Luftfahrt-Fertigung digitalisiert

„Üblicherweise wird die Digitale Fabrik in der Serienfertigung angewendet, wir haben die Methoden hier aber auf eine typische Werkstattfertigung übertragen“, erklärt Mark Eikötter, Ingenieur und Projektleiter am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover, die Besonderheit seines Forschungsvorhabens.

Anders als etwa in der Automobilindustrie mit ihren standardisierbaren Abläufen muss bei dieser Art der Fertigung für jeden eingehenden Auftrag neu geprüft werden, welcher Fertigungsablauf der sinnvollste ist. Entsprechend schwierig ist es, sämtliche Wechselwirkungen zwischen den Produkten, den Fertigungstechnologien sowie der Fabrik digital zu erfassen und zu berücksichtigen, wie sich eine Veränderung der Produktionssteuerung auf die Auslastung verschiedener Werkzeugmaschinen und die Durchlaufzeiten innerhalb der Fertigung auswirkt.

Bereits vor dem eigentlichen Start des Verbundprojekts „AGILITA – Agile Produktionslogistik und Transportanlagen“ war Eikötter auf großes Interesse gestoßen: Sein Forschungsantrag erreichte 2009 im Technologiewettbewerb „Autonomik“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie den zweiten Platz. Sein Ziel, die Fertigung großer, sperriger Bauteile insbesondere für mittelständische Unternehmen zu optimieren, zu automatisieren und die Informationen über Zustand und Verbleib teurer Einzelstücke zu verbessern, fand große Beachtung.

Ein Jahr nach Projektstart folgen den Vorschusslorbeeren nun die Ergebnisse: Die gesamte Großteilefertigung des Luftfahrtzulieferers Premium AEROTEC im norddeutschen Werk Varel ist nun digital abgebildet. Enthalten ist darin auch ein Kennzahlenmonitor, mit dessen Hilfe die charakteristischen Leistungswerte der Produktion im Modell generiert und analysiert werden können. Außerdem gibt es eine sogenannte Losgrößenoptimierung, die geometrisch ähnliche Bauteile aus verschiedenen Aufträgen identifiziert und gemeinsam zur Fertigung schickt – das spart Rüstzeiten an den Maschinen und optimiert die Durchlaufzeit des gesamten Fertigungsprozesses. Besonders stolz ist Eikötter darauf, dass seine Digitale Fabrik auch die Prinzipien der Lean Production – also der „schlanken Produktion“ nach japanischem Vorbild – berücksichtigt.

Der Ingenieur gehört zum Arbeitsbereich „Fertigungsplanung und -organisation“ des IFW, das innerhalb des Verbundprojekts Agilita dafür zuständig ist, die Prozesskette zu digitalisieren und durchzuspielen, welche Steuerungs-, Simulations-, Identifikations- und Transporttechnologien für diese Art der Fertigung am sinnvollsten sind und dennoch auch für den Mittelstand bezahlbar bleiben. Die Technologieempfehlungen dienen als Vorgaben für die fünf Industriepartner des Verbundprojekts. Deren Entwicklungen werden im IFW-Modell am Ende wieder validiert. Konsortialführer Premium AEROTEC stellt zusätzlich seine Großteilefertigung als Anwendungsmodell zur Verfügung.

„Mit den Ergebnissen aus dem AGILITA-Projekt werden kleine und mittlere Unternehmen den Grad der Autonomie innerhalb ihrer Produktion deutlich verbessern können“, betont Professor Berend Denkena, Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen. „Denn sämtliche für AGILITA entwickelten Technologien werden vernetzt und für den operativen Einsatz in der Industrie anwendbar gemacht.“ Zu diesen Technologien zählen Entwicklungen in den Bereichen Radio-Frequency Identification (RFID), Fahrerlose Transportsysteme, modulare Ladungsträger und agentenbasierte Manufacturing Execution Systems; die jeweiligen Industriepartner sind Waldemar Winckel, E&K Automation, Premium AEROTEC und MFP. Die im Projekt entwickelten Erkenntnisse werden direkt in die Praxis des Anwendungspartners aus der Luft- und Raumfahrt überführt.

Media Contact

Jessica Lumme idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-hannover.de

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