Gewindefräser sparen Arbeitsschritte und Nebenzeiten ein

Das Gewindefräsen bietet im Vergleich zum herkömmlichen Gewindebohren oder Gewindeformen erhebliche Vorteile. Es erfolgt in einem Umlauf, wobei das rotierende Werkzeug zusätzlich axial um einen Steigungsbetrag verfährt. Gewindefräser tauchen genau bis zur programmierten Gewindetiefe in die Kernbohrung ein. Das sogenannte Überlaufen, wie man es vom klassischen Gewindebohren kennt, gibt es nicht. Anders als Gewindebohrer benötigen Gewindefräser keinen Anschnitt. Daher sind bei Sacklochbohrungen voll nutzbare Gewinde bis nahe an den Bohrungsgrund möglich. Voraussetzung ist die Fähigkeit der Maschine, eine Schraubenlinieninterpolation durchzuführen.

Korrigierte Flanken kompensieren Profilverzerrung

Gewindefräser MKG und Gewindefräser mit Senker MGF sind mittlerweile bewährte Werkzeuge im Durchmesserbereich von 2 bis 20 mm. Der Außendurchmesser dieser Werkzeuge ist annähernd so groß wie der Kernbohrungsdurchmesser des zu fertigenden Nenngewindes. Die entstehende Profilverzerrung wird durch korrigierte Flanken kompensiert. Die Vollhartmetallwerkzeuge eignen sich für nahezu alle Werkstoffe, PKD-bestückte Werkzeuge besonders für die Zerspanung von Aluminiumwerkstoffen und GFK.

Die Gewindefräser Tomill von Komet Jel sind für Gewinde größer 20 mm vorgesehen. Die Werkzeuge sind mit einer zentralen Kühlmittelbohrung oder seitlichen Austritten ausgelegt. Fünf Spiralnuten erzielen eine kurze Bearbeitungszeit bei ruhigem Lauf. Da beim Gewindefräsen eine Spindelumkehr oder das Reversieren im Gewindeschneidapparat wie beim Gewindebohren nicht vorkommt, entfallen große Beschleunigungen oder Verzögerungen und damit die Belastungen auf mechanische Komponenten. Die Drehrichtung bleibt gleich. Dies ist bei Bearbeitungen mit hohen Spindeldrehzahlen bis zu 30 000 min–1 und mehr vorteilhaft.

Bei der klassischen Gewindeherstellung ist für jeden Arbeitsgang ein separates Werkzeug notwendig – Kernlochbohrer, Senker und Gewindebohrer. Neben der Beschaffung und Vorhaltung der vielen Werkzeuge fallen außerdem mehrere Werkzeugwechsel und daher zusätzliche Nebenzeiten an. Jel-Bohrgewindefräser können das komplette Gewinde — also Bohren, Senken und Gewindefräsen — in einem Arbeitsgang herstellen.

Ferner lassen sich Nebenzeiten einsparen, weil kein Werkzeugwechsel anfällt. Daraus ergeben sich erhebliche Zeitvorteile, vor allem bei der Bearbeitung von Leichtmetallen mit hohen Drehzahlen. Die Werkzeuge sind als Standard in den Längen 1,5 × D und 2 × D in Durchmessern von 3 bis 16 mm verfügbar. Für Durchmesser zwischen 6 und 12 mm auch in der Länge 2,5 × D. Zusätzliche Einsparungen sind möglich, wenn weitere Bearbeitungen mit demselben Werkzeug ausgeführt werden können, beispielsweise das Plansenken.

Für tiefe Gewinde wurde der Bohrgewindefräsertyp DBGF entwickelt. Anders als beim Bohrgewindefräser BGF werden bei dieser Variante das Kernloch und das Gewinde gleichzeitig hergestellt. Daher arbeitet das Werkzeug nach dem zirkularen Einbringen der 90°-Senkung Gang für Gang nach unten. Durch diese Arbeitsweise werden die Seitenkräfte sehr klein gehalten und Gewindetiefen bis 3 × D ermöglicht. Den DBGF gibt es in Durchmessern von 6 bis 12 mm.

