Lackieren mit weniger Energie

Ein gelungenes Energieeffizienz-Konzept ist stets mehr als eine Kostenbremse: Es trägt wesentlich zur TCO-Senkung bei, eröffnet Liquiditätsspielräume und schafft Zukunftssicherheit. Im Vergleich zu anderen betrieblichen „Verbrauchern“ (z.B. Elektroenergie, Material) nehmen beim Nasslackieren die Kosten für die thermische Energie einen Spitzenplatz ein. Insbesondere der kalten Jahreszeit wird die Lackierkabine zum regelrechten „Energievernichter“. Wo keine Kabine für Automatik-Lackierungen in Betrieb ist, bei der sich ein Großteil des mit Lösemittelanteilen belasteten Abluftstroms als Umluft in den Spritzraum zurückgeleiten lässt, müssen große Mengen an belasteter Abluft durch entsprechende Mengen erwärmter Zuluft ausgeglichen werden. Das führt zu hohem Brennstoffverbrauch.

Die Luftmengen können aber auch nicht beliebig reduziert werden, da EU-Normen einzuhalten sind. Bei vertikaler Kabinenbelüftung muss aus Gründen des Arbeits- und Explosionsschutzes die mittlere Strömungsgeschwindigkeit der Luft mindestens 0,3 m/sek. Betragen; bei horizontaler Belüftung mindestens 0,5 m/sek. Dennoch sind die Energieeinsparpotenziale erheblich. Es gibt keine allgemein gültige Vorgehensweise, wohl aber einige grundsätzliche Handlungsoptionen, die im Zusammenspiel eine umweltgerechte Niedrigenergie-Lösung herbeiführen können.

Brenner mit hohem Wirkungsgrad

Ein besonders hoher Wirkungsgrad lässt sich durch einen im Zuluftkanal der Kabine eingebauten Gasflächenbrenner erzielen. Die Vorteile: Kurze Aufheizzeiten, präzise Temperaturregelung, keine Emissionen. Gegenüber der indirekten Beheizung mit Ölgebläse- oder Gasbrennern sind Energieeinsparungen bis etwa 20 Prozent möglich. Insbesondere durch präzise Temperaturregelung gelingt es, die Möglichkeiten, die das Lack-Verarbeitungsfenster bietet, exakt auszunutzen und die Lackierzone nur soweit aufzuheizen, wie es wirklich nötig ist. So kann gleichzeitig der Energiebedarf für die Erwärmung der Kabinenluft gesenkt werden.

Die Wärmerückgewinnung

Zur Wärmerückgewinnung kommen bei großen Luftmengen ab 30.000 m3/h Rotationswärmetauscher (Wärmeräder) zum Einsatz. Neben der Rückgewinnung der Wärmeenergie erfolgt auch eine Rückgewinnung der Feuchte. Das Walther Pilot-Zuluftgerät mit Wärmerad wurde speziell für den Einsatz in der Oberflächentechnik entwickelt: Bis etwa 60 Prozent der eingesetzten Energie kann damit zurückgewonnen werden. Bei vielen Unternehmen ist allerdings nicht das Wärmerad, sondern der Kreuzstrom-Plattenwärmetauscher die Regel, da er sich schon bei relativ geringen Volumenströmen rechnet. Warme Abluft und kalte Zuluft werden im Kreuzgegenstrom-Verfahren unter strikter Trennung der Luftströme aneinander vorbeigeführt.

Die Energie wird über dünne Platten übertragen. Da beim Nasslackieren der Zu- und Abluftstrom ohnehin konsequent getrennt werden müssen, ist ein Kreuzstrom-Plattenwärmetauscher häufig die optimale Lösung; bis zu 40 Prozent der Energie lassen sich damit zurückgewinnen. Die Amortisationszeit für Energierückgewinnungssysteme liegt oft unter zwei Jahren. Voraussetzung ist allerdings die rechtzeitige Einplanung. Nachrüstungen dürften in den meisten Fällen nur schwer und mit hohem Kostenaufwand realisierbar sein.

Den thermischen Energiebedarf senken

Wer die Abluftmenge reduziert, kann in gleichem Maße die Zufuhr beheizter Frischluft senken. Hierzu existieren mehrere Maßnahmen, die kombinierbar sind. So kann ggf. die Lackierung kleiner Teile in eine separate Spritzkabine mit geringem Luftdurchsatz verlegt werden. Das Sortiment von Walther Pilot umfasst zum Beispiel spezielle Kleinspritzstände oder -wände in unterschiedlichen Arbeitsbreiten, die ein bequemes Arbeiten garantieren und für den Dauerbetrieb bei sparsamem Energieverbrauch geeignet sind. Bei anderen Kunden hat es sich als sinnvoll erwiesen, Absaugungen mit sektionaler Be- und Entlüftung zu installieren. Diese Sektionen können separat betrieben werden. Auch dies ermöglicht, flexibel und bedarfsgerecht auf die jeweilige Auslastung oder die spezifische Teilegröße zu reagieren.

