die Maschine ist somit an ein sehr breites Spektrum von Werkzeugen anpassbar und damit universell einsetzbar.

-Höchste Dynamik: Der kurze Antriebsstrang der Presse ermöglicht hohe Beschleunigungswerte. Die Vorteile, die daraus gezogen werden können, sind individuelle Stößelbewegungskurven oder auch Rastzeiten, die optimal an die Erfordernisse des Werkzeuges angepasst werden können. Bei einem beispielsweise von der Werkzeugüberwachung ausgelösten Halt der Anlage werden nur sehr kurze Anhaltewege benötigt, die maßgeblich zur Schonung des Werkzeuges im Fehlerfall beitragen. Die Antriebssteuerung gibt dem Anwender erstmalig die Chance, Bewegungen weg- oder kraftabhängig auszuführen. Die Möglichkeit, präzise und schnell wechselnde Kräfte während der Umformoperation zu erzeugen, eröffnet ein neues Feld in der Werkzeugtechnik, die in Zukunft noch weitere Potenziale aufzeigen wird. Die Veränderung der Beschleunigung und der Drehgeschwindigkeit der Antriebe erzeugt eine große Vielfalt von Stößelbewegungsfunktionen. Eine Anpassung an die Werkzeugerfordernisse wird damit möglich. Schwingende Kräfte, frei wählbare Rastzeiten in jeder Position oder spezielle Bewegungsformen wie mehrmalige, kurze Vor- und Rückhübe in einem Zyklus stellen nur einige Beispiele dar. Erstmalig passt sich eine mechanische Presse mit hoher Präzision an die Bedürfnisse der Werkzeugtechnologie an.

-Eliminierung von Schnittschlägen: Die schnelle Reaktion des Antriebes auf Lastwechsel im Werkzeug führt dazu, dass Schnittschläge durch die Antriebsregelung so stark abgedämpft werden, dass sie nicht mehr spürbar sind. Dieses konnte bei verschiedenen Veranstaltungen eindrucksvoll an Stählen mit unterschiedlicher Dicke und Festigkeit mit einem einfachen Flachschnitt-Lochwerkzeug demonstriert werden.

-Präzision: Die Stößelpositionsregelung gewährleistet äußerst geringe Lageabweichungen. Völlig unabhängig von Größe oder Schwerpunkt der Kraft ist eine nie vorher erreichbare Präzision möglich. Die Antriebsachsen regeln individuell. Je nach Anzahl und Position der Druckpunkte ist eine ein- beziehungsweise zweidimensionale Stößelparallelitätsregelung möglich. Die noch übliche Methode, außermittige Kräfte über Federn im Werkzeug auszugleichen, entfällt, wodurch die erforderlichen Presskräfte reduziert werden.

-Aufhebung der Wechselbeziehung Baugröße – Presskraft: Die kompakte Bauform der Antriebe und die frei wählbare Anordnung auf dem Kopfstück stellt die Grundlage einer einfachen, individuellen Gestaltbarkeit der Gestellabmessungen dar. Die Antriebe lassen sich in unterschiedlicher Anordnung und Anzahl platzieren. Die maximale Hubhöhe bei Verwendung eines Spindeltriebes ist nur von der gewählten Länge des Antriebes abhängig, die aber nicht permanent ausgenutzt werden muss, sondern durch die Veränderung des Drehwinkels der Antriebe angepasst wird. Die einfache Modifikation der Pressendimensionen, wie beispielsweise der Einbauhöhe löst den bei mechanischen Pressen starren Zusammenhang zwischen den erwähnten Parametern auf und erlaubt freie Gestaltungsmöglichkeiten.

-Multifunktionalität: Die konstruktive Auslegung der neuen Generation von spindelgetriebenen Pressen erfolgte entsprechend den Anforderungen der Produktion. Primär sind hier Kriterien wie Dauerlauffähigkeit, Flexibilität, Wartungsfreundlichkeit, hohe Verfügbarkeit und der Folgekostenaspekt zu nennen.

Geforderte Teilekomplexität kann erhöht werden

Die Erforschung und Entwicklung von Werkzeugtechniken, die die erstmalig verfügbaren Freiheitsgrade dieses Pressenprinzips voll ausschöpfen, hat bereits begonnen. Zur Nutzung dieser Chancen bedarf es eines neuen Verständnisses der Werkzeugkonstruktion von den Fähigkeiten der Maschine. Mit dieser Basis können Möglichkeiten optimal ausgeschöpft und damit Fortschritte in der Effizienz, der Qualität, den Kosten, der Kombination von Fertigungsschritten und anderes mehr erzielt werden.

Erste Versuche zur Erweiterung von Verfahrensgrenzen durch Erhöhung der Ziehtiefe unter Nutzung pulsierender Niederhalter beziehungsweise die getrennte Ansteuerung oder Bewegung der aktiven Formgebungselemente zeigten schon Erfolg versprechende Ergebnisse.

Dem Anspruch ständig fortschreitender Teilekomplexität kann durch angepasste Stößelbewegungsprofile und werkzeugintegrierte Verfahrenskombinationen begegnet werden.

Beispielhaft sind dabei zu nennen:

-Clinchen, Falzen, Umstellen, Abkanten, Schweißen;

-Einpressen von Norm- oder Verstärkungsteilen;

-Seitenlochen;

-Laserbearbeitungen (beispielsweise Beschriften, Härten, Schneiden);

-Metall-Kunststoffverbindungen;

-Reinigen;

-Wärmebehandlung.

Mike P. Gruner ist Leiter Geschäftsfeld System/Press Technology bei der H&T Produktionstechnologie in 08451 Crimmitschau.

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