Viernutiges Werkzeug speziell für Grauguss

Bohrgewindefräser sind standardmäßig innengekühlt in Vollhartmetall, blank oder beschichtet erhältlich. Speziell für den Einsatz in vorgegossenen Löchern gibt es eine 3-nutige Variante. Ein 4-nutiges Werkzeug, der BGF NZ4, wurde speziell für den Einsatz in Grauguss konzipiert und erzielt dort kurze Hauptzeiten. Bei gleichem Vorschub pro Zahn können beim Gewindefräsen im Vergleich zum 2-nutigen Werkzeug doppelte Bahnvorschübe gefahren werden. Damit verringern sich die Hauptzeiten um bis zu 30%. Außerdem sind durch die höheren Nuten-, sprich die Zähnezahl, auch längere Standzeiten möglich. Die beschichteten Werkzeuge sind mit Innenkühlung ausgelegt und ab 6 mm Durchmesser verfügbar.

Innenliegende Kühlkanäle leiten Luft-Öl-Gemisch

Als europäischer Pionier des Bohrgewindefräsens gehört Komet Jel, ein Unternehmen der Komet Group, heute zu den Spezialisten auf dem Sektor des Gewindefräsens. PKD-bestückte Gewindefräser vom Typ MGF für Abmessungen ab 8 mm sowie PKD-bestückte Gewindefräser GWF für Gewinde ab 20 mm Durchmesser werden heute schon als Standardprodukte im Katalog angeboten. Bei anwendungsorientierten Werkzeugen sind weitere Kombinationen möglich, zum Beispiel wurden PKD-bestückte Bohrgewindefräser hergestellt, die zusätzlich zum Einbringen des Kernlochs, der 90°-Fase und des Gewindes eine zylindrische Schutzsenkung im gleichen Arbeitsgang herstellen.

Hohe Kosten bei der Wartung und Entsorgung des Kühlschmierstoffes sowie die aufwändige Reinigung der Bauteile sind wesentliche Gründe für die Einführung der Zerspanung mit Minimalmengenschmierung. Dabei wird ein Luft-/Öl-Gemisch durch die Spindel und die innenliegenden Kühlkanäle an die Wirkstelle gebracht. Die Gestaltung der Kühlkanäle und der Schneidengeometrie unterliegt speziellen Regeln und erfordert mehr Sorgfalt und Aufwand in der Herstellung als bei Werkzeugen für die Nassbearbeitung.

Höhere Prozesssicherheit beim Gewindefräsen

Ein wesentlicher Grund, das Gewindefräsen dem Gewindebohren vorzuziehen, ist die höhere Prozesssicherheit. Daher nutzen die Hersteller teurer, technisch anspruchsvoller Werkstücke, wie etwa von Triebwerksteilen für Flugzeuge aus Stählen mit hoher Festigkeit, dieses Verfahren. Meist ist das Gewinden der letzte oder einer der letzten Arbeitsgänge. Das heißt, die gesamte Wertschöpfungskette ist bereits durchlaufen und ein nicht lehrenhaltiges Gewinde oder ein Gewindebohrerbruch würde zu teurer Nacharbeit oder gar zu Ausschuss führen. Würde beispielsweise ein Gewindebohrer in einem Triebwerksteil für ein Flugzeug aus Inconel 718 brechen, bedeutet dies Ausschuss, weil das Herauserodieren aus Sicherheitsgründen nicht zulässig ist. Ein solches Bauteil hat in diesem Fertigungsstadium bereits einen Wert von mehreren 10 000 Dollar.

Für die Bearbeitung bereits gehärteter Stähle hat Jel Kern-loch-, Gewindebohrer und Gewindefräser in XH-Variante entwickelt. Mit TiAlN-Beschichtung sowie speziellen Span- und Nutgeometrien eignen sie sich für den Einsatz in Stählen von 45 bis 60 HRC. Der Verzicht auf eine innere Kühlmittelzuführung trägt zur höheren Stabilität bei. Solche Werkzeuge sind standardmäßig von 4 bis 16 mm Durchmesser erhältlich. Die neue Mikroserie deckt die Abmessungsbereiche von M1 bis M2,5 ab. Die Gewindefräser der Reihe XS sind speziell auf die Anforderungen bei der Bearbeitung von Stählen mit einer Zugfestigkeit über 900 N/mm2 zugeschnitten. Sie verfügen über eine TiCN-Beschichtung und ab 8 mm Schaftdurchmesser über eine innere Kühlmittelzufuhr.

Manfred Wiserner ist Produktmanager Gewinden bei der Komet Group GmbH in 74354 Besigheim.

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Manfred Wiserner MM MaschinenMarkt

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