Drehautomat mit Scherenkinematik erforderte Sonderentwicklung der CNC

Um Produktions-Drehautomaten der Baureihe Speedline – besonders die Ausführungen ABC und C100 sowie C200 – außer in Europa auch auf den amerikanischen und asiatischen Märkten zu platzieren, ist der Drehmaschinenspezialist Index eine Zusammenarbeit mit dem japanischen Steuerungshersteller Fanuc eingegangen.

Vor allem die vermehrte Nachfrage aus unterschiedlichen Märkten und Regionen hat den schwäbischen Werkzeugmaschinenhersteller dazu bewogen; denn vielen Maschinennutzern, wie Lohndrehern, die diese Steuerung von anderen Werkzeugmaschinen schon kennen, soll damit ein einfacherer Umstieg auf die Index-Speedline-Reihe geboten werden.

Kompakter Drehautomat dient als Einstieg

Als Drehmaschine für den Einstieg in eine Zusammenarbeit wählte der Werkzeugmaschinenhersteller den kompakten Produktions-Drehautomaten ABC, der für einfache Automatendrehteile genauso geeignet ist wie für komplexe CNC-Drehteile. Er ist gleichermaßen für Stangen- wie für Futterteile ausgelegt. Das ABC-Maschinenuntergestell aus Stahl trägt ein aufgesetztes Guss-Schrägbett mit zwei unabhängigen Revolvern. Dieser Aufbau soll eine gute Dämpfung sowie hohe Steifigkeit gegen Biegung und Torsion bieten, was Voraussetzung für Präzisionsarbeit ist.

Der obere Revolver der Drehmaschine dient vorzugsweise zur Innen-, der untere zur Außenbearbeitung. Bis zu fünf Hinterbohrstationen komplettieren das Werkzeugsystem für die vollständige Rückseitenbearbeitung. Diese oberhalb der Hauptspindel platzierten Werkzeugstationen werden von einer Synchronspindel bedient, die im oberen Revolver einen festen Platz hat. Weil die integrierte Werkstückspindel auf dem Teilkreis von drei Rückseitenpinolen liegt, ist es möglich, über den oberen Revolver zwei Werkzeuge an zwei Werkstücken in Bearbeitung zu bringen.

Das heißt, während an der Hauptspindel das nächste Werkstück zentrisch gedreht oder gebohrt wird, erfolgt zeitgleich und mit der gleichen Bewegung an den zentrischen Pinolen die Rückseitenbearbeitung am zuletzt gefertigten Teil in der Synchronspindel. Parallel lässt sich das Werkstück in der Hauptspindel auch noch mit dem unteren zweiten Revolver bearbeiten. Bei geschickter Aufteilung sind so stets drei Werkzeuge an zwei Werkstücken im Eingriff, was die Stückzeiten minimiert und die Produktivität erhöht.

Produktionsdrehautomat für Automobilzulieferer

Niedrige Stückzeiten durch gleichzeitige Bearbeitung mit bis zu drei Werkzeugen ermöglicht auch die Drehmaschine C100 – nur dass dieser Produktions-Drehautomat mit Haupt- und Gegenspindel sowie drei Werkzeugträgern ausgestattet ist. Der Stangendurchlass liegt zwischen 30 und 42 mm. Durch ihre 14 Werkzeuge pro Revolver und die beiden gegenüberliegenden Y-Achsen in den Werkzeugträgern ist diese Werkzeugmaschine außerdem für komplexe und anspruchsvolle Teile geeignet.

Die Drehmaschine wird oft bei Zulieferern von Automobilfirmen sowie in der Armaturenherstellung, Fluidtechnik und Medizintechnik eingesetzt. Eine kinematische Besonderheit des Drehautomaten C100 ist die von Index entwickelte Plattenführung namens Single-slide, die in Sachen Dämpfung, Steifigkeit und Werkzeugstandzeiten Maßstäbe setzen soll.

Antriebskinematik mit Scherenkinematik zusätzlich verbessert

Der Werkzeugschlitten für die X- und Z-Bewegung besteht dabei aus nur einem Teil und verfährt die Revolver nicht auf Wälzführungen, sondern auf flächigen Gleitführungen. Die Werkzeugträger 1 und 2 gleiten dabei mit beschichteten Gleitelementen auf durchgehärteten Werkzeugstahlplatten, die mit dem Maschinenbett fest verschraubt sind. Eine genaue Einstellung soll für Spielfreiheit der Gleitpartner sorgen. Diese Bauart vereint die Vorteile von Gleitführungen – wie gute Dämpfungseigenschaften und hohe Steifigkeit – mit Beschleunigungs- und Eilgangwerten, wie sie bislang im Werkzeugmaschinenbau nur auf der Basis von Linearwälzführungen realisiert wurden.

Die Antriebskinematik dieses Führungsprinzips konnte durch den Einsatz einer Scherenkinematik zusätzlich verbessert werden, was sich nicht zuletzt in geringem Wärmegang und hoher Genauigkeit der Maschine widerspiegelt. Aufgrund der kleinen zu bewegenden Massen können Beschleunigungen bis zu 1 g gefahren werden.

Steuerungsanpassung war unumgänglich

Diese kinematische Lösung erforderte jedoch eine Steuerungsanpassunge, welche die Anwendungsspezialisten der Fanuc GE CNC Deutschland übernahmen. Für das Singleslide-System kam zusätzliche Entwicklungsunterstützung aus der Zentrale in Japan.

Der Produktions-Drehautomat C100 nutzt zum Beispiel drei Kanäle sowie 14 Achsen der eingesetzten Steuerung 31i von Fanuc, die sich auf acht Zerspanachsen (inklusive der zwei Y-Achsen), eine Portalabnehmeeinrichtung sowie je einen Antrieb für die drei Revolver (Schalten und Werkzeugantrieb) und eine Haupt- und Gegenspindel verteilen.

Zusätzliche Funktionen sind in neuer Steuerungs-Version enthalten

Bei der Drehmaschine ABC war ein ausschlaggebender Punkt, dass der obere Revolver neben Werkzeugplätzen auch eine feste Position für die Synchronspindel aufweist. Die Steuerung muss dadurch zwischen Werkzeugbearbeitungs- und Spindelfunktionen mit ein und demselben Antrieb umschalten können. Außerdem werden Funktionen benötigt, wie Polygon Turning, sowie erweiterte Funktionen für Werkzeugantrieb, Spindel und Synchronspindel. Diese sind ab der Serie 31i in der neuesten Softwareversion verfügbar.

Die Werkzeugmaschinen ABC und C100 sollen von den Fanuc-typischen Stärken, wie zum Beispiel der Zuverlässigkeit der CNC, pro-fitieren. Statistische Untersuchun-gen haben ergeben, dass rechnerisch nur alle zehn Jahre ein Fehler auf-tritt (Mean Time Between Failures – MTBF), der zu einem steuerungsbedingten Ausfall der Werkzeugmaschine führt.

Leopold Schenk ist Geschäftsführer der Fanuc GE CNC Deutschland GmbH in 73765 Neuhausen.

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Leopold Schenk MM MaschinenMarkt

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