Zur Reduktion des thermischen Energiebedarfs dienen auch Energiesparschaltungen. Bei Unterbrechungen des Spritzbetriebs, beispielsweise bei Arbeitspausen oder der Teilevorbereitung, wird über drehzahlgeregelte Ventilatoren der Abluft-Volumenstrom bedarfsgerecht reduziert. Entsprechend verringert sich der betriebsnotwendige Energiebedarf für das Aufheizen der Frischluft. Ausgelöst wird der Mechanismus durch eine automatische Abfrage der Spritzpistole. Somit ist diese Sparschaltung auch ein Sicherheits-Feature: Es kann nur bei laufender Anlage lackiert werden.

Zur Regelung von Zu- und Abluftventilator ist jeweils ein Frequenzumrichter vorzusehen. Für kleinere Anlagen, die ohne Zuluft auskommen, gibt es kostengünstige, pneumatische Klappensteuerungen: Über das Einhängen der Spritzpistole wird eine Drosselklappe in der Abluft betätigt. Damit wird verhindert, dass warme Hallenluft unnötigerweise nach außen geblasen wird.

Ein Beispiel

Die verschiedenen Möglichkeiten der Energieeinsparung lassen sich sinnvoll kombinieren und führen damit zu hohen Gesamteinsparungen. Als Beispiel dafür sei das Maschinenbauunternehmen Braun und Schirm GmbH & Co. KG im saarländischen Nalbach-Körprich genannt. Die Lackieranlage umfasst zwei Lackierkabinen, eine für große, die andere für kleinere Teile. In der letztgenannten ist eine Spritzwand installiert, die mit relativ geringem Luftdurchsatz auskommt. Diese Kabinenstrukur begünstigt zudem die energieeffiziente Lacktrocknung mittels hoher Teiledichte. Die Vorerwärmung der Zuluft geschieht über einen Kreuzstromwärmetauscher, so dass die Leistung des Heizaggregats erheblich reduziert werden konnte.

Weiterhin sind Zuluft- und Abluftregelung über den Schaltschrank so miteinander gekoppelt, dass nur im Bedarfsfall belüftet wird. Es kann somit gesagt werden, dass sich die Konzeption der Lackieranlage ohne Beeinträchtigung der Lackierqualität oder Vernachlässigung sicherheitstechnischer Belange am Energieeffizienzthema ausgerichtet hat. Indem Walther Pilot als Hersteller der Lackieranlage frühzeitig in die Zusammenarbeit mit dem Kunden und Architekten eingebunden wurde, konnte eine optimale Anlagenkonfiguration erarbeitet werden. Die direkten Abstimmungen vor und während der Bau- und Ausführungsphase garantieren außerdem einen reibungslosen Baufortschritt.

Was noch zählt

Auch geeignete Lackmaterialien können dazu beitragen, den Energiebedarf je lackiertes Teil zu senken, zum Beispiel durch weniger Lackschichten. Hiermit sind dann weitere Einsparungen im Hinblick auf Arbeitsaufwand, Material- und Lösemittelverbrauch verbunden. Eine bedeutende Maßnahme zur Einsparung von Energie besteht grundsätzlich darin, bei größtmöglicher Prozesssicherheit eine geringe Verweildauer der Werkstücke in der Kabine zu erzielen. So wird nicht nur Zeit gespart, sondern Energie optimal eingesetzt. Daher sind Arbeitsergonomie, Teiletransport, die Zufuhr des Lackmaterials zum Applikationsgerät und die Applikationstechnik selbst wichtige Erfolgsfaktoren zur Erzielung eines gelungenen Energiesparkonzepts, denn durch Fehler und Nacharbeit entsteht wiederum erhöhter Belüftungsaufwand.

Den hier genannten Handlungsmöglichkeiten zur Einsparung thermischer Energie ist schließlich die Solarenergie hinzuzufügen. In Sonnenkollektoren wird die Luft erwärmt und über einen Ventilator ins Gebäude transportiert. Diese Technik scheint noch nicht sehr verbreitet zu sein, aber auch sie kann in das Konzept einer „Niedrig-Energieanlage“ integriert werden. Selbstverständlich ist eine klimaverträgliche Produktionsweise, die auf die Vermeidung von CO2-Emission zielt, zu Recht für jeden Lieferanten ein gutes Aushängeschild.

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