Mehrachsroboter HORST eröffnet Wege zur Digitalisierung

Die Väter von HORST (Mitte) sind stolz auf ihren Mehrachs-Roboter (von links): Jens Riegger, Tobias Erb, Manuel Frey und Tobias Kuentzle. HTWG

Er kann sich strecken und bücken, um die eigene Achse drehen – und kräftig zupacken: HORST ist ein flinker, zirka 70 Zentimeter großer Roboter, sein korrekter Name lautet „Highly Optimized Robotic Systems Technology“.

Der Begriff „optimiert“ in seinem Namen bezieht sich auf vielerlei Eigenschaften: Eine herausragende darunter: HORST wird im Vergleich zu seinen großen und in vielen Fabrikhallen tätigen Kollegen sehr günstig zu produzieren sein.

„Der Roboter besteht nicht aus teuren Armelementen, die in einem Stück gefertigt werden, sondern wird aus günstig zu produzierenden Plattenelementen aufgebaut. Dadurch entsteht eine gewichtsarme Grundstruktur, die in Kombination mit der mechanischen Anordnung der Elemente den Einsatz von kleinen und kostengünstigen Antriebseinheiten erlaubt“, sagt Jens Riegger.

Riegger ist nach einem Maschinenbaustudium an der Hochschule Karlsruhe zum Master-Studium zur Hochschule Konstanz – Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) gewechselt. Hier lernte er Tobias Erb und Manuel Frey kennen. In einem Forschungsprojekt hatten sie sich mit dem Robotermarkt auseinandergesetzt.

„Daher wissen wir, dass es bisher kaum leistungsfähige Roboter im Niedrigpreissegment gibt“, sagt Riegger. Mit HORST vergleichbare Industrieroboter, die über eine Traglast von zwei Kilogramm verfügen, sind in der Grundausführung ab 18.000 € zu haben. Preise, die für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) immer noch zu hoch sind. Nachdem Jens Riegger, Manuel Frey und Tobias Erb schon für eine andere Entwicklung erfolgreich zusammen gearbeitet haben, haben sie sich Anfang 2016 der Konstruktion eines preisgünstigeren Roboters gewidmet.

Die Idee für HORST war geboren. Mit ins Boot kam nun Tobias Kuentzle, ein ehemaliger Kommilitone von Jens Riegger von der Hochschule Karlsruhe. Gemeinsam tüftelten die vier weiter.

Das Team sieht neben der Industrie noch einen weiteren wichtigen Markt: Bildungseinrichtungen. Sie bereiten bereits jetzt Schüler und Studierende auf die weitere Automatisierung vor. „Schulen und Hochschulen haben aus finanziellen Gründen wenn überhaupt meist nur einen einzelnen Vorführ-Roboter“, sagt Tobias Erb.

Künftig könnten sie sich mehrere kleine Roboter leisten, die das gemeinsame Arbeiten im Klassenverbund bzw. im Labor ermöglichen. Gemeinsam mit der Winkler Bildungszentrum GmbH werden die Firmengründer Schulungsunterlagen erarbeiten und erproben.

So soll HORST nicht nur wegen seines Preises interessant sein, sondern auch wegen seiner einfachen Bedienbarkeit. „Ein kleines Unternehmen kann nicht seine Mitarbeiter mehrere Tage zu Schulungen schicken“, erläutert Tobias Kuentzle. Deshalb soll ein innovatives Softwarekonzept auch ungelernten Bedienern einen einfachen und schnellen Einstieg in die Programmierung des Roboters ermöglichen. Dazu haben sich die Ingenieure zwei Informatiker mit ins Team geholt.

Das Konzept für Entwicklung, Produktion und Vertrieb des Roboters hat die Gutachter des Förderprogramms EXIST des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) überzeugt. Zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres haben nun Absolventen der HTWG die Zusage für eine solche Förderung erhalten. „Uns freut es sehr, dass wir uns zunehmend als Hochschule positionieren können, an der Gründergeist herrscht“, sagt HTWG-Präsident Prof. Dr. Carsten Manz.

Ein Teil der Gründerförderung der Hochschule ist die umfangreiche Beratung bei der EXIST-Antragsstellung. Berater Ulrich Hutschek hat den Vätern von HORST Stärken und Schwächen ihres Konzepts aufgezeigt. „Das war uns eine große Hilfe“, betont Tobias Kuentzle. Nun erhalten die angehenden Gründer für zwölf Monate eine Stipendiatenvergütung, die ihnen den Lebensunterhalt sichert. Dazu kommt ein Budget für Sachausgaben und wertvolle Coachings. „EXIST ist noch keine Gründerunterstützung, sondern bietet vielmehr die finanzielle Grundlage, um die Gründung vorzubereiten“, stellt Ulrich Hutschek klar.

„Wir freuen uns riesig über die EXIST-Zusage. Das ist für uns die Bestätigung, dass unsere Entwicklung in die richtige Richtung geht“, sagt Jens Riegger. Denn schon in naher Zukunft, so Tobias Kuentzle, werde ein hoher Automatisierungsgrad auch bei produzierenden KMU unerlässlich sein, um weiterhin konkurrenzfähig und gewinnbringend arbeiten zu können. Dazu gehört unter anderem: Roboter kommunizieren miteinander und arbeiten zusammen. Dazu ist HORST in der Lage. Und: Dank des niedrigeren Preises können sich KMUler gleich mehrere HORST-Roboter leisten.

Die EXIST-Förderung erlaubt dem Team, noch intensiv an der Weiterentwicklung von HORST zu arbeiten. Im Oktober möchten sie den Schulungsroboter bei der Messe MoTek in Stuttgart vorstellen. Im Sommer 2017 dann soll der doppelt so große Industrieroboter in die Produktion gehen können.
Entwicklungs- und Produktionsstätte ist übrigens das Technologiezentrum Konstanz (TZK). Hier haben die Gründer die Möglichkeit, günstig Räume zu mieten und die Infrastruktur von der Teeküche bis zur Werkstatt zu nutzen.

„Wir profitieren hier sehr vom Netzwerk im Haus. Die Erfahrungen, die andere Startups schon gemacht haben, sind für uns sehr bereichernd“, sagt Tobias Kuentzle. „Die enge Kooperation und der vertrauensvolle Austausch mit dem TZK ist für unsere Positionierung als innovationsfördernde Hochschule sehr wertvoll. Wir ziehen gemeinsam an einem Strang, damit Startups in Konstanz der erfolgreiche Markteinstieg ermöglicht wird“, sagt Präsident Prof. Dr. Carsten Manz.

HORST stellt sich übrigens neben vielen anderen Stationen am Aktionstag „Digitalisierung – die virtuelle Welt zum Anfassen“ am 18. Juni an der HTWG vor. Das Programm läuft von 11 bis 16 Uhr, der Eintritt ist frei. Weitere Informationen: www.htwg-konstanz.de/opencampus

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Dr. Adrian Ciupuliga idw - Informationsdienst Wissenschaft